Kölscher Alltag auf die harte Tour

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Das sechsblättrige "Kleeblatt": Enzo Piperis (v.l.), Horst Neumann, Alex Klaus, Stefan Dröden, Wolfgang Löhr und Ilja Engel.

Das sechsblättrige "Kleeblatt": Enzo Piperis (v.l.), Horst Neumann, Alex Klaus, Stefan Dröden, Wolfgang Löhr und Ilja Engel.

Sechs Musiker wagen eine Mischung aus Rock und Karneval. Ein Jahr nach der Bandgründung peilen die sechs Jungs von Kleeblatt den Aufstieg in die erste Liga der Kölner Musikszene an. Experten bescheinigen "musikalische Substanz".

Den Sprung von der Rockbühne hinein in den Karneval hat in den vergangenen Jahren schon so manche Band geschafft. Dass es auch umgekehrt funktionieren kann, will die noch recht junge Kölner Formation Kleeblatt beweisen. Nach ersten Erfahrungen und Erfolgen in den Sitzungssälen und auf Straßenfesten sowie als Vorgruppe von Right Said Fred und der Hermes House Band bei einem Konzert in Luxemburg, war das Sextett als einziger Vertreter der Kölsch-Riege beim Ringfest mit dabei. Kleeblatt spielten auf der Köln-Bühne an der Apostelkirche.

Die Organisatoren vom Kölner Kulturamt bescheinigen der Gruppe „eine musikalische Substanz, die weit über den Karneval hinausgeht“. Das war eigentlich auch das Ziel, als sich Gitarrist Enzo Piperis (35) im Herbst 2000 nach mehreren Jahren von den Paraplüs trennte und sich zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Produzent ein neues Aufgabenfeld suchte. „Ich war mit den Paraplüs und meinem Studiojob eigentlich gut versorgt. Aber es funktionierte nicht mehr in der Gruppe.“ Vor allem nach der Zusammenarbei mit einigen Pseudo-Stars aus dem RTL-„Big Brother“- Container - so wurde der Song „Wir wollen den Jürgen sehen“ aufgenommen - hätten einige die Bandmitglieder die Bodenhaftung verloren. Piperis: „Abheben war nicht mein Ding. Deswegen bin ich ausgestiegen.“ Allerdings mit einem Konzept für einen Neuanfang im Kopf und auf dem Band. „Ich hatte schon einige Titel vorab produziert und suchte nun Leute mit denen das funktionieren könnte.“

Eine Karnevalssession war er Stammgast in den Sitzungssälen. Nicht mehr auf der Bühne, sondern in den hinteren Reihen. „Ich hab genau darauf geachtet, was die anderen falsch machen. Alles klingt gleich. Alles konzentriert sich auf einen Frontmann.“ Zudem hörte er sich in Kollegenkreisen um - wer macht derzeit was, wer hat nichts, wer will sich verändern. Nach seinen Beobachtungen stellte er sich auf dem Papier eine mögliche Bandkonstellation zusammen. „Die hab ich dann einfach gefragt, ihnen mein Konzept präsentiert. Und keiner meiner Wunschkandidaten hat abgesagt.“

Einer der ersten war Wolfgang Löhr (33), einst im Karnevalsquartett Blaumänner erfolgreich. „Nach dem Ende dieser Gruppe habe ich mich mit dem Plattenlabel »Dabelju« selbstständig gemacht. Das läuft auch mit Künstlern wie Colör, Kind Size Dick und Ludwig Sebus recht gut. Ich hatte mir fest vorgenommen, nie wieder live aufzutreten.“ Doch das Konzept von Piperis begeisterte ihn und schon packte er „freudestrahlend“, wie er zugab, wieder die Bassgitarre aus.

Ähnlich überzeugt war auch Horst Neumann (38), der nach seinem Rausschmiss bei Jot Dobei glücklos als Solosänger umhertingelte. „Die Demos haben mich infiziert.“ Und nun singt er wieder - mit aller Kraft. Genau wie einst in den Heavy Metal-Bands Brainfever und Fandango. „Ich war ein richtiger Shouter. Und der wandelte sich vom Heavy-Metal-Asi zu einem zivilisierten Mundart-Musiker.“

Aus der Hardrock-Ecke kommt auch Ilja Engel (32). Der Sohn vom ehemaligen Bläck Fööss-Sänger Tommy Engel („Als ich acht wurde schenkte der Papa mir ein Schlagzeug“) trommelt mit Bruder Kai (jetzt bei Brings) jahrelang in der Metal-Kapelle „Purple Rose“. Vom berühmten Vater, der ja auch als Schlagzeuger angefangen hatte, hat Ilja sich nur den ein oder anderen Trick abgeguckt. „Die ganzen Grundlagen habe ich bei Kursen an der Rheinischen Musikschule angeeignet.“ Da er sich auch traditionellen kölschen Klängen verpflichtet fühlte, saß für einige Jahre auch bei der Kölsch-Band Bajaasch am Schlagzeug. „Aus dieser halbwegs funktionierenden Band bin ich dann von einem Tag auf den anderen in ein fragliches Projekt umgestiegen. Aber das hat sich gelohnt.“

So sieht es auch Alex Klaus (31). Der Freiburger ist der einzige echte Imi in der Band. „Aber es gibt schon Verbindungen zwischen den Städten. Die Mentalität stimmt, beide liegen am Rein und auch Freiburg hat eine alte Fastnachtstradition.“ Über den Umweg Konstanz, München und Italien kam der gelerne Theatermusiker („Ich hab aber auch schon in vielen Band gespielt - von Triphop bis Jazz“) der Keyboard und Akkorderon aber auch Gitarre, Trompete und Saxofon beherrscht, nach Köln. Von der Klassik zu kölschen Tönen? „Och das war kein schwieriger Schritt. Wichtig ist die Musik. Und alles hat erst einmal einen Klang.“

Und damit es recht rockig klingt lässt Stefan Dröden die Gitarre krachen. Er ist erst vor vier Monaten ins Kleeblatt gekommen. Vorgänger Uwe Baldrusch hatte das Handtuch geworfen, weil er einfach mit anderen Dingen - so produziert er die Wise Guys“ - zu sehr beschäftigt war. Und als die Stelle des Gitarristen vakant war, erinnerte sich Engel an seinen alten Schulfreund.

In der Konstellation war die Band fleißig im Probenkeller - ein alter Bunker in Flittard - und die vergangenen vier Monate im Studio der Paveier. Da haben die sechs 13 Titel für das Debut-Album aufgenommen. Und das präsentiert sich musikalisch wie textlich äußerst vielfältig. Balladen stehen neben Funknummern, Blues-Passagen neben treibenden Rockrhythmen. Besungen werden der Alltag in der Stadt und die Zwischenmenschlichen Freuden und Leiden. Von der „Pizzeria“ bis zum „Chef“, von „Anna“ bis „Marlene“. Und das durchaus mit Ironie, etwa in der verkappten Liebeserklärung („Do bes die Stadt“) an Köln, in der alle gängigen Klischees aufgelistet werden: „Un mir fahren all mem Müllemer Böötche. Heidewitzka Herr Kapitän. Un mir bütze jän uns kölsche Mädcher, Denn mir han se jo su jän.“

Kleeblatt will den Spagat zwischen Rockschuppen und Sitzungssaal wagen. Piperis: „Wir hatten nie die Arroganz zu sagen, wir suchen uns unser Publikum aus. Wir möchten auch gerne den Karneval in all seinen Facetten bedienen. Aber so, wie wir es wollen. Wie es uns selbst Spaß macht. Verbiegen lassen wollen und werden wir uns nicht.“

Musiker, die vorgestellt werden möchten, wenden sich an den „Kölner Stadt-Anzeiger“, Ruf: 224-2323 / 2297, E-mail: KSTA-Stadtteile@mds.de, Anschrift: Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln. Bewerber sollten aktuelle Musikproben zusenden, auf CD oder als Sound-Datei mit einer E-mail.

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