Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Mail nach Attentat in SolingenZülpicher wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht Euskirchen

3 min
Außenansicht des Gerichtsgebäudes in Euskirchen.

Vor dem Amtsgericht in Euskirchen musste sich ein 48-Jähriger wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten.

Nach dem Attentat in Solingen hatte ein Zülpicher in einer Mail an Oberbürgermeister Tim Kurzbach gegen Menschen mit Migrationshintergrund gehetzt. 

Auf dem Stadtfest in Solingen tötete ein Syrer, Mitglied der Terrorgruppe IS, am 23. August 2024 drei Menschen, acht weitere verletzte er mit einem Messer zum Teil lebensgefährlich. Sechs Tage später schickte ein Mann aus Zülpich eine E-Mail an den Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach. Der Inhalt seines Schreibens brachte ihn jetzt vor das Euskirchener Amtsgericht. Unter anderem war darin von „islamistischen Schmarotzern“ die Rede gewesen.

48-jähriger Zülpicher hatte gegen Strafbefehl Einspruch eingelegt

Das Gericht hatte Volker B. (Name geändert) wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro verurteilt, per Strafbefehl, also in einem schriftlichen Verfahren. Dagegen legte der 48 Jahre alte Kaufmann Einspruch ein, sodass es vor dem Euskirchener Amtsgericht zur Hauptverhandlung kam. Nach der Beweisaufnahme stellte Richterin Ulrike Weitzel das Verfahren gegen den Angeklagten gegen eine Geldauflage vorläufig ein. Sobald der Zülpicher 1500 Euro gezahlt hat, wird der Aktendeckel in der Angelegenheit endgültig zugeklappt.

Damit hat B. sein Ziel erreicht. Seine Rechtsanwältin, die an dem Prozess nicht teilnahm, sodass der Angeklagte sich vor Gericht allein verteidigte, hatte in der Einspruchsbegründung beantragt, das Gericht möge ihren Mandanten freisprechen oder aber das Verfahren einstellen.

Angeklagter hatte Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach zum Rücktritt aufgefordert

In der E-Mail, so hieß es in der Anklageschrift, hatte B. den Oberbürgermeister von Solingen aufgefordert zurückzutreten. Unter Bezugnahme auf das Attentat hatte er in sehr drastischen Formulierungen mit Hinweis auf eine von Muslimen ausgehende Gefahr deren Ausweisung gefordert.

Dabei nannte er konkret mehrere Nationalitäten, die zuerst zurückmüssten, und begründete seine Forderung damit, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Die Staatsanwaltschaft wertete dies als Volksverhetzung: B. sei es in seinem Schreiben an den Oberbürgermeister darauf angekommen, in Deutschland lebende Angehörige des muslimischen Glaubens allesamt als Straftäter darzustellen.

Richterin Weitzel zitierte weitere Passagen aus dem Schreiben, unter anderem: „Die Ereignisse in Solingen zeigen: Remigration ist jetzt die anständige Pflicht, um uns von islamistischen Fake-Flüchtlingen zu entledigen.“

Gericht wirft Zülpicher vor, Afghanen, Iraner, Kirgisen und Syrer pauschal verunglimpft zu haben

Auf die Frage der Vorsitzenden nach seinem Motiv sagte der 48-Jährige, er habe sich seinen Kummer von der Seele schreiben wollen. Er mache sich Sorgen um die Sicherheit in Deutschland, wünsche sich eine restriktivere Einwanderungspolitik und das konsequente Abschieben von Ausreisepflichtigen.

Dem hielt das Gericht entgegen, dass er nicht differenziert habe, ob Angehörige des Islam, deren Abschiebung er fordere, ein Aufenthaltsrecht hätten oder nicht.

B. beteuerte: „Ich wollte niemanden verunglimpfen, ich habe nichts gegen friedliebende Muslime.“ Richterin Weitzel interpretierte den Inhalt des Schreibens dagegen anders: Es klinge für sie so, als sollten alle Afghanen, Iraner, Kirgisen und Syrer ausgewiesen werden. Dass B. nur ausreisepflichtige Angehörige dieser Volksgruppen gemeint habe, gehe aus den Zeilen nicht hervor. Durch seine Formulierung habe er besagte Gruppen pauschal verunglimpft.

Die Richterin brachte trotzdem eine vorläufige Verfahrenseinstellung ins Gespräch. Die Staatsanwaltschaft stimmte zu – mit dem Hinweis, dass Volker B. bis dato unbescholten gewesen sei. Die Geldstrafe kommt laut Gerichtsbeschluss zu gleichen Teilen, je 750 Euro, der Hilfsgruppe Eifel und dem Hospiz des Marien-Hospitals Euskirchen zugute.

B. räumte am Ende ein, der Wortlaut seiner E-Mail habe seine „ursprüngliche Absicht verfälscht“. Er habe „unglücklich formuliert“.