Renaturierung der ErftEuskirchener hatten Fragen zum Hochwasserschutz

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Kurvenreich fließt die einst schnurgerade Erft nun durch die Euskirchener Erftaue.

Kurvenreich fließt die einst schnurgerade Erft nun durch die Euskirchener Erftaue.

Euskirchen – Schnurgerade bahnte sich die Erft noch bis vor wenigen Monaten ihren Weg durch die Auen in Euskirchen. Nun bietet sich ein völlig anderes Bild. Nach einer aufwendigen Renaturierung durch den Erftverband windet sich der Fluss deutlich kurvenreicher durch sein Bett. Dadurch will man laut Projektleiter Volker Gimmler „dem natürlichen Flusslauf vor dem Eingreifen des Menschen wieder deutlich näherkommen.“

„Die Berechnungen erwiesen sich als kompliziert, weil die Erft seit dem Mittelalter für den Betrieb von Mühlen genutzt wurde“, erklärte Gimmler im Rahmen einer Baustellenführung, die der Erftverband in Kooperation mit der Stadt nun angeboten hat. Fest stehe jedoch, dass der Fluss einst etwa die doppelte Länge des Tales maß, durch das er fließt. Seit Projektbeginn, das im Jahr 2000 durch eine neue europäische Wasserrahmenrichtlinie angestoßen und nach Planungsbeginn 2020 durch die Kreisstadt genehmigt wurde, hat sich der Flusslauf zwischen der Kölner Straße und der Straße „Am Marienpütz“ um 600 Meter auf 1,6 Kilometer verlängert. Neben dem ökologischen Nutzen sind spätestens seit der Flut auch viele Fragen unter Anwohnern laut geworden, die bei der Führung über die Baustelle beantwortet werden sollten.

Aussichtspunkt an der Veybachmündung

Laut Gimmler wird der Park rund um die renaturierte Erft in mehrere Bereiche aufgeteilt. Neben einem Aussichtspunkt nahe der Veybachmündung, der einen Überblick über große Teile des Flussbetts bieten soll, spiele auch das grüne Klassenzimmer eine wichtige Rolle: „Wir möchten die Natur wieder erlebbar machen. Wie mir berichtet wurde, gelangten die Kinder bisher nur über einen mit Brennnesseln bewachsenen Zugang an die Erft. Das wollen wir in Zukunft erleichtern.“

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20 Meter des Flusses sind abgetrennt

Gelingen soll dies durch einen kleinen Nebenarm der Erft, der sich auf rund 20 Metern vom Hauptstrom abtrennt. Deutlich flacheres Wasser und eine ebenso deutlich verringerte Fließgeschwindigkeit sollen eine genaue Untersuchung des Lebens im Wasser ermöglichen. „Durch die unterschiedlichen Bedingungen bietet der Fluss zudem Lebensraum für eine noch größere Artenvielfalt“, so Gimmler.

Die Anwohner wandten sich auch mit Fragen zum Hochwasserschutz an die Experten.

Die Anwohner wandten sich auch mit Fragen zum Hochwasserschutz an die Experten.

Während dieser Teil der Erft mit befestigten Ufern und einer kontrollierten Umgebung einer genauen Planung folgt, soll ein zweiter Flussabschnitt ganz anderen Gesetzen unterliegen, so Gimmler: „Hier soll sich das Gewässer frei entwickeln können. Durch Ufereinbrüche bahnt sich die Erft in diesem Bereich ihren eigenen, natürlichen Weg.“

Über die Renaturierung informierten Volker Gimmler (l.) vom Erftverband und Jürgen Nonn von der Stadt Euskirchen.

Über die Renaturierung informierten Volker Gimmler (l.) vom Erftverband und Jürgen Nonn von der Stadt Euskirchen.

Schon jetzt unterscheide sich das Flussbett deutlich von seinem ursprünglichen Verlauf. Um auch an dieser Stelle die Sicherheit von Spaziergängern zu gewährleisten, wird ein asphaltierter Weg künftig über eine neue Brücke auf die andere Flussseite führen. „Dadurch kann sich die Erft auf der einen Seite weiterhin entwickeln, während Besucher den Blick von der anderen Seite genießen können. So schaffen wir eine gute Mischung zwischen ökologischem Nutzen und dem Menschen“, erklärte der Experte.

Nach der Flutkatastrophe stellen sich den Anwohnern einige Fragen, allen voran zum Hochwasserschutz. „Die Renaturierung der Erft ist nicht primär eine Maßnahme für den Hochwasserschutz“, so Gimmler.

Langer Bewilligungszeitraum

Dennoch werden durch den längeren Flussweg auch herannahende Wassermassen gebremst und die Welle in die Länge gezogen. Die Frage, warum der Umbau nicht komplett diesem Thema gewidmet sei, beantwortete er mit dem langen Genehmigungsverfahren, dass rund 30 Jahre in Anspruch nehme: „Wir konnten also entweder sofort mit einem Projekt beginnen, das zumindest einen kleinen Schutz vor Hochwasser gewährleistet – oder weitere drei Jahrzehnte verstreichen lassen, ohne zu wissen, ob dieser Antrag überhaupt Erfolg hätte.“

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Zudem hätte etwa der Bau eines Rückhaltebeckens den Verlust des Erftparks zur Folge, wie Jürgen Nonn von der Stadt Euskirchen, betonte: „Wir haben nicht viele große Parks in Euskirchen. Und die Erftaue zählt zu den schönsten. Das wollen wir künftig noch weiter ermöglichen.“ Mit einem großzügigen Spielbereich, einem flussnahen Spielplatz und einem Platz für Veranstaltungen soll in Verbindung mit der natürlichen Entwicklung des Flusses so der größtmögliche Nutzen für Mensch und Natur entstehen.

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