Die Gemeinde Kall informiert über einen Wildtierriss am Ostlandkreuz. Keine Gefahr bestehe demnach für den Waldkindergarten Amselnest.
WildtierrissIn Kall fraß sich ein Wolf in der Nähe eines Spielplatzes satt

Nur rund 200 Meter vom Spielplatz und der Straße „Am Ostlandkreuz“ entfernt wurde in einem Waldstück westlich von Kall ein gerissener Rehbock gefunden. Ordnungsamts-Leiter Harald Heinen (l.) und Bürgermeister Hermann-Josef Esser zeigen den Fundort.
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Der Fundort liegt nur rund 200 Meter vom Spielplatz am Ostlandkreuz und der dortigen Wohnbebauung entfernt: Eine Spaziergängerin ist am Mittwoch in einem kleinen Waldstück westlich des Hochbehälters auf den ausgeweideten Kadaver eines Rehbocks gestoßen und hat unmittelbar danach die Gemeinde Kall über den Fund informiert. „Das Fraßbild lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass es sich um einen Wolfsriss handelt“, sagt Ordnungsamts-Chef Harald Heinen.
Diese Vermutung bestätigt auch Wolfsberater Markus Wunsch vom Regionalforstamt Hocheifel-Zülpicher Börde, der ebenso wie der zuständige Jagdpächter am Mittwoch in die Beurteilung des Falls eingebunden wurde. Der Wolf töte seine Beute für gewöhnlich mit einem Kehlbiss und beginne dann vom Weidloch aus (wie der Anus waidmännisch genannt wird) mit dem Öffnen des Bauchraums, um sich dann zunächst über die Innereien herzumachen.
Bei Wildtierrissen werden keine DNA-Proben entnommen
„Das konnte man auch sehr gut an dem Reh-Kadaver nachvollziehen, dem auch die Keulen und das Fleisch bis zum Rückgrat fehlte“, beschreibt Heinen den Zustand des nahe einem Waldweg gefundenen Tieres. Eine DNA-Beprobung sei nicht vorgenommen worden: „Diese erfolgt in der Regel nur noch bei Nutztier-, nicht aber bei Wildrissen“, erklärt Heinen.

Einen gerissenen Rehbock hat eine Spaziergängerin in der Nähe von Kall entdeckt.
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„Wir waren von dem Fund natürlich im höchsten Maße alarmiert“, berichtet Bürgermeister Hermann-Josef Esser am Donnerstag bei einem Ortstermin: „Weil der nahe gelegene Spielplatz am Ostlandkreuz auch regelmäßig vom Waldkindergarten Amselnest aufgesucht wird, haben wir zunächst alle Kindergärten über den Fund informiert.“
Ich denke auch, dass kein Grund zur Panik besteht. Letztlich muss aber natürlich jeder selbst entscheiden, wie er mit der Situation umgeht.
Eine unmittelbare Gefahr für Menschen bestehe aber nicht, betont der Bürgermeister: „Der Wolfsexperte Markus Wunsch hat uns erläutert, dass es tagsüber kein erhöhtes Risiko gebe, in dem Gebiet tatsächlich auf einen Wolf zu treffen. Auch für die Kindergartengruppen besteht ausdrücklich keine Empfehlung, die Nähe des Waldes zu meiden.“ In einer Nacht könne ein umherstreifender Wolf durchaus Strecken von bis zu 80 Kilometern zurücklegen: „Es ist also unwahrscheinlich, dass sich der Wolf noch in dem Waldstück aufhält“, sagt Wunsch.
Bürgermeister zeigt Verständnis für Sorgen der Bevölkerung
Dennoch, so Bürgermeister Esser, verstehe er die Sorgen in der Bevölkerung, insbesondere auch bei den Eltern der Kindergartenkinder. „Ich denke auch, dass kein Grund zur Panik besteht. Letztlich muss aber natürlich jeder selbst entscheiden, wie er mit der Situation umgeht, weshalb wir jetzt auch zeitnah und transparent über den Vorfall informieren“, so Esser.
Der Spielplatz am Ostlandkreuz und die Spazier- und Wanderwege in der Umgebung – zum Beispiel auch der dort verlaufende Pingenwanderweg – sind beliebte Ziele für Familien, Spaziergänger und Hundehalter, die dort mit ihren Vierbeinern regelmäßig ihre Gassi-Runden drehen.
In Sachen Wolfsmanagement habe allerdings weder die Kommune noch der Kreis Euskirchen einen Handlungsspielraum: „Hier muss etwas auf Landes- und Bundesebene geschehen“, so der Bürgermeister. Einig sind sich Esser und Heinen, dass das Thema – insbesondere die Information der Bevölkerung – landesweit aufgegriffen werden muss.
„Die Wolfspopulation hier in der Eifel hat deutlich zugenommen“, unterstreicht Harald Heinen. Die Schätzungen, wie viele Wölfe es derzeit in der Nordeifel tatsächlich gibt, gehen jedoch weit auseinander. Das liege zum einen daran, dass es Schwächen im Monitoring gibt, da Wildtierrisse aktuell so gut wie gar nicht begutachtet werden. Dort, wo Wölfe eine Gefahr für Nutztiere wie Schafe, Ziegen oder Rinder darstellen, sollen sie nach dem Willen der Bundesregierung leichter geschossen werden können. Dafür muss der Wolf aber noch ins Jagdrecht der Länder aufgenommen werden.
Verhaltenstipps für die Begegnung mit einem Wolf
„Auch in einem Gebiet, in dem Wölfe ihr Revier haben, ist es unwahrscheinlich, dass Sie einen Wolf zu Gesicht bekommen“, heißt es in einer Mitteilung des Landesumweltamtes NRW (LANUK): „Wölfe meiden die Nähe des Menschen. Vor allem bei jungen und unerfahrenen Wölfen kann es aber vorkommen, dass die Neugier stärker ist als die Furcht.“
Wenn man tatsächlich einem Wolf begegnet, sollte man sich laut LANUK folgendermaßen verhalten:
- Nicht versuchen, sich dem Wolf zu nähern, ihn anzufassen oder zu füttern!
- Nicht weglaufen, am besten stehen bleiben und abwarten, bis sich der Wolf zurückzieht.
- Wenn man den Abstand zum Wolf selbst vergrößern will, sollte man sich langsam zurückziehen.
- Vertreiben kann man den Wolf auch, indem man auf sich aufmerksam macht: Laut ansprechen, in die Hände klatschen, mit den Armen winken.
- Wer mit seinem Hund unterwegs ist und auf einen Wolf trifft, sollte den Hund bei sich behalten, ihn beruhigen und ihn eng an der Leine führen. Freilaufende Hunde könnten vom Wolf als Bedrohung wahrgenommen werden. Daher sollte man sicherstellen, dass der Hund nicht versucht, auf den Wolf zuzugehen oder ihn zu jagen.