Beim Thema Wolf gehen die Meinungen in der Eifel auseinander. In Mützenich schilderten Menschen ihre Begegnungen und Sorgen. Andere verwiesen auf den Wert der Wölfe für die Natur.
WDR-StadtgesprächEifeler berichten über ihre Erlebnisse mit Wölfen – und ihre Sorgen

Diskussion zwischen Wolfsbefürwortern und -gegnern: In der Mützenicher Podiumsrunde trafen konträre Standpunkte aufeinander.
Copyright: Berthold Strauch
Teils verhärtete Standpunkte trafen beim „Stadtgespräch“ über Wölfe in der Eifel heftig aufeinander – was letztlich wohl keine Überraschung war. Bei der von WDR 5 live ausgestrahlten Diskussion mit dem Titel „Zwischen Pfoten und Panik – Wie gefährlich ist der Wolf in der Eifel?“ waren die Gegner offensichtlich in der Mehrzahl. Und sie meldeten sich im Lokal „Weisses Pferdchen“ im Monschauer Stadtteil Mützenich mit oft emotionalen und drastischen Statements zu Wort.
Seit sieben Jahren lebe der Wolf wieder in der Eifel, eröffnet Moderatorin Judith Schulte-Loh die Debatte. Seitdem sorge er für Konflikte. Er solle Rotwild jagen, doch er hole sich seine Beute auch auf den Weiden. „Ein Problem“, wie sie sagte.
Reiterin begegnete im Wald einem Wolf
Ein Landwirt aus Simmerath machte gleich die Nöte seiner Branche deutlich: Er führe ein Unternehmen, das wirtschaftlichen Zwängen unterliege. Da komme er mit dem Wolf langfristig nicht parat, lautete seine Kritik. Er selbst habe 300 Schafe im Wolfsgebiet.
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Gleich darauf die Gegenposition einer Frau: „Ich freue mich, dass der Wolf da ist.“ Wenn man sich richtig schütze, dann klappe es. Und ein Jugendlicher sagte, auch er sei für den Wolf und würde gerne mal einen sehen.

In vielen Positionen einer Meinung: Schafzüchter Georg Bungart aus Bad Münstereifel und Rissbegleiterin Silke Roth am WDR-Podium.
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Eine Reiterin erzählte von einer Begegnung im Wald mit einem Wolf. „Ich möchte mir nicht vorstellen, wenn es ein Rudel gewesen wäre.“ Eine andere Frau erklärte, sie habe zweimal Wölfe getroffen: „Ich habe Angst, mit den Hunden rauszugehen.“
Ein Mann sagte, er gehe zweimal täglich in den Wald. Er habe Wölfe gesehen: „Die haben mich beobachtet. Ich habe Angst.“ Eine Frau fragte, wie man sich in solch einer Situation verhalten solle. Wollten die Wölfe Beute machen, seien sie verletzt, hätten sie Junge? Wenn sie so nahe kommen, müsse man doch damit rechnen, dass sie alle Reaktionen zeigten.
Mindestens 25 Wölfe sollen sich in der Eifel angesiedelt haben
Claudia Faasen aus Mützenich berichtete, dass der Bewegungsmelder ihres Pferdehofs am Rande des Hohen Venns in Mützenich angesprungen sei und sie drei Wölfe in ihrem Garten beobachtet habe. Und Claudia Neu sprach von ihrer aufregenden Begegnung mit zwei Wölfen im Plattevenn in Mützenich.
Moderatorin Judith Schulte-Loh verwies darauf, dass die Eifel bereits seit 2019 eindeutig Wolfsgebiet sei. Garantiert 25 Wölfe lebten in diesem Raum. „Gehören sie zur Eifel?“, fragte sie Georg Bungart. Die Antwort des Schäfers aus Bad Münstereifel war ein klares Nein. „Er bringt Ärger, kostet sehr viel Geld“, sagte er und berichtete von Rissen, von toten Schafen vor wenigen Wochen in seinem Heimatort. Bei der Polizei und bei dem für das Wolfsmonitoring zuständigen Lanuk, dem Landesamt für Natur, Umwelt und Klima, habe sich niemand zuständig gefühlt. Der angesprochene Wolfsberater habe nicht kommen können. Er habe als Betroffener allein da gestanden, klagte Bungart.
Wolf als Zeichen für eine intakte Natur
Mit ähnlich aufwühlenden Worten meldete sich Silke Roth, Rissbegleiterin und Landesbeauftragte des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung, zu Wort. Sie schilderte, wie langatmig das Wolfsmanagement arbeite. Man müsse zigmal anrufen, bevor jemand regiere. Zudem seien manche Wolfsberater sehr unempathisch, wenn Betroffene völlig konfus seien und ansähen, wie ihre Tiere litten.
Da kam auch Katharina Stenglein, Wolfsberaterin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), nicht umhin, einzuräumen, dass der Wolf „echt viel“ anrichte. Generell sei das Tier ein Zeichen für eine intakte Natur. Sie plädierte dafür, dass alle Beteiligten in den Austausch kommen, und nannte die Schäfer- und die Landwirtschaftsverbände. Stenglein sagte, dass sie Emotionen, Hilflosigkeit und Frust total nachvollziehen könne.

Claudia Neu schilderte drastisch ihre Wolfsbegegnung.
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Auf die Frage, ob der Wolf eine Bereicherung sei, verwies die BUND-Vertreterin darauf, dass der große Beutegreifer im Ökosystem Wald durch sein selektives Jagdverhalten (auf kranke und alte Tiere) zur Gesundhaltung des Wildbestands und zur Eindämmung von Überpopulation beitrage. Das dämme Verbissschäden an den Waldbäumen ein und verhindere somit Millionenschäden, so Stenglein.
Ein Förster machte darauf aufmerksam, dass ein Wolf jährlich bis zu 1000 Kilogramm Fleisch fresse. Er zeigte sich überzeugt, dass es in der Eifel bereits rund 30 Wölfe gebe, und etwa ebensoviele im belgischen Hohen Venn – wobei nicht erkennbar sei, wie viele der Tiere zwischen Belgien und Deutschland wechselten.
Wir müssen uns mit dem Wolf auseinandersetzen, müssen ihn akzeptieren.
Karl Läufer, ein Landwirt aus dem Mützenicher Hatzevenn, sagte als bislang nicht Betroffener, dass er wegen der Wolfsgefahr seine Schafe abgeschafft habe. Der Mechernicher Helmut Dahmen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Euskirchen, monierte, dass das Wolfsmonitoring im Kreis Euskirchen nicht funktioniere und die Wolfsberater überfordert seien. Gerissene Tiere erlitten einen jämmerlichen Tod.
Was das Aufstellen hoher Elektro-Schutzzäune angeht, stellte Schäfer Georg Bungart klar in Abrede, dass es möglich wäre, die Herden auf diese Weise vor Wolfsübergriffen zu bewahren. Hunderte Hektar Wiesenland könne man nicht angemessen schützen.
Vier getötete und vier verletzte Schafe nach Wolfsangriff
Judith Schulte-Loh griff die Sorgen der Tierhalter auf. Sie könne deren Aufregung verstehen: „Dies geht unter die Haut.“ Dennoch, so fügte die Moderatorin an: „Der Wolf ist da, und er wird bleiben“.
Gleich danach schilderte eine Mutter, sie habe mit ihrer zweijährigen Tochter auf dem Arm zusehen müssen, wie ihr Pferd zerfetzt worden sei. Schafzüchter Bungart berichtete, er habe ein angegriffenes Schaf weggetragen. „Es lebte noch, weitere auch. Das war nicht angenehm.“ Die traurige Bilanz des Wolfsangriffs: vier getötete und vier verletzte Tiere. Und der Schäfer fügte zornig hinzu: „Das ewige Narrativ, Wölfe töten schnell und schmerzfrei, das stimmt nicht!“

Helmut Dahmen aus Mechernich, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Euskirchen, übte scharfe Kritik am Wolfsmonitoring in der Eifel.
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Als die Moderatorin nach Schutzmaßnahmen fragte, machten mehrere Diskutanten deutlich, dass selbst hohe, unter Strom gesetzte Zäune nicht schützen könnten. Oft würden sie von Wölfen übersprungen. Und eine Frau verwies auf die Behördenforderung, dass Zäune etwa in Landschaftsschutzgebieten eigentlich wilddurchlässig sein müssten: „Der Zaun kann gar nicht wolfssicher sein.“
Ganz frisch in die Debatte eingeführt wurde eine an diesem Tag getroffene Abstimmung im Düsseldorfer Landtag: Die SPD-Fraktion wollte erreichen, dass auch Züchter von Rindern, Pferden und Alpakas Herdenschutzzäune finanziert bekommen sollten. Dies lehnte die schwarz-grüne Mehrheit ab, da diese Tiere nicht grundsätzlich bedroht seien, sondern lediglich kranke Tiere. Allerdings zahle das Land Entschädigung für jedes gerissene Tier, hieß es.
Schäfer aus Bad Münstereifel moniert hohe Kosten für Schutzmaßnahmen
Der Status quo reiche nicht, so Georg Bungart, der acht Schafherden hält. Hochgerechnet kosteten erforderliche Schutzzäune und die gleichfalls geförderten Schutzhunde in Deutschland viele Milliarden Euro. Dieses Geld solle man lieber in Kindergärten stecken, forderte der Landwirt.
„Es sieht fatal für den Wolf aus“, formulierte Judith Schulte-Loh in ihrem Fazit. Wenn Zäune nichts nützten – wer habe noch eine Idee, fragte sie ins Publikum. Der spontane Zwischenruf „Weniger Wölfe!“ erhielt reichlich Applaus. Doch komplett wolfsfrei zu werden, das gehe wohl nicht mehr, schränkte Katharina Stenglein vom BUND ein: „Wir müssen uns mit dem Wolf auseinandersetzen, müssen ihn akzeptieren.“ Zu 90 Prozent, erklärte sie, seien Schafe und Ziegen betroffen. Es würden zwar enorm viele Nutztiere gerissen. Dennoch ernährten sich die Wölfe hauptsächlich von Wild, fügte sie an. Man müsse aus den Negativ-Erfahrungen lernen.
Es sei allerdings wenig hilfreich, es den Tierhaltern anzulasten, wenn Schutzmaßnahmen versagten, verwahrte sich Silke Roth als Vertreterin der Schafzüchter gegen die „Hetzerei auf Weidetierhalter“. Oft müssten die Betroffenen lange auf ihr Geld warten. „Das muss sich ändern“, forderte Roth.
Angesichts solcher Stimmen forderte die Moderatorin, dass die Verantwortlichen ein genaues Monitoring sicherstellen müssten. Am Beispiel Frankreich wurde verdeutlicht, dass der Schutzstatus reduziert worden sei und verhaltensauffällige Wölfe entnommen – sprich: getötet – werden dürften. Dies müsse bei übergriffigen Tieren auch hier in Deutschland möglich sein.