Klimaneutraler BaustoffHolz wird zur Mangelware – Nachfrage und Preise steigen stark

Lesezeit 5 Minuten
Käferholz liegt am Waldweg zum Abtransport bereit. Glücklicherweise sind die Borkenkäfer in diesem Jahr noch nicht aktiv.

Käferholz liegt am Waldweg zum Abtransport bereit. Glücklicherweise sind die Borkenkäfer in diesem Jahr noch nicht aktiv.

Kreis Euskirchen – Die Situation ist in den Regalen der Baumärkte und Holzhandlungen unübersehbar: Ein Mangel an Schnittholz hat Preissteigerungen um das Doppelte, manchmal das Dreifache zur Folge. Dabei hieß es doch in den vergangenen Monaten immer wieder, dass aufgrund des massiven Borkenkäferbefalls viel zu viel Holz auf dem Markt und der Preis drastisch gefallen sei.

„Es ist eine Entwicklung mit sehr vielen Faktoren“, erläutert Martin Hilger, Geschäftsführer der Kaller Firma Hilger Holz. Im inländischen Markt seien gleich zwei Kontingente weggefallen. Das viele Borkenkäfer-Schadholz habe dazu geführt, dass viele Waldbauern das Holz in den Wäldern stehen ließen. Die Preise auf dem Markt für Rundholz seien zwar gestiegen, aber noch nicht so sehr, dass die Waldbauern wieder einschlagen würden. Neues Frischholz komme somit nur schleppend auf den Markt.

Holz als klimaneutraler Baustoff führt zu höherer Nachfrage

Ein weiteres Problem, so Hilger, sei die Auslastung der Sägewerke in Süddeutschland. Diese Werke, die auf Dreischichtbetrieb ausgerichtet seien, führen derzeit nur eine Schicht, da sie aufgrund des langen Winters nicht an Frischholz kämen. Dazu sei im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 weniger an Baustoffprodukten produziert worden. Doch im nachfolgenden Sommer sei der Bedarf noch stärker gewesen als 2019 – erste Engpässe entstanden.

Gleichzeitig sei die Nachfrage nach Holz als klimaneutralem Baustoff gestiegen, sagt Hilger. Seit dem Klimaabkommen habe in der Baubranche ein Umdenken stattgefunden. Früher habe Holz oft als „billiger“ Baustoff gegolten, heute habe sich dessen Image in allen Belangen zum Positiven gewandelt, berichtet Hilger. Die Novellierung der Landesbauordnung NRW habe dazu geführt, dass gerade im öffentlichen Sektor der Holzbau stark nachgefragt werde. Nicht anders sei es in Luxemburg und Belgien, in den USA und Asien. „Der weltweite Hunger nach Holz wächst“, beobachtet er.

Explosionsartige Entwicklung der Holzpreise

Viele Holzlieferungen aus dem Baltikum oder Skandinavien, die früher nach Deutschland gingen, werden heute in die Vereinigten Staaten oder China verkauft, weiß Hilger zu berichten. Dazu kommen große Konjunkturprogramme in den USA, die Nachfrage produzieren, aber nicht in dem klassischen Lieferland Kanada befriedigt werden können, da Ex-Präsident Donald Trump Zölle auf Holzimporte aus dem Nachbarland erlassen hat. Außerdem habe in den vergangenen Jahren auch in Kanada ein holzzerstörender Käfer riesige Mengen an Holz vernichtet, sagt Hilger. In den USA selbst habe Corona temporäre Stilllegungen der Sägewerke verursacht, was das Angebot weiter dezimiert habe. Die Folge: „Man kann von einer explosionsartigen Entwicklung der Holzpreise reden.“ Im Einkauf seien normalerweise Quartalspreise ausgehandelt, heute gebe es nur noch Tagespreise.

Holzpreisentwicklung

Auch beim Frischholz, das die Sägewerke von den Waldbesitzern einkaufen, sind die Preise gestiegen. „Die Preise sind zwar noch nicht auf dem Niveau vor der Borkenkäferkalamität, aber in jedem Jahr gestiegen“, sagt Ernst Hupp, Geschäftsführer vom Holzkontor Nordeifel. Zwischen 75 und 80 Euro pro Festmeter Fichtenrundholz liege der Preis für die Standardsortierung.

Dafür seien die Waldbauern aber derzeit noch nicht bereit, Holz einzuschlagen, da sie auf höhere Preise hoffen. Die seien die Sägewerke aber aktuell noch nicht bereit zu bezahlen, sagt Hupp. Der Markt sei in Bewegung.

Hoffnung bestehe dagegen bei der Borkenkäferplage. Zur Zeit seien die Insekten noch nicht unterwegs. Es könne gehofft werden, dass sich in diesem Jahr im Herbst keine dritte Generation mehr entwickeln werde, berichtet Hupp. „Außerdem haben die Bäume mehr Feuchtigkeit zur Verfügung, so dass sie sich gegen den Schädling wehren können“, erläutert er weiter. (sev)

Hilger spürt die Entwicklung bei einem eigenen Projekt: dem Neubau einer weiteren Lagerhalle in Holzbauweise. „Es wird schwierig werden, dieses Jahr Projekte vollständig zu realisieren“, prophezeit er. Neue Kunden nehme er derzeit nicht mehr auf. Er versuche, seine Bestandskunden in der schwierigen Zeit mit Holz zu versorgen. Für einen Großteil seines Sortimentes konnte Hilger im vergangenen Jahr große Lieferungen vereinbaren, so dass sein Lagerbestand noch wenig Lücken zeigt. Doch bei bestimmten Produkten wie Holzfaserdämmplatten werde es eng.

Die mangelnde Verfügbarkeit hat auch Folgen für Bauherren und deren Bauvorhaben sowie für Handwerker, die mehr und mehr Probleme haben, ihre Aufträge abzuwickeln. Der Mangel beschränkt sich dabei nicht nur auf das Konstruktionsholz. „Ich hatte den Auftrag, einen Vinylfußboden zu legen“, berichtet Timo Blumenstock, Schreinermeister aus Morsbach. Dafür hätten bei seinem Lieferanten die letzten Reste zusammengesucht werden müssen. Mit acht Wochen Lieferzeit müsse er derzeit bei Bestellungen rechnen.

Handwerker bleiben auf höheren Holzpreisen sitzen

Für ihn sei die Situation aber noch nicht so problematisch, sagt Blumenstock. Zwar bekomme er beim Einkauf seines Materials nur noch Tagespreise, größere Probleme hätten aber die Zimmerleute, die vor Monaten ein Angebot für einen Dachstuhl abgegeben hätten und nun bei der Ausführung höhere Holzpreise im Einkauf hätten. „Angebot ist Angebot, die bleiben manchmal auf mehreren Tausend Euro sitzen“, so Blumenstock.

Das bestätigt Uwe Günther von der Kreishandwerkerschaft Rureifel, der die Geschäftsführung der Zimmermannsinnung Kreis Euskirchen wahrnimmt. „Je nachdem, wie das Angebot gestaltet ist, kann das tatsächlich passieren“, sagt er. Da komme der Handwerker ohne guten Willen des Bauherren nicht mehr raus.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Es gibt ein Preis- und ein Lieferproblem bei profanen Baustoffen, die nicht wie sonst verfügbar sind“, sagt Günther weiter. Das betreffe neben Holz auch viele Kunst- und Dämmstoffe sowie Eisen und Stahl. „Mir ist aber bei uns noch kein konkreter Fall bekannt, dass ein Auftrag nicht ausgeführt werden konnte. Doch das ist denkbar“, warnt er. Aus seiner Sicht sei das eine Folge der Pandemie. Zum einen seien Lieferketten gestört, während andererseits die Nachfrage steige. Da spiele auch das Containerschiff, das tagelang den Suezkanal blockierte, eine Rolle. „Das wird sich ändern, das ist ein Ketchupflaschenproblem“, betont Günther.

Schwieriger sei es dagegen für Architekten, neue Bauvorhaben zu planen. „Bei Tagespreisen kann nicht kalkuliert werden“, so Günther. Das betreffe nicht nur den Bau von Wohnungen oder Häusern, sondern genauso kommunale Bauvorhaben wie Kindergärten, die zur Zeit kaum geplant werden könnten.

KStA abonnieren