Das Amt für Bodendenkmalpflege in Nideggen-Wollersheim veranstaltet einen Tag der offenen Tür mit Ergebnissen spektakulärer Ausgrabungen.
ArchäologieProfessionelle Schatzsucher zeigen Skelette aus Zülpich und andere Funde

Dr. Petra Tutlies (M.), Leiterin der Außenstelle, wird unterstützt von der wissenschaftlichen Referentin Dr. Ulrike Müssemeier (l.) und der Nachwuchs-Archäologin Tabea Borrmann.
Copyright: Berthold Strauch
Alle zwei Jahre öffnen die professionellen „Schatzgräber“ ihre mit reichen, historischen Funden gefüllte Schatulle. Dann lädt das Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland (ABR) zum Tag der offenen Tür nach Nideggen-Wollersheim ein. Die spektakulärsten Ausgrabungen, die die Archäologen überwiegend in den vergangenen zwei Jahren sozusagen der Erde „entrissen“ haben, wollen sie am Sonntag, 15. Juni, der Bevölkerung zugänglich machen.
Dann steht die 23. Auflage des beliebten Stiftshoffestes im Kalender, zu dem die Außenstelle in Wollersheim insbesondere Familien mit Kindern einlädt. Aber natürlich steht der Vierkanthof an der Zehnthofstraße 45, direkt neben der örtlichen Pfarrkirche, an diesem Tag von 10 bis 18 Uhr auch allen anderen Interessierten offen.
Das Amt für Bodendenkmalpflege zeigt Funde aus dem Kreis Euskirchen und der Umgebung
Dr. Petra Tutlies, die Leiterin der ABR-Außenstelle, und die wissenschaftliche Referentin Dr. Ulrike Müssemeier machen mit einem ganzen Paket an Funden, die auch im Kreis Euskirchen ans Tageslicht geholt wurden, neugierig auf das Stiftshoffest. Zuständig sind die Archäologen außerdem für die Kreise Düren, Rhein-Erft, Heinsberg und die Städteregion Aachen. Auch von dort werden Funde und eine Ausstellungsdokumentation gezeigt.
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Fast in direkter Nachbarschaft, auf einem Acker zwischen Wollersheim und Berg, wurde 2022 die Absturzstelle eines US-Jagdbombers aus dem Zweiten Weltkrieg unter die Lupe genommen. Dabei hatten die Archäologen ein Team der in Schleiden-Vogelsang ansässigen Arbeitsgemeinschaft (AG) „Luftkriegsgeschichte Rhein-Mosel“ als wichtigen Partner an ihrer Seite.

Selbst die Kriminalpolizei wird eingeschaltet: Bei Knochenfunden ist dies Pflicht. Doch wenn sich herausstellt, dass sie älter als 100 Jahre sind, können die Beamten ihre Ermittlungen einstellen.
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Dieser Topf aus der Mitte des dritten Jahrhunderts vor Christus wurde in Großbüllesheim gefunden.
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Die AG baut seit 2019 in einem Teil des Malakoff-Gebäudes auf dem ehemaligen belgischen Truppenübungsplatz ein Museum auf. Dieses möchte den Krieg aus der Luft von 1939 bis 1945 speziell aus dem Blickwinkel der Region nachzeichnen. An der Spitze der AG steht Frank Güth aus Schleiden.
Von dem ehemals über 4,5 Tonnen schweren Flugzeug konnten nur noch etwa 80 Kilogramm an Material geborgen werden, darunter ein stark verformtes Stück der Außenhaut dieses Kampfflugzeugs vom Typ P 47 Thunderbolt, gebaut vom amerikanischen Hersteller Republic Aviation. Die AG wird beim Stiftshoffest mit einem Stand präsent sein und von ihrem Projekt berichten.
Der Stiftshof zeigt Überreste von Skeletten aus Zülpich
Große Aufmerksamkeit dürften auch die Überreste von in Zülpich-Niederelvenich gefundenen Skeletten finden, die zunächst die Kriminalpolizei unter die Lupe genommen hatte. Bei Knochenfunden ist dies Pflicht. Doch wenn sich herausstellt, dass sie älter als 100 Jahre sind, können die Beamten ihre Ermittlungen einstellen – wie in diesem Fall: Auch wenn Mord nie verjährt, ist nach einer so langen Zeit kein möglicher Mörder mehr unter den Lebenden.
Wie aufwendige Analysen ergaben, handelt es sich um mindestens 13 Bestattete eines Friedhofs aus dem 8. bis 10. Jahrhundert, darunter auch Kinder. Sie wurden zufällig gefunden, als in Niederelvenich eine Bushaltestelle angelegt werden sollte. Die Individuen litten unter Mangelernährung. Einer hatte einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf erhalten. Arthroseerkrankungen und schlecht verheilte Brüche wurden ebenso nachgewiesen.
In Euskirchen schlummerte eine Dolchklinge im Erdreich
In Euskirchen-Großbüllesheim kamen bei Erschließungsarbeiten für das große Gewerbeareal, das Landesentwicklungsplan-Gebiet Nordrhein-Westfalen für Großansiedlungen, interessante Funde ans Licht. Dabei handelt es sich um einen Topf mit Fischgrätmuster, eine Dolchklinge und weitere Gegenstände. Dies waren Grabbeigaben. Naturwissenschaftliche Untersuchungen der entdeckten Knochenreste wurden vom Institut für Archäologie und Kulturanthropologie (BoCAS, Bonn Center for Archaeo Sciences) der Universität Bonn vorgenommen. Anhand der Zahnkappen konnte festgestellt werden, dass es sich bei der Bestatteten um eine Frau gehandelt hatte.
In Erftstadt-Erp wurde, wie Analysen ergaben, ein in ungewöhnlicher Bauchlage aufgefundenes Skelett entdeckt. Es stammte von einem etwa 25-jährigen Mann. Hier war auch kriminalistischer Spürsinn gefragt, etwa ob die Leiche pietätlos in einem Graben „entsorgt“ worden war. Aus Jülich-Broich wird die Dokumentation der „Schwedenschanze“ vorgestellt. Mithilfe des Echolotverfahrens „Lidar“ (Light Detection and Ranging), mit dem neuerdings auch selbstfahrende Autos ausgestattet werden, können aus dem Flugzeug Höhenunterschiede im Gelände ermittelt werden. Dabei wird die Erdoberfläche ohne Bewuchs dargestellt.
In Düren-Hoven wurden Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt
Bei diesem Objekt handelt es sich um ein Bodendenkmal aus dem Jahr 1621. Bei der Belagerung Jülichs im Spanisch-Niederländischen Krieg, aus den Annalen auch bekannt als Achtzigjähriger Krieg von 1568 bis 1648, dienten solche Schanzen als Posten zur Beobachtung der offenen Schlacht, weiß Petra Tutlies.
Spektakuläre Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg wurden Anfang 2023 auf dem Gelände einer ehemaligen Papierfabrik in Düren-Hoven entdeckt. Der Schutzbau wurde dokumentiert, was die Experten „Bauaufnahme“ nennen. Diskutiert wird, ob er einem Neubau weichen muss. Hierbei ist von „irregulären Bunkern“ die Rede, die das Unternehmen wohl zum Schutz seiner Mitarbeitenden und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der Fabrik errichten ließ.
Der Stiftshof verspricht spannende Einblicke in seine archäologische Arbeit
Von der LVR-Außenstelle Titz werden Gefäße ausgeliehen, die bereits in den 1950er-Jahren beim Bau eines Mehrfamilienhauses im Töpferort Langerwehe entdeckt worden waren. Sie wurden geborgen und den Archäologen im Oktober 2023 übergeben, die sie detailliert wissenschaftlich analysierten.
„Weitere spannende Einblicke sind für die Gäste des Stiftshoffestes garantiert“, verspricht die Leiterin der Außenstelle. Wie Petra Tutlies zudem ankündigt, legt das Grabungsteam sozusagen „live“ vorgeschichtliche Urnen aus der Bronze- oder Eisenzeit, etwa 2000 vor Christus bis um Christi Geburt, frei. Sie stammen von einer Grabung im Kreis Düren und wurden nicht vor Ort vollständig herausgeholt, sondern geschützt durch „Stretch-Folien“ mit der umgebenden Erde geborgen. Auf diese Weise können die Urnen sorgfältig in der Werkstatt untersucht werden.
Ossama Ayash, ein syrischer Kriegsflüchtling, der bereits seit neun Jahren in Deutschland lebt und inzwischen eingebürgert ist, hatte bereits in seiner Heimat als Archäologe gearbeitet. Beim Pressegespräch gab er mit feinem Werkzeug und Pinsel bereits eine kleine Kostprobe von der sorgfältigen Freilegung dieser „Blockbergung“, wie die Fachleute sagen.
Stiftshof bietet ein abwechslungsreiches Programm
Zu sehen bekommen die Gäste beim Stiftshoffest am Sonntag, 15. Juni, eine ganze Fülle archäologischer Zeugnisse. Gezeigt wird zudem historisches Handwerk. Kinder können sich im Sandkasten als kleine Archäologen ausprobieren. Und in einer Bastelwerkstatt können sie vorgeschichtliche Rasseln aus Ton bauen, Bogenschießen erproben und eine römische Soldatenausrüstung ausprobieren.