Teilweise Millionen Jahre altDiese besonderen Funde hat es 2023 im Kreis Euskirchen gegeben

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt einen Krug in einer Vitrine. Das Gefäß ist bei Großbüllesheim gefunden worden. Zwei Besucher schauen sich den Fund an.

Im LVR-Museum in Bonn sind neue Funde ausgestellt worden, die in Großbüllesheim, Zülpich und Blankenheim entdeckt worden sind.

Der LVR zeigt in Bonn seine jüngsten Funde aus dem Kreis Euskirchen. So wurde in Zülpich beim Bau von McDonalds ein alter Mahlstein entdeckt.

Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland stuft den Fund bei Großbüllesheim als „besonders“ ein. Entdeckt wurde er im vergangenen Jahr auf der Fläche, die das Land NRW gerne als Prime Site Rhine Region vermarkten würde. Seit fast zehn Jahren ist der LVR auf dem 205 Hektar großen Areal immer wieder aktiv und sucht nach Bodendenkmälern. Ein solches wurde jüngst ausgegraben und ist im LVR-Museum in Bonn ausgestellt – zumindest teilweise.

Inmitten eines metallzeitlichen und römischen Siedlungsplatzes fanden die Archäologen die Überreste einer Bestattung, die gegen Ende der Jungsteinzeit stattgefunden haben muss. Sie lässt sich laut LVR-Mitarbeiterin Dr. Petra Tutlies der Schnurkeramischen Kultur zuordnen – ist also etwa 4100, wenn nicht gar 4800 Jahre her.

LVR sucht im Ipas bei Euskirchen immer wieder nach Bodendenkmälern

In einer hölzernen Grabkammer war eine wohl weibliche Person in gehockter Stellung in Seitenlage bestattet. Von den Knochen sei nichts mehr übrig gewesen, so die Expertin. Nur der Abdruck war noch erkennbar. Der Toten waren ein verzierter Tonbecher und Feuersteingeräte beigegeben: eine Klinge aus maasländischem Feuerstein und die Spitze eines Dolches aus französischem Feuerstein. Bereits 2015 sei nur etwa 30 Meter Luftlinie entfernt ein zeitgleiches, gut vergleichbares Grab entdeckt worden, berichtete Tutlies bei der Ausstellungseröffnung am Montag in Bonn.

Alles zum Thema Landschaftsverband Rheinland

Der Krug und die Dolchspitzen sind nicht die einzigen Funde von 2023 aus dem Kreis Euskirchen, die in Bonn zu sehen sind. Zu den Ausstellungsstücken gehört auch ein Steinblock, der an einen Zweispitz erinnert – ein Hut, der heute vor allem mit Napoleon Bonaparte verknüpft wird. Entsprechend bezeichnen die Archäologen den Fund als „eisenzeitlichen Napoleonshut“.

„Hut“ von Napoleon bei Bauarbeiten für McDonalds in Zülpich entdeckt

Mit einem Hut hat der Stein, aber so gar nichts gemein – außer seiner Form. Vielmehr handelt es sich um das Unterteil einer Schiebemühle, bei der die Gebrauchsspuren deutlich zu erkennen sind. Der Stein sei aus zweierlei Hinsicht besonders, so Tutlies: „Die Auffindungsgeschichte ist sehr interessant. Aber auch die Tatsache, dass es sich um ein Exportstück aus Mayen am Mittelrhein handelt, ist ungewöhnlich“, sagt sie.

Entdeckt worden sei er bei den Bauarbeiten zum McDonalds an der Römerallee in Zülpich – so gesehen zum zweiten Mal. „Er hat als Verfüllgut in einem Kanalgraben gelegen“, erklärt die Expertin. Er sei wahrscheinlich von Bauarbeitern im 20. Jahrhundert als Stein abgetan und in den Graben geworfen worden. Nun wurde er wiederentdeckt – vom dazugehörigen „Läuferstein“ fehle aber jede Spur. „Wir wissen nicht, in welchem Haus er genutzt wurde“, sagt Tutlies.

Das Bild zeigt einen alten Stein, der in der Eisenzeit zum Mahlen von Getreide genutzt wurde.

Dieser Stein, auf dem Getreide gemahlen wurde, ist bei den Bauarbeiten der McDonalds-Filiale in Zülpich gefunden worden.

Das Bild zeigt zwei unterschiedlich große Dolchspitzen.

Diese Dolchspitzen lagen einem Grab bei, das der LVR im Ipas bei Großbüllesheim entdeckt hat.

Für den LVR ist der Bereich des Gewerbegebiets der Römerstadt immer spannend. Das zeigt ein Blick in die jüngste Vergangenheit. Im Vorfeld des Baus des Logistikzentrums von Fiege legten Archäologen einen unberaubten Sarkophag aus dem dritten Jahrhundert frei, der das Skelett einer etwa 25- bis 30-jährigen Frau und zahlreiche kunstvoll gearbeitete Beigaben enthielt.

Billig war eine genauso wichtige römische Landstadt wie Zülpich

Römische Landstädte mit etwa 1000 Einwohnern, was damals viel gewesen sei, so Tutlies, habe es in der Region zwei wichtige gegeben: Zülpich und Billig. „Zülpich ist prominenter, weil es dort die besterhaltenen Thermen nördlich der Alpen gibt. Aber Euskirchen-Billig ist nicht unwichtiger – nur unbekannter“, sagt die LVR-Mitarbeiterin.

„Der Kreis Euskirchen ist aus archäologischer Sicht sehr spannend – das hat etwas mit den Bodenbeschaffenheiten zu tun“, so die LVR-Expertin. Die Böden in der Region hätten schon damals zur Landwirtschaft eingeladen und zur Überschusswirtschaft an Getreide geführt.

Das Bild zeigt die Fossilien, die im vergangenen Jahr in Blankenheim gefunden worden sind.

Die Fossilien von Blankenheim sind etwa 386 Millionen Jahre alt.

In römischer Zeit sei der heutige Kreis Euskirchen die Kornkammer für Köln gewesen. „Dort wurde das Getreide angebaut, das in Billig oder Zülpich verhandelt wurde und von da aus nach Köln ging“, so Tutlies, die auch auf einen anderen Fund aus dem Kreis Euskirchen aufmerksam macht – und der ist ganz schön alt.

Auf etwa 386 Millionen Jahre werden die Fossilien von den Experten geschätzt, die bei der Villa Rustica von Blankenheim entdeckt worden sind. Neben zahlreichen Korallen fand man im Bereich des Villennebengebäudes verschiedene Armfüßler, Seelilien und seltene Dreilapper (Trilobiten). „Früher war die Eifel ein Meer“, sagt LVR-Mitarbeiter Stephan Helling.

Ein unerwarteter Fund kam bei Straßenarbeiten in Niederelvenich ans Licht: Unmittelbar unter der Asphaltdecke aus den 1980er-Jahren lagen drei menschliche Skelette. Die Polizei fand keine Spuren eines Verbrechens und übergab die Knochen an den LVR. Wie alt die Skelette sind und was vielleicht die Todesursache war, soll nun mithilfe von anthropologischen Untersuchungen ermittelt werden.


Archäologisches Schadenskataster nach der Flut

Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland hat nach der Flut ein sogenanntes Schadenskataster Hochwasser 2021 angelegt. 538 Fundstellen wurden in den Flutgebieten im Rheinland erfasst und untersucht. „Bei fast 20 Prozent davon wurden Schäden an den Bodendenkmälern festgestellt und an die jeweiligen Kommunen gemeldet“, sagt Dr. Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege.

Vor allem die Überreste der römischen Wasserleitung seien im Kreis Euskirchen betroffen gewesen. So habe es oft Auswaschungen in den Fugen gegeben. Aber auch alte Mühlen und Wehre hätten Schaden genommen. Der LVR habe für jedes betroffene Baudenkmal eine Handlungsempfehlung gegeben, berichtete der LVR-Chef für Bodendenkmalpflege.

KStA abonnieren