Dr. Hans-Peter Schick blickt im Gespräch mit der Redaktion auch auf Fehler in seiner 26-jährigen Amtszeit als Mechernicher Bürgermeister zurück.
AbschiedNach 26 Jahren als Bürgermeister: In Mechernich geht die „Ära Schick“ zu Ende

In mehr als zweieinhalb Jahrzehnten als Bürgermeister hat Dr. Hans-Peter Schick die Entwicklung der Stadt Mechernich entscheidend geprägt.
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Die Eifel-Therme Zikkurat würde er heute nicht mehr so groß bauen – das fällt dem langjährigen Mechernicher Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick spontan bei der Frage ein, welche Entscheidung seiner mehr als zweieinhalb Jahrzehnte währenden Amtszeit er aus heutiger Sicht bereut. Andererseits: „Mein Vater hat immer gesagt, dass es besser ist, Entscheidungen zu treffen und vielleicht dabei Fehler zu machen, als keine Entscheidungen zu treffen, nur um keine Fehler zu machen.“
Außerdem – das schickt der heute 64-Jährige noch hinterher – bedeute es Stagnation, sich vor wichtigen Entscheidungen zu drücken. Das hat Schick nie getan. Und dass sich in Mechernich nichts bewegt habe in der „Ära Schick“, das kann man ebenfalls nicht wirklich behaupten.
Da bleiben sicher noch genügend Aufgaben für meinen Nachfolger übrig, aber ich bin froh, dass wir da einige Sachen anschieben konnten.
„Die Stadt hat sich sehr verändert seit der Jahrtausendwende. Wir haben es geschafft, diesem ehemaligen Bergarbeiterdorf ein wenig mehr städtisches Gepräge zu verleihen“, sagt Schick selbstbewusst. Auch, wenn vieles immer noch Stückwerk ist, insbesondere beim Konzept für die Innenstadt.
Die Bedürfnisse der 44 Orte im Stadtgebiet nicht aus den Augen verloren
„Da bleiben sicher noch genügend Aufgaben für meinen Nachfolger übrig, aber ich bin froh, dass wir da einige Sachen anschieben konnten“, kontert Schick. Ein wichtiger Schritt ist dabei sicher der Neubau eines großen Wohn- und Geschäftshauses zwischen Markt- und Bleibergplatz, für den nach langem Suchen inzwischen ein finanzkräftiger Investor gefunden werden konnte.

Nach 26 Dienstjahren als Bürgermeister zieht Dr. Hans-Peter Schick im Gespräch mit der Redaktion ein zufriedenes Fazit seiner Amtszeit.
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„Man darf aber nicht vergessen, dass im Kernort nur etwa 7500 der insgesamt knapp 30.000 Mechernicher und Mechernicherinnen leben. Die 44 Orte, die zu diesem Kunstgebilde Stadt Mechernich gehören, haben ihre ganz eigenen Bedürfnisse.“
Deshalb habe er auch immer Wert darauf gelegt, dass sich auch in den Dörfern etwas tut. „Zum Beispiel bei der Ausweisung von Neubaugebieten. Es war wichtig, dass nicht nur in Mechernich-Nord oder Kommern Baumöglichkeiten geschaffen wurden, sondern auch in den kleineren Orten. Dabei haben wir als Stadt auch finanziell profitiert, weil wir die Grundstücke meistens selbst vermarktet haben.“ Er habe nie verstehen können, dass Kommunen wie Bad Münstereifel oder Zülpich das nie selbst in die Hand genommen hätten.
Auch das neue Mechernicher Rathaus wurde unter Schicks Führung gebaut
Nach mehr als 26 Jahren auf dem Chefsessel kann sich Schick, der inzwischen sein Büro im zweiten Obergeschoss des – ebenfalls unter seiner Führung gebauten – neuen Rathauses für seinen Nachfolger Michael Fingel ausgeräumt hat, noch gut an den Beginn seiner Bürgermeister-Karriere erinnern. „Ich war ja damals bei der Kommunalwahl der einzige Bürgermeister, der in die Stichwahl musste“, blickt der CDU-Politiker auf das Jahr 1999 zurück.

Im Jahr 1999 wurde Schick (l.), hier mit seinen politischen Weggefährten (v.l.) Johannes Ley, Konrad Hamacher und dem Beigeordneten Christian Baans, ins Amt eingeführt.
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Im ersten Wahlgang hatte der damalige „Youngster“ bereits beachtliche 45 Prozent geholt. „Und das, obwohl die Mitbewerber, unter anderem Robert Ohlerth, Wulf-Dietrich Simon und Eckard Böhlke, mehr oder weniger alles gestandene Fraktionsvorsitzende waren.“
Im zweiten Wahlgang setzte sich der damals 38-Jährige dann gegen den SPD-Kandidaten Ohlerth durch, fünf Tage später wurde er bereits vereidigt. Dass man sich bei den Christdemokraten auf den in der breiten Öffentlichkeit damals noch relativ unbekannten promovierten Landwirt aus dem 20-Einwohner-Örtchen Bescheid als Kandidat geeinigt hatte, sei der Initiative des Kommerner CDU-Granden Johannes Ley zu verdanken gewesen, sagt Schick zurückblickend: „Immerhin war ich aber zu der Zeit bereits Vorsitzender des CDU-Stadtverbands.“ Der Umstand, dass er jung und von den jahrzehntelangen Klüngeleien und Streitigkeiten in der Mechernicher Skandalpolitik unbelastet war, „ist damals vielleicht mein größter Pluspunkt gewesen“.
In seiner ersten Amtszeit war Schick „der erste Azubi im Rathaus“
Sein Vorgänger Heinrich Schaper hatte zuvor erklärt, nicht bei der ersten Bürgermeister-Direktwahl für die CDU in Mechernich antreten zu wollen. Nach nur zwei Jahren Tätigkeit am Bleiberg, dafür aber mit dauerhaften Pensionsansprüchen ausgestattet, kehrte Schaper in seine Heimat nach Niedersachsen zurück.

Mit seinem Image als Landwirt kokettierte Schick nicht nur an Karneval.
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Langjähriges Erfolgsduo im Mechernicher Rathaus: Schick mit Kämmerer Ralf Claßen (r.), der nach 48 Jahren ebenfalls in den Ruhestand geht.
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Seine erste Amtszeit – vier weitere sollten noch folgen – bezeichnet Schick rückblickend als seine Lehrzeit. „Ich war damals der erste Azubi im Rathaus“, sagt er mit einem Lachen. Zu seinem Lehrmeister in Verwaltungsfragen wurde in dieser Zeit der städtische Beigeordnete Christian Baans. Der hatte zwar ein SPD-Parteibuch, sei aber kein Politiker gewesen. „Das war ein Mensch, der viele Ideen hatte. Von ihm habe ich viel gelernt in dieser Zeit bis zu seinem gesundheitsbedingten Ausscheiden im Jahr 2010/2011.“ Bis zum heutigen Tage pflege er ein gutes, freundschaftliches Verhältnis zu Baans, betont Schick.
Auch zu den Mitarbeitern in der Verwaltung habe er stets ein vertrauensvolles Verhältnis gehabt. „Jeder hat gewusst: Meine Tür steht immer für alle offen. Ich musste als Bürgermeister nicht der Spezialist sein – das sind die Sachbearbeiter, manchmal noch eher als die Dezernenten oder Fachbereichsleiter. Meine Aufgabe war es, den Überblick zu haben.“
Die Familie war Schick wichtiger als eine Karriere im Bundestag
Den Überblick und ein gewisses Standing hat sich Schick im Laufe seiner 26 Amtsjahre auch unter den Bürgermeistern und CDU-Politikern im Kreis Euskirchen erarbeitet. Da war es fast zwangsläufig so, dass sein Name genannt wurde, als es um die Besetzung anderer wichtiger Posten ging. „Im Jahr 2009 habe ich ernsthaft darüber nachgedacht, als Nachfolger von Wolf Bauer für den Bundestag zu kandidieren“, sagt Schick: „Ich habe mich aber aus persönlichen Gründen dagegen entschieden, weil mir die Familie wichtiger war.“
Dass ich dann wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt worden bin, das hat bei mir schon Spuren hinterlassen.
Er habe erst mit Ende 30 geheiratet und sei erst relativ spät Vater geworden. „Ich wollte keine Wochenendehe führen. Mir war es wichtig, meinen Sohn aufwachsen zu sehen, ihn zum Beispiel morgens auf dem Weg ins Rathaus in den Kindergarten in Roggendorf zu bringen. Das wäre als Bundestagsabgeordneter nicht möglich gewesen.“
Streit um den Umgang mit der Bleibelastung hinterließ Spuren
Umso härter traf es Schick, als ihm im Zuge des Streits um den Umgang mit der Bleibelastung vor einigen Jahren öffentlich vorgeworfen wurde, das Leben und die Gesundheit von Kindern aufs Spiel zu setzen, weil die Stadt Mechernich nicht offensiv auf die bestehende Bleibelastung in Neubaugebieten hingewiesen habe.
„Dass ich dann wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt worden bin, das hat bei mir schon Spuren hinterlassen“, sagt Schick mit einem bitteren Unterton. Dabei sei die Bleibelastung damals gezielt von einzelnen Personen instrumentalisiert worden, um Baumöglichkeiten zwischen Kommern, Kommern-Süd und Mechernich-Nord für andere zu verhindern.
„Das hat den Steuerzahler Millionen gekostet und in der Bevölkerung viel moralischen Flurschaden hinterlassen“, sagt Schick, der außerdem auf Versäumnisse beim Kreis Euskirchen hinweist: „Wir haben zwar bei der Stadt die Baugenehmigungsbehörde, die eine Baugenehmigung erteilt. Aber die Fachbehörde, die Untere Bodenschutzbehörde der Kreisverwaltung, die hat es im Grunde verpennt, bereits bei der Aufstellung des Bebauungsplans auf die Bleibelastung hinzuweisen.“
Bei der „Affäre Clemens Pick“ hat sich Schick auf die „falsche Seite“ gestellt
Auf der „falschen Seite“ stand Schick auch im Jahr 2009 bei der „Affäre Clemens Pick“: Der Marmagener hatte sich damals als Gegenkandidat von Landrat Günter Rosenke in Position gebracht, Schick hatte sich in einem Brief für Pick ausgesprochen. Als Pick tatsächlich von der CDU aufgestellt wurde, verließ Rosenke die Partei und trat als parteiloser Kandidat an.

Seinem Nachfolger Michael Fingel (Mitte) gratulierte Schick am Wahlabend im September. Dem neuen Bürgermeister steht der Beigeordnete Thomas Hambach (l.) zur Seite.
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Kurz vor Toresschluss zog Pick jedoch die Reißleine, nahm seine Kandidatur zurück und ließ den von Schick geführten CDU-Stadtverband Mechernich und andere Christdemokraten im Regen stehen. „So ein Verhalten geht gar nicht. Wenn man so etwas macht, muss man auch durchziehen“, ärgert sich Schick noch heute.
Wechsel in die Kreispolitik: „Für den politischen Ruhestand ist es zu früh“
In der neuen Legislaturperiode wechselt Schick nun selbst zum Kreis – allerdings nicht als Landrat („Das wäre kein Posten für mich gewesen“), sondern als einfaches Kreistagsmitglied. „Ich fühle mich mit 64 noch zu jung, um nicht mehr politisch aktiv zu sein“, sagt er. Im Kreistag will sich der dann ehemalige Bürgermeister stärker für die Positionen der Kommunen einsetzen – zum Beispiel beim Thema „Kreisumlage“.
Dass sich die Interessen von Kreis und Kommunen so stark auseinanderentwickelt hätten in den vergangenen Jahrzehnten, liegt nach Schicks Ansicht auch an der Tatsache, dass hauptamtlichen NRW-Bürgermeistern seit 1999 qua Gesetz ein Sitz im Kreistag verwehrt ist. „In Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern ist das anders: Da können Verbandsbürgermeister auf ganz normalem Weg in den Kreistag gewählt werden und haben dann Themen wie die Kreisumlage viel stärker im Blick.“ Das habe sich auch dort positiv auf die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden ausgewirkt.
Unterstützung darf Schick im Kreistag von einem langjährigen Weggefährten erwarten: Ralf Claßen, der als Kämmerer der Stadt Mechernich in den vergangenen Jahrzehnten für die Finanzen der Bleibergstadt verantwortlich war, trat mit dem Ende seiner insgesamt 48-jährigen Tätigkeit in Diensten der Stadt Mechernich in die CDU ein und wurde ebenfalls in den Kreistag gewählt.
40 Millionen Euro in die Mechernicher Schulen investiert
Apropos Finanzen: „Kritiker haben mir ja immer die hohe Verschuldung der Stadt Mechernich vorgeworfen“, blickt Schick noch einmal auf den jüngsten Kommunalwahlkampf zurück. „Aber im Laufe der vergangenen Jahre haben wir alleine rund 40 Millionen Euro in die Schulen der Stadt Mechernich investiert.“ Für ihn sei nicht die Verschuldung von Bedeutung, sondern die Eigenkapitalquote. „Und wenn man auf diese Eigenkapitalquote blickt, dann gibt es da noch vier oder fünf Kommunen im Kreis Euskirchen, die stehen schlechter da als wir.“
Für seinen Nachfolger Michael Fingel hat Schick ebenfalls noch einen Ratschlag parat: „In der Politik gibt es nicht nur Schwarz und Weiß.“ Man müsse auf die Zwischentöne schauen. Auch ein anderer Punkt sei ganz wichtig. „Das hat mir Stadtdirektor Helmut Rosen mit auf den Weg gegeben: Du darfst die Gesetze biegen und auch mal etwas beugen, aber nicht brechen. Ich will damit sagen: In den 26 Jahren hätte ich ohne Biegen und Beugen vieles nicht umsetzen können.“
Die Serie
Sie haben teils Jahrzehnte die Geschicke des Kreises Euskirchen und die ihrer jeweiligen Stadt und Gemeinde mitbestimmt. Eine Reihe von langgedienten Volksvertretern und Bürgermeistern zieht sich nun aus der Lokalpolitik zurück.
In Gesprächen mit der Redaktion ziehen sie Bilanz und plaudern auch ein bisschen aus dem „Maschinenraum“ der Politik.



