Nach der FlutHoffnung trotz Rückschlägen

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Die Nachbarn unterstützen sich gegenseitig und greifen einander unter die Arme, auch wenn viele noch geschockt sind.

Die Nachbarn unterstützen sich gegenseitig und greifen einander unter die Arme, auch wenn viele noch geschockt sind.

Euskirchen – In Euskirchen ist das große Aufräumen angesagt. Die Kreisstadt wurde besonders im Bereich zwischen Veybach und Mitbach schwer getroffen. In der Innenstadt, dort wo jahrelang am Europaplatz Menschen nach Fußballspielen gefeiert haben, treffen die beiden Bäche aufeinander, die am Mittwochabend zu reißenden Flüssen heranwuchsen. Das Wasser schob Autos übereinander und drang in die Häuser ein, beispielsweise in das Bettengeschäft von Alvaro Areas Canosa nahe des Kreisverkehrs, wo am Freitag Matratzen auf den Parkplatz geräumt wurden.

Es herrscht eine Art Aufbruchsstimmung, jeder hilft jedem

Spricht man mit den betroffenen Menschen, die zum Teil ihr Hab und Gut verloren haben, spürt man neben der Verzweiflung und der Trauer aber auch eine Art Aufbruchstimmung. Man hilft sich beim Aufräumen, geht sich gegenseitig zur Hand. Doch auch in Euskirchen fängt es an, dass Menschen doppelt getroffen werden. Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben und denen dann, während sie ihre Häuser in absoluter Not verlassen haben, Einbrecher und Plünderer ihre letzten Wertsachen gestohlen haben.

Einer von ihnen ist Lutz Tegethoff, ein Familienvater, der in der Nähe des Zusammenflusses von Veybach und Mitbach lebt. Gegen 19 Uhr am Mittwoch, so berichtet der Mann, sei noch alles normal gewesen. Doch ab dann sei der Mitbach alle 30 Minuten um etwa zehn Zentimeter gestiegen. „Als es an der Eingangstür stand, haben wir mit Sand und Kies in Kissen versucht, das Wasser am Eindringen zu hindern. Aber irgendwann ist es wasserfallartig durch die Türrahmen und teilweise durchs Mauerwerk gedrungen. Als das Wasser weiter stieg, wussten wir, dass das nicht funktioniert.“ Mit weiteren Helfern trugen sie Gegenstände in die höher gelegenen Stockwerke, darunter Möbel und Wertsachen. Dinge, die direkt auf dem Boden standen, habe man einfach nur „zwanzig Zentimeter aufgebockt“, also hochgestellt, da sie sich zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen konnten, dass das Wasser höher stieg.

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Manche verlieren alles, aber nicht nur durch die Flut

Mit einer Teichpumpe habe man versucht, Wasser aus dem Haus zu pumpen. „Aber als das Wasser draußen vor dem Fenster stand, haben wir gewusst, dass es nicht reicht. Die Sicherungen für das Erdgeschoss seien herausgeflogen. Mit Kabeln aus dem Obergeschoss gelang es aber, die Pumpe am Laufen zu halten – zumindest so lange, bis der Strom komplett ausfiel. „Wir haben die Feuerwehr gerufen, aber dort lief nur eine Ansage, dass man es später versuchen sollte.“

Tegethoff berichtet, wie man hörte, dass Gegenstände herumschwammen. „Töpfe schepperten in den Schränken, die Schubladen liefen voll, Möbel kippten um.“

Pokal: Abgesagt

Der Fußballkreis Euskirchen reagiert auf das verheerende Hochwasser in der Region. So sind sowohl das Pokalendspiel am Samstag in Bessenich zwischen dem SV Bessenich und dem SC Germania Erftstadt-Lechenich als auch die komplette erste Runde im Kreispokal abgesagt worden. (tom)

Am nächsten Morgen habe das Wasser bei 1,20 Metern gestanden und sei nach und nach zurückgegangen. Als Tegethoff und seine Frau die Kinder zu den Großeltern brachten, schlug das Schicksal erneut zu. Unter Tränen erzählt er, dass Plünderer die Abwesenheit ausnutzten und die Wertsachen der Familie mitnahmen: „Das muss man sich mal vorstellen, wir haben die ganzen Sachen, Laptops, Elektronik, Wertsachen nach oben getragen, um sie zu retten. Und dann kommen solche Leute und stehlen genau diese Sachen.“ Der Familienvater braucht kurz, um sich zu sammeln. „Auf den Festplatten waren Familienfotos, aus Urlauben, von meinen Kindern. Das Unwetter hat schon so viele Erinnerungsstücke genommen, die zerstört wurden. Und jetzt werden wir noch bestohlen.“

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Trotz alldem gibt die Familie nicht auf und räumt das Haus aus – ein Spiegel für die allgemeine Stimmung in Euskirchen. Auch Canosa bestätigt: „Irgendwas muss man ja jetzt machen. Wir können ja nicht einfach tatenlos rumsitzen.“

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