Die Suche nach einem Nachfolger verlief für Familie Böhmer aus Nettersheim erfolglos. Nachwuchskräfte gehen lieber in die Industrie, sagt der Meister.
HandwerkWarum die Landmetzgerei Böhmer aus Nettersheim den Betrieb einstellt

Hans-Peter und Marlene Böhmer (v.l.) schließen ihren Metzgereibetrieb in Nettersheim. Tochter Daniela Schmitz, die zuletzt in der Produktion tätig war, gehörte ebenfalls zum insgesamt 15-köpfigen Team.
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An Heiligabend ist Schluss: Nach 25 Jahren schließen Hans-Peter und Marlene Böhmer am kommenden Mittwoch zum letzten Mal die Tür ihrer Metzgerei in der Klosterstraße hinter sich ab. „Wir gehen in Rente“, sagen die Eheleute, die beide in diesem Jahr ihren 67. Geburtstag gefeiert haben.
„Gewünscht hätten wir uns natürlich, dass wir den Betrieb an einen Nachfolger übergeben können“, berichtet Metzgermeister Hans-Peter Böhmer: „Wir haben auch schon vor rund zwei Jahren mit der Suche nach einem Interessenten begonnen – sind aber leider nicht fündig geworden.“ Auch die Kinder der Böhmers hatten andere Pläne.
Im Team der Nettersheimer Metzgerei ging es familiär zu
„Ursprünglich war vorgesehen, dass mein Bruder, der eine Metzgerlehre absolviert hat, zusammen mit mir den Betrieb fortführt“, sagt Tochter Daniela Schmitz. Die hatte an ihre Erzieherinnen-Ausbildung noch eine Lehre zur Fleischfachverkäuferin angeschlossen, als die Eltern den Betrieb in Nettersheim übernahmen. „Allerdings habe ich in den vergangenen Jahren nicht mehr im Verkauf, sondern in der Produktion mitgearbeitet, weil dort Not am Mann war“, so Schmitz. Was sie künftig machen werde, sei noch nicht entschieden.
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„Zum Glück sind fast alle Mitarbeiter aus unserem Team versorgt oder gehen ebenfalls in den Ruhestand“, ergänzt Marlene Böhmer, die vom familiären Betriebsklima in der „Landmetzgerei“ schwärmt: „Mit den Kolleginnen aus dem Verkauf haben wir jedes Jahr von den Trinkgeldern einen Betriebsausflug organisiert.“ Zum Abschluss in diesem Jahr habe es sogar zwei Fahrten gegeben. „Erst kürzlich haben wir den Monschauer Weihnachtsmarkt besucht“, so die Chefin des Verkaufsteams.

Daniela Schmitz ist gelernte Fleischfachverkäuferin, half ihrem Vater in den vergangenen Jahren jedoch wegen Personalmangels in der Produktion.
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Ein festes Ritual sei auch die gemeinsame Frühstückspause gewesen. „Wir waren schon ein gutes Team und haben auch gerne zusammen gelacht – wie in einer großen Familie“, sagt Marlene Böhmer bereits etwas wehmütig. Insgesamt habe der Betrieb zuletzt 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezählt.
Hans-Peter Böhmer hatte zunächst an gleicher Stelle im Vorgängerbetrieb der Familie Pütz in Nettersheim gearbeitet. „Als die in den Ruhestand gegangen sind, habe ich noch die Meisterschule besucht und dann die Metzgerei übernommen“, berichtet der Nettersheimer, der seinen Beruf immer mit viel Liebe ausgeübt hat, wie er berichtet.
Arbeitsplätze in der Industrie attraktiver als Lebensmittel-Handwerk
Deshalb kann er auch nicht verstehen, dass niemand den Betrieb und seine zahlreichen Stammkunden aus Nettersheim und vielen umliegenden Orten habe übernehmen wollen. „Das ist mir zu viel Arbeit oder zu viel Verantwortung, haben einige gesagt, mit denen wir gesprochen haben“, so Böhmer: „Viele junge Metzger wechseln nach ihrer Ausbildung auch lieber in die Lebensmittelindustrie, wo sie ein geregeltes Einkommen und attraktivere Arbeitszeiten haben.“
Auch die immer zeitraubendere Bürokratie und striktere Hygienevorschriften würden nicht unbedingt dazu beitragen, die Berufe des Lebensmittel-Handwerks für den Berufsnachwuchs attraktiver zu machen, beklagt Böhmer: „Dabei sollte doch eigentlich alles vereinfacht werden.“
Daniela Schmitz, die in den vergangenen Jahren ihren Vater und das Team in der Produktion von Würsten und Fleischwaren aller Art unterstützt hat, schwärmt ebenfalls vom Metzgerhandwerk: „Das ist zwar eine körperlich schwere Arbeit, das stimmt schon. Aber es ist trotzdem ein sehr schöner Beruf, in dem man auch sehr kreativ sein kann.“

