Johanna Buderath ist unweit der Talsperre aufgewachsen. Sie entwickelte das Kunstprojekt und lud Interessierte zu einem Audiowalk ein.
KunstprojektSoundcollage aus Erinnerungen an die Steinbachtalsperre ist online hörbar

Mit Funkkopfhörern ausgestattet, ging es an die Steinbachtalsperre. Unterwegs lauschten die Gäste der Soundcollage.
Copyright: Clara Plancq/zfz Bochum
„Die Steinbachtalsperre verändert ihre Gestalt. Eine unwirkliche Fläche mit Wildwuchs, kleinen Bächlein und Trampelpfaden“, schreibt Johanna Buderath in ihrer Projektbeschreibung zu einer außergewöhnlichen Kunstaktion an der brachliegenden Talsperre: „Seit der Flut 2021 ist die Steinbachtalsperre von einer Selbstverständlichkeit zum Sehnsuchtsort geworden.“ Sehnsuchtsort und Mahnmal zugleich, sei sie in der Region auch zum Politikum geworden: Die einen wünschen sich die Talsperre zurück, wollen neue Erinnerungen an den grünen See knüpfen. Die anderen wollen das Wasser nicht mehr zurück, das für die Zerstörung von Häusern und Leben stehe.
„Grüner See“ ist der Titel des Projekts von Johanna Buderath, die in Kirchheim groß geworden ist, wo ihre Familie seit Generationen einen landwirtschaftlichen Betrieb führt. Die heute 36-Jährige hat am Emil-Fischer-Gymnasium ihr Abitur gemacht, anschließend in Maastricht und Bochum studiert.
Unterschiedlichste Blickweisen auf das Euskirchener Naherholungsgebiet
Das Thema „Wasser“ begleite sie geraume Zeit, erzählt Buderath. Aus der Beschäftigung mit dem Element entstanden verschiedene künstlerische Projekte. Eine vom Goethe-Institut geförderte Forschungsreise führte sie mit einem Segelboot über den Atlantik sowie in verschiedene Länder. Dort versuchte Buderath, sich über den Austausch mit Einheimischen deren Haltung und Sichtweisen zum Wasser anzunähern.
Ähnlich verfuhr sie auch mit der Arbeit zur Steinbachtalsperre: Mittels eines Fragebogens machte sie sich auf die Suche nach Erinnerungen und Geschichten verschiedener Generationen zu dem Ort, um so die Bedeutung des Stausees erfahrbarer zu machen. „Die Geschichten im Wandel der Zeit zeigen, wie sich Lebensführung und klimatische Veränderungen auf das Erleben auswirken.
Alte Augen beginnen zu glänzen, wenn sie vom Schlittschuhfahren auf der zugefrorenen Eisfläche berichten. Junge Münder fluchen über das Funkloch, das einem die Bier-Nachbestellung bei Freundinnen und Freunden erschwert“, heißt es in der Projektbeschreibung. Mit den Interviewfragen sollte ein Kanon entstehen, der vielschichtige Perspektiven auf den einstigen Naherholungsort gibt.
Rund 50 Menschen lauschten über Funkkopfhörern der Collage
Die Antworten verarbeitete Johanna Buderath im Tonstudio zu einem experimentellen Hörstück, das einzelne Erinnerungsfetzen und Sinneseindrücke zu einem collagenhaften Ganzen zusammenfügt. Insgesamt 50 Menschen nahmen – aufgeteilt in zwei Gruppen – an dem Audiowalk „Grüner See“ an der Steinbachtalsperre teil. Über geliehene Funkkopfhörer lauschten sie der Audio-Collage, die mit sanftem Wasserplätschern unterlegt ist.
Eine Ich-Erzählerin, die in sich alle Gedanken, Anekdoten und Erfahrungen zur Steinbachtalsperre vereint, spricht, singt, murmelt und rezitiert: von nächtlichem Schwimmspaß im See, von den Sternen, die alles bezeugten, von der Leichtigkeit, die Wasser bringt, wenn man darin schwebt, von Abkühlung, Ruhe, von den Schwalben, die knapp über der Seeoberfläche fliegen, und den glitschigen Schnecken, die nach dem Regen über die Wege rund um die Talsperre kriechen, von verschluckten Kaulquappen, Nachtwanderungen und nervigen Spannern.
Gefragt, ob sie nun ausreichend zum Element „Wasser“ gearbeitet habe, antwortet Johanna Buderath: „Ich glaube, ich bin noch nicht ganz durch mit dem Thema. Jetzt mache ich erst mal eine Pause, aber ich habe schon wieder einige Ideen für neue Projekte.“
Die Soundcollage kann auch online angehört werden
Johanna Buderath studierte in Maastricht und Bochum. Die Kulturwissenschaftlerin, Szenografin und freie Kunstschaffende realisiert künstlerische Projekte, gibt kulturpädagogische Workshops und entwickelt szenografische Konzepte für freie Theatergruppen.
Buderath arbeitet gerne interdisziplinär und multimedial. Das Projekt „Grüner See“ an der Steinbachtalsperre wurde vom Verein zfz Bochum gefördert sowie mit Bundes- und Landesmitteln und Zuschüssen der Leader-Region Voreifel. Der Spaziergang mit der Soundcollage „Grüner See“ entlang der leeren Steinbachtalsperre wird eventuell noch einmal angeboten. Ein Termin steht noch nicht fest. Bis dahin kann man sich das 21-minütige Werk im Internet anhören.

