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Jahrestag der PogromeJunge Euskirchener erinnern an Verbrechen der Nationalsozialisten

3 min
Ein Blick in den Saal des Casinos, in dem das Publikum in Stuhlreihen sitzt.

Das Euskirchener Casino war gut gefüllt bei der städtischen Gedenkfeier am Jahrestag der Pogromnacht.

Schülerinnen und Schüler gestalteten in Euskirchen die Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen. Das Casino war gut gefüllt.

Salmen Gradowskis Frau, seine Mutter, zwei Schwestern, Schwager und Schwiegervater – sie alle wurden in Auschwitz von den Nationalsozialisten ermordet. Ihn selbst hatten sie einem Sonderkommando zugeteilt. Seine Aufgabe war es, Häftlinge in die Gaskammer zu begleiten und ihre Körper nach der Vergasung zu verbrennen.

So wurde der polnische Jude, gegen seinen Willen, Teil der Mordmaschinerie und gleichzeitig als unmittelbarer Zeuge furchtbarer Verbrechen zum Chronisten des Genozids. Heimlich dokumentierte er das Grauen. Seine Aufzeichnungen vergrub er – geschützt in einer Hülse. Sie wurden, wie von ihm erhofft, später entdeckt. Gradowski war zu diesem Zeitpunkt tot. Die Nazis hatten auch ihn ermordet.

Salmen Gradowski wusste, dass die Nazis ihn umbringen würden

„Ich möchte dies, sowie auch zahlreiche andere Notizen, als Andenken für die zukünftige Welt des Friedens hinterlassen, damit sie erfährt, was hier geschehen ist“, hatte er geschrieben, „wissend, dass er selber dem Terror nicht entgehen würde“. So formulierte es Michael Mombaur am Montagabend im Euskirchener Casino, als er von Gradowskis Tagebuch erzählte.

Mombaur, Leiter des Gymnasiums Marienschule, eröffnete die Feier, mit der die Stadt Euskirchen am Jahrestag der Pogromnacht der Opfer der nationalsozialistischen Gräueltaten gedachte. „Jedes Erinnern zählt. Gerade, aber nicht nur rund um den 9. November“, sagte er und rief dazu auf, Flagge zu zeigen für Demokratie und Toleranz und gegen Rassismus und Antisemitismus.

Frauen und Männer stehen, mit Kerzen in der Hand, singend in einer Reihe.

An der Gedenkstätte der Synagoge wurde das Programm mit Gebeten und Gesang abgerundet.

Das Programm gestalteten Schülerinnen und Schüler des Emil-Fischer-Gymnasiums (EFG), der Marienschule, der Kaplan-Kellermann-Realschule und der Geschwister-Graf-Gesamtschule. Vor der Bühne platzierten sie Stelen, angelehnt an das Holocaust-Denkmal in Berlin. Sie hatten sie mit ganz unterschiedlichen künstlerischen Motiven versehen, etwa mit Bildern von Synagogen und Vernichtungslagern, um an die untergegangenen jüdischen Gemeinden, an die Pogrome und andere Verbrechen der Nazis zu erinnern.

Ihre Wortbeiträge widmeten die jungen Leute dem Thema „Vergessen – oder besser: Was wir nicht vergessen dürfen“, sagte Bürgermeister Sacha Reichelt mit dem Hinweis darauf, dass kaum noch Zeitzeugen leben. Er betonte, wie froh er über den großen Andrang im Casino sei, und lobte das Engagement der Schüler und Schülerinnen.

Schülerinnen und Schüler gestalteten das Programm mit Wortbeiträgen und Musik

Jeweils nach der Einleitung „Ich will mich erinnern, weil . . .“ machten sie deutlich, warum es in ihren Augen so wichtig ist, den Terror der Nationalsozialisten einerseits und die Opfer andererseits nicht zu vergessen. Andere Schüler trugen Passagen aus „Margarethes Wolken“ vor, einem Buch von Maria Josefa Martinez, wieder andere musizierten auf Geige und Akkordeon, während EFG-Musiklehrer Martin Baack am Flügel Werke von Bach und Debussy sowie als Uraufführung eine eigene Komposition beisteuerte.

Danach zogen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zur Gedenkstätte der Synagoge in der Annaturmstraße. Sie stellten Kerzen am Mahnmal mit dem siebenarmigen Leuchter ab, nachdem der katholische Pfarrer Tobias Hopmann und sein evangelischer Kollege Frank Thönes das Programm mit Gebeten und Gesang abgerundet hatten.