Tuchfabrik MüllerEuskirchener Museum lädt zum Tüfteln ein

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Mädchen und Jungen beobachten, wie eine Kugel durch den Parcours läuft. Die Spannung ist an ihren Gesichtern abzulesen.

Im LVR-Industriemuseum in Kuchenheim eröffneten Kinder die Ausstellung „Probiert? Kapiert!“, indem sie eine Kettenreaktion auslösten. Den Parcours hatten sie selbst gebaut.

Das LVR-Industriemuseum in Kuchenheim hat die Ausstellung „Probiert? Kapiert!“ eröffnet. Das Publikum ist zum Mitmachen aufgefordert.

Wenn früher in der Tuchfabrik Müller in Kuchenheim eine Maschine den Geist aufgab, fragten die Arbeiter entweder Kollegen um Rat oder sie tüftelten selbst, bis der Defekt behoben war. Auch andere Herausforderungen gehörten in dem Betrieb zum Alltag, etwa wenn es darum ging, ein möglichst festes Gewebe herzustellen oder schwere Waren zu transportieren.

An die entsprechenden Fragen und Antworten knüpft die neue Ausstellung in der ehemaligen Tuchfabrik an. Sie ist einer der sieben Schauplätze, die das Industriemuseum des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) bilden. Die Ausstellung trägt den Titel „Probiert? Kapiert!“, wurde am Freitag eröffnet und ist bis zum 24. August 2025 zu sehen.     

Die Ausstellung in Kuchenheim lädt zum Experimentieren ein

Sie wird in allen sieben Museen gezeigt. Kuchenheim sei die dritte Station, sagte der Leiter des LVR-Industriemuseums, Dr. Walter Hauser. Die Ausstellung werde „überall funktionieren – egal, ob für Fünf- oder Fünfzigjährige“, fügte er hinzu. Der Erfolg ist offenbar auf die Konzeption zurückzuführen: „Probiert? Kapiert!“ ist eine Mitmach-Ausstellung, die zum Experimentieren einlädt. Zentrale Themen sind Energie, Transport, Lagerung und Produktion.

Zwei Mädchen steuern mit Seilzügen einen Ball. Er soll in einem der drei unterschiedlich großen Ringe landen, die auf einer Tischplatte platziert sind.

Teamwork ist an den Stationen gefragt, die einen Teil der Ausstellung im LVR-Industriemuseum bilden. Hier muss ein Ball in einen Ring bugsiert werden.

Im ersten Teil werden die Besucherinnen und Besucher an mehreren Stationen aufgefordert, clevere Lösungen für unterschiedliche technische Probleme zu finden. Dabei helfen ihnen unter anderem ein Webrahmen und ein Flaschenzug, Letzterer beim Bewegen schwerer Lasten. „Der erste Schritt ist immer das Ausprobieren mit den eigenen Händen“, erklärte Sonja Faller das Prinzip.

An den Mitmachstationen steht Teamwork im Vordergrund

„Mit Anleitungen haben wir uns bewusst zurückgehalten, jeder soll selbst seinen Lösungsweg finden“, sagte die Kuratorin der Ausstellung weiter. Im Vordergrund stehe Teamwork, betonte sie. Die Stationen sind so gestaltet, dass die jeweiligen Aufgaben am einfachsten – oder ausschließlich – zu lösen sind, wenn mehrere Akteurinnen oder Akteure gemeinsam agieren.       

Dies gilt zum Beispiel für den schwebenden Ball, der in einem Kasten mithilfe eines Systems von Zugschnüren, die über Rollen geführt werden, in einem Ring platziert werden muss. „Im Team könnt Ihr jede Herausforderung meistern“, heißt es auf einer Infotafel, die ein Schaubild zeigt und mit sehr wenig Text auskommt. „Man kommt auch ohne Text ziemlich weit“, erklärte Faller. Das kommt den jüngsten Besuchern der Ausstellung entgegen, die eben schon für Fünfjährige geeignet ist. 

Höhepunkt der Euskirchener Ausstellung ist der Parcours für Kettenreaktionen

Als Höhepunkt des Besuchs wartet im zweiten Teil der Ausstellung der Bau eines Parcours für eine Kettenreaktion. Dafür steht ein umfangreiches Materialdepot bereit, unter anderem mit Zahnrädern, Rohren, Bausteinen, Bändern, Rollen und Legosteinen, so der Kuchenheimer Museumsleiter Dr. Dennis Niewerth, der zum Auftakt der Eröffnungsfeier sprach.     

Für die Veranstaltung hatte der LVR die 2b der Euskirchener Paul-Gerhardt-Grundschule mit ihrer Klassenlehrerin Ruth Stracke eingeladen, einen Parcours zu konstruieren. Eine Schülerin löste den Startimpuls aus und schickte damit eine Kugel auf die Reise, die schließlich eine Metallspitze so in Bewegung versetzte, dass sie einen Luftballon zum Platzen brachte. Als der Knall ertönte, wussten die Kinder, dass sie mit ihrer Tüftelei rund um Mechanik und Kraftübertragung ihr Ziel erreicht hatten: eine perfekte Kettenreaktion. Lautstarker Jubel brandete auf.

Die Euskirchener Grundschüler hatten großen Spaß

Schon beim Aufbau der Strecke, die zwei Stunden dauerte, hatten die Mädchen und Jungen großen Spaß gehabt – „auch wenn die Bausteine tausendmal umgefallen sind“, wie der achtjährige Yannick mit bewusster Übertreibung erzählte. 

Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt lobte „Probiert? Kapiert!“ als „tolle und spannende Ausstellung“. Als er ins zweite Schuljahr gegangen sei, so Reichelt zu den Kindern, „haben die Lehrer viel erklärt und wir haben vieles in Büchern gesehen und den Stoff dann irgendwann verstanden. Wenn man aber selber etwas ausprobieren durfte, hat man die Sache meistens viel schneller verstanden, ohne dass jemand sie groß erklären musste“, ermunterte der Bürgermeister die Schülerinnen und Schüler, die Mitmachangebote zu nutzen.   

Der LVR hat zu der Ausstellung ein umfangreiches Begleitprogramm zusammengestellt. Kinder können zum Beispiel einen Flippertisch, Automaten oder einen Katamaran bauen, der anschließend im Erftmühlenbach zu Wasser gelassen wird. Und an jedem vierten Sonntag im Monat vom 26. Mai an heißt das Motto „Angestoßen! Kettenreaktion für alle“. Weitere Termine, etwa für Schulklassen oder auch als Team-Event für Erwachsenengruppen, sind nach Anmeldung möglich. Die Details findet man im Internet. Die Öffnungszeiten der Ausstellung:  dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr.

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