Corona-Risiko zu hochLommersumer Nikolaus sagt alle Besuche ab

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Normalerweise trägt Franz-Josef Diefenthal in der Vorweihnachtszeit als Nikolaus fast täglich dieses Kostüm.

Normalerweise trägt Franz-Josef Diefenthal in der Vorweihnachtszeit als Nikolaus fast täglich dieses Kostüm.

Weilerswist-Lommersum – Eigentlich wäre das jetzt seine Zeit: Jedes Jahr um den zweiten Advent herum nimmt sich Franz-Josef Diefenthal extra Urlaub, um die Tage bis Weihnachten als Nikolaus Familien, Firmen, Altenheime und Vereine mit seiner Anwesenheit zu beglücken. „Ich bin selber mit einem Nikolausbesuch aufgewachsen, für mich ist es Vergnügen und Brauchtumspflege zugleich“, erzählt der Lommersumer, der im echten Leben Regierungsbeschäftigter in der Finanzverwaltung ist.

Angefangen hat alles mit den eigenen Kindern, für die er den Nikolaus spielte. Nachdem er über einen Freund an ein hochwertiges Theaterkostüm gekommen war, „eben kein Weihnachtsmannkostüm, sondern ein Bischofsornat mit Stab und Mitra“, setzte er spaßeshalber eine Anzeige auf die Online-Plattform „Ebay Kleinanzeigen“.

Seit fünf Jahren bei Familien, in Seniorenheimen und auf Weihnachtsfeiern

Die Resonanz war beachtlich. Und so wurde aus einer spontanen Idee ernst: Seit fünf Jahren tourt der 51-Jährige mit großem Vergnügen durch Häuser, Vereinsheime und Senioreneinrichtungen im Kreis Euskirchen, in Bonn, Köln und Düsseldorf.

„Am liebsten besuche ich Familien mit kleinen Kindern“, so Diefenthal. Dabei überlässt er lieber nichts dem Zufall: Eltern erhalten vorab einen Steckbrief, in dem sie wichtige Eckdaten über ihren Nachwuchs eintragen müssen. Und auch ein Handout für die Rahmenbedingungen des Nikolausbesuchs wird mitgeliefert. Unter anderem steht darin: „Bieten Sie mir im Beisein der Kinder bitte nichts zu essen und auch keine Getränke an. Der Nikolaus als himmlisches Wesen nimmt keine Nahrung zu sich. Vor allem aber geht das mit dem falschen Bart nicht...“

Mittlerweile hat Diefenthal Routine, und manche Fehler passieren nur einmal: „Ich trage keine Turnschuhe mehr, auch keine Armbanduhr. Und seitdem ich einmal von einem Kind gefragt wurde, wo denn mein Schlitten stehe, parke ich meinen Corsa immer um die nächste Ecke.“ Wissen will er vorab auch, ob es in der Familie kürzlich einen Todesfall gegeben hat, „damit ich nicht durch Kinderfragen kalt erwischt werde“. Tatsächlich hatte einmal ein Kind wissen wollen, ob der himmlische Mann denn dem gerade verstorbenen Kaninchen schon begegnet sei.

Grundsätzlich ein lieber Nikolaus

Grundsätzlich, so Franz-Josef Diefenthal, sei er ein lieber Nikolaus – keiner, der Kindern Angst einjage. Tatsächlich gebe es bisweilen „schräge Anfragen“ in diese Richtung, aber was Eltern an 364 Tagen im Jahr nicht hinbekämen, könne und wolle er nicht an einem Abend richten. Bei Feiern mit Erwachsenen aber dürfte es ruhig auch mal etwas deftiger werden: „Ich hätte dieses Jahr das zweite Mal einen Auftritt bei der Weihnachtsfeier eines Boxclubs gehabt.“

Hätte. Wenn nicht Corona dazwischengefunkt hätte. Das zweite Jahr in Folge hat Franz-Josef Diefenthal alle Termine abgesagt. „Angesichts der aktuellen Entwicklung dürfte die Nikolaus-Aktion inzwischen für alle Beteiligten als unangebracht angesehen werden. Das Risiko ist es einfach nicht wert“, so der Lommersumer. „Ich kann nicht zu Familien mit ungeimpften Kindern gehen und ein paar Tage später in Familien, in denen die Großeltern mit in einem kleinen Raum sitzen. Oder in ein Seniorenheim. Das wäre unverantwortlich.“

Nicht alle reagieren verständnisvoll

Nicht jeder könne das verstehen, so der 51-Jährige. Auch auf seine Anzeige hin, in der er die 2G-Regelung als zwingende Voraussetzung für einen Besuch des Nikolauses einforderte, erhielt er teils höhnische Kommentare. „Ich lasse mich da aber auf keine Diskussion ein“, so der Lommersumer klipp und klar.

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All jenen, die nun ohne den Besuch des himmlischen Mannes mit dem goldenen Buch und dem Geschenkesack auskommen müssen, rät Diefenthal zur Rückbesinnung auf altbewährte Rituale: Schon früher habe man den Nikolaustag damit begangen, die Schuhe vor die Tür zu stellen oder Socken aufzuhängen.

„Vielleicht sieht es nächstes Jahr ja besser aus“, so Franz-Josef Diefenthal, der sein Kostüm sorgfältig verpackt zurück in den Kleiderschrank gehängt hat. „Ich befürchte jedoch“, so der Lommersumer Nikolaus, „dass uns das Virus im gleichen Maße erhalten bleiben wird wie Egoismus, Populismus und Querulantentum.“

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