Ganz nah dran am 1. FC KölnLommersumer produziert Klub-Doku „24/7 FC“

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Transportkiste mit Geißbock: In der Box transportierten Thomas Schlosser und sein Team das Kamera-Equipment unter anderem ins FC-Trainingslager nach Florida.

  • Der Lommersumer Thomas Schlosser produziert seit drei Jahren mit seinem Team die Klub-Doku „24/7 FC“.
  • Die Doku ermöglicht Fans intesive und exklusive Einblicke rund um den 1. FC Köln und der 37-Jährige ist mittendrin.

Es ist mittendrin statt nur dabei – das Team von Flutlichtfilm. Der Lommersumer Thomas Schlosser und Matthias Del Piero und Co. gehören genauso zum 1. FC Köln wie Manager Horst Held, Kapitän Jonas Hector und Geschäftsführer Alexander Wehrle – oder der Zeugwart und der Busfahrer. Seit drei Jahren produziert der Lommersumer mit seinem Team die Klub-Doku „24/7 FC“, die Fans intensive und exklusive Einblicke rund um den 1. FC Köln bietet. „Wir kümmern uns um alles, was mit Bewegtbildern des FC zu tun hat“, erklärt der 37-Jährige. Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der nächsten „24/7“-Episode, die am Dienstag auf der FC-Homepage zu sehen sein wird.

Einblicke ins Privatleben

„Die Story-Line legen wir fest – auch wenn sie oft der sportliche Erfolg oder Misserfolg beeinflusst“, sagt Schlosser. Neben den sportlichen Aufs und Abs dreht sich die Doku um die Spieler, die Einblicke ins Privatleben gewähren. So war in der jüngsten Folge Sava Cestic zu sehen, wie der 19-Jährige in eine neue Wohnung zog und gleichzeitig die schlechte Leistung beim 0:3 in Hoffenheim samt Auswechslung vor der Halbzeit zu verarbeiten hatte. „Bisher hat sich noch kein Spieler beschwert, dass wir eine Szene dringelassen haben“, erzählt Schlosser. Die Doku sei darauf ausgelegt, dass sie so transparent wie möglich ist.

Grundsätzlich lasse der Verein das Flutlichtfilm-Team machen. „Die Spieler und die Verantwortlichen vertrauen uns“, sagt Schlosser stolz, der nach seinem Abitur am Emil-Fischer-Gymnasium zunächst zur Bundeswehr gegangen war und dann an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg Technik Journalismus studierte. Und seinen ersten Erfolg als Filmemacher feierte. Zu einem von der FH vorgegebenen Thema drehte der 37-Jährige in seinem Heimatort Lommersum einen Western. In der Westernstadt Lubbock Town. „Mit Pferden und Schießerei. Wenn schon, denn schon“, so der zweifache Familienvater, der mit dem Film den ersten Preis gewann.

Alles zum Thema Jonas Hector

Motivationsvideos in Christoph Daums Auftrag

Mit Bewegtbildern hat Schlossers Karriere beim FC begonnen. Als Student schaute er sich vor zwölf Jahren praktisch rund um die Uhr Fußballspiele an, analysierte Gegner und Akteure. Boris Notzon, der damals als Chefanalyst das sogenannte Sportslab am Geißbockheim entwickelte, holte Schlosser ins Team. Notzon und er kannten sich aus ihrer gemeinsamen Zeit beim SSV Lommersum, in der sie unter Trainer Jürgen Hübner in die Bezirksliga aufgestiegen waren – und dann wieder ab.

Die Partien, die Schlosser analysierte, hielten sich unterm Strich in Grenzen. Schon bald schnitt er mit seinem späteren Geschäftspartner Matthias Del Piero (40) im Auftrag des damaligen Trainers Christoph Daum Motivationsvideos. Anfang 2009 ging das vereinseigene Club-TV auf Sendung. Der frühere Leiter der Medienabteilung, Christopher Lymberopoulos, ließ Schlosser und Del Piero, die längst zu Freunden geworden waren, einfach machen. Und sie erledigten ihre Sache so gut, dass sich das Duo bald selbstständig machte und Rechnungen an den FC schickte.

Wohngemeinschaft und Filmstudio

Die erste eigene vernünftige Ausrüstung kauften sie einem WDR-Kameramann ab, der in Rente gehen wollte. „Die Arbeit wurde immer mehr“, erinnert sich Schlosser, der mittlerweile in Bliesheim lebt, dort noch kurzzeitig für den BCB auf dem Platz stand. Letztlich habe er sich dazu entschlossen, das Studium abzubrechen. Bereut habe er den Schritt nie. Vor drei Jahren zog die Flutlichtfilm GmbH aus dem Büro am Geißbockheim aus und in ein neues an der Sülzburgburgstraße ein.

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Allrounder: Filmemacher Thomas Schlosser schneidet die neueste Episode der Doku des 1. FC Köln.

Das Büro, das gleichzeitig Kreativwerkstatt, Schnittraum und Tonstudio ist, ist eine Mischung aus Hipster-Wohngemeinschaft und Filmstudio. An der Wand hängt ein Poster des Kult-Skispringers Michael Edwards, der als Eddie the Eagle in die Sportgeschichte einging. Vor einem braunen Ledersofa steht ein Tipp-Kick, mit dem die eine oder andere legendäre Partie nachgespielt wird. Und natürlich fehlen auch gerahmte und unterschriebene Trikots nicht – beispielsweise von Simon Terodde und Simon Zoller. Man kann sich in den Räumlichkeiten nur wohlfühlen. Und die Wohlfühlatmosphäre wirkt sich auf die Arbeit der Videoagentur aus, denn die ist hochprofessionell und mit Liebe zum Detail.

„Der letzte Clown“ von Köln

Diese Detailverliebtheit ist unter anderem beim Werbespot für das aktuelle Karnevalstrikot des 1. FC Köln zu sehen. „Der letzte Clown“ von Köln läuft darin melancholisch durch die Domstadt – bis er das neue Trikot überstreift und im leeren Müngersdorfer Stadion steht. Die Stimme aus dem Off kommt von Kasalla-Sänger Bastian Campmann. Und der Clown? Das ist Flutlichtfilm-Mitarbeiter Max Dannecker. „Wir machen hier halt alles“, sagt Schlosser schmunzelnd. Das sei das Schöne an der Arbeit. Sie seien alle Spezialisten mit einem gewissen Allroundtalent. Jeder könne filmen, schneiden, vertonen oder eben mal auf Clown machen.

Mittlerweile umfasst das Flutlichtfilm-Team fünf Mitarbeiter. Das Portfolio ist längst umfangreicher geworden. Zwischenzeitlich war sogar die Deutsche Fußballliga (DFL) als Kunde an Bord. Durch die Corona-Pandemie habe die DFL den Vertrag aber gekündigt. Man selbst sei bisher ganz gut durch die Pandemie gekommen. So wurde mit Radsportler Rick Zabel zusammengearbeitet. Auch mit der Fechterin Alexandra Ndolo drehte man. Zum festen Kundenstamm gehört das Pharmaunternehmen Johnson & Johnson. Der größte Auftraggeber war und ist aber der 1. FC Köln. „Die größte Herausforderung ist es, den Verein so darzustellen wie er ist: liebenswert, ein Wandler zwischen den Extremen“, berichtet Schlosser, während Martin Arlt und Martin Fellner an der neuen Episode der FC-Doku arbeiten.

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„Wer 24/7 FC schaut, spürt, dass unsere Jungs keine abgehobenen Profis sind, denen alles egal ist – sondern, dass sie mit Leib und Seele Fußball spielen“, sagt Manager Horst Held. Der FC sei ein besonderer Club und er sei genau so, wie es in der Doku rüberkomme: mit Stärken und Schwächen und immer emotional. Die Emotionalität habe auch die Flutlichtfilm-Crew schon zu spüren bekommen, sagt Schlosser. Natürlich sei schon mal ein Trikot über die Kamera in der Kabine geworfen worden, wenn der Frust gerade groß gewesen sei. Das gehöre dazu. Schließlich sei es ein großer Vertrauensvorsprung, der ihnen seitens der Spieler und der Verantwortlichen entgegengebracht werde. „Wir sind in der Kabine dabei. Das ist das Heiligtum einer jeder Mannschaft“, sagt der 37-Jährige: „Uns war immer wichtig, dass wir und die Doku nicht als Alibi genutzt werden, wenn es mal nicht läuft.“

Mehr als zwei Stunden vor dem Spiel sei man in der Kabine, befestigte kleine Aktionkameras an der Decke, um beispielsweise die Halbzeitansprache einzufangen. In der Spielzeit 2018/19, in der der FC mit Markus Anfang den Aufstieg vor Augen hatte, den Trainer aber am 31. Spieltag entließ, war ein Saisonrückblick vorgesehen. Der erschien auch, aber anders als geplant. „Wenn kurz vor dem Saisonende der Trainer entlassen wird, dann hast du mitunter viel für die Tonne produziert“, blickt Schlosser mit einem Augenzwinkern zurück. Da sei die Idee gereift, während der Spielzeit einzelne Episoden zu veröffentlichen. Das wird seitdem gemacht.

Feste Ansprechpartnerin am Geißbockheim ist Pressesprecherin Lil Zercher. „Sie ist uns eine große Hilfe“, sagt der Filmemacher, der Dortmund-Fan ist, mittlerweile aber auch große Sympathien für den FC hegt: „Du kannst gar nicht anders als bei dem Verein emotional zu sein.“ Der Titel der Doku gilt ebenfalls für Schlosser und Co. „Wenn was ist, müssen wir da sein“, sagt er. So musste das Team am Mittwoch um Mitternacht zum Corona-Test antanzen, weil es vermeintlich positive Tests gegeben hatte. Die anschließenden PCR-Tests waren allesamt negativ.

Am Samstag stand vor dem Spiel gegen Dortmund der nächste Test an. „Der Vorteil von Geisterspielen ist, dass es keinen Stau auf dem Weg zum Station gibt“, sagt Schlosser: „Das war`s aber auch schon. Wir hoffen, dass die Zuschauer bald zurückkommen – auch wegen der Emotionen.“ Die Emotionen waren am Sonntag bei der Filmcrew vorhanden, denn die Aufnahmen vom BVB-Spiel mussten noch in die neue Episode eingebaut werden. Der FC hatte bis zur 90. Minuten nach einem 0:1-Rückstand mit 2:1 geführt, aber noch das 2:2 kassiert. Eigentlich Stoff für einen eigene Episode. www.flutlicht-film.de

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