„Cold Cases“Polizei wärmt ungelöste Kriminalfälle wieder auf

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Ein Polizeiauto auf der Landstraße.

Cold Cases: Die Polizei ermittelt in Köln in Altfällen. (Symbolbild)

Es war ein Vorfall, der in Vergessenheit geriet - gerade aber in diesen Tagen Erinnerungen weckt. Am 19. April 1993 wird bei einer Verkehrskontrolle in Leverkusen auf zwei Polizeibeamte geschossen. Die Polizisten kommen mit dem Schrecken davon - aber die Täter entkommen. Und das Motiv ist bis heute unklar. Bandenkriminalität? Gar Terrorismus? „Wie wir jetzt gesehen haben - in Rheinland-Pfalz - gibt es sehr nichtige Anlässe“, sagt der erfahrende Mordermittler Markus Weber. Die Frage nach dem Motiv ist eine, die ihn und seine Leute bald sehr beschäftigen könnte.

Eine neue Ermittlungsgruppe der Kölner Polizei soll in den kommenden Jahren ungeklärte Kriminalfälle - wie jenen aus Leverkusen - neu aufrollen. Die Einheit hat bereits am 1. Februar ihre Arbeit aufgenommen und wurde am Dienstag vorgestellt. Die Zeitspanne, in der die Polizisten „Cold Cases“, also „kalte Fälle“, auf neue Aufklärungsansätze abklopfen sollen, ist enorm - sie reicht von 1970 bis 2015. Die Verantwortlichen gehen von mehreren Jahren Arbeit und Dutzenden Ermittlungskomplexen aus, die neu aufzubereiten seien.

„Bedingungsloser Aufklärungswille“ für Cold Cases

Als Grund für das Aufstellen der Einheit, in der fünf Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamte unter Leitung von Mordermittler Weber arbeiten sollen, nannte der Leiter der Direktion Kriminalität, Klaus-Stephan Becker, den „bedingungslosen Aufklärungswillen“ der Todesermittler. Es gehe darum, Täter zur Rechenschaft zu ziehen und den Hinterbliebenen der Opfer Klarheit zu verschaffen. „Die Täter können und dürfen nie glauben, dass sie am Ende ungeschoren davon kommen“, sagte Becker. Kalte Fälle sollten daher nicht kalt bleiben. „Wir tauen diese Fälle wieder auf.“

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Neue Ermittlungsmethoden zur Lösung von Altfällen

Die Ermittler werden dafür ganz aus dem sonstigen Alltagsgeschäft der Polizei genommen. Sie sollen zum Beispiel abklopfen, ob neue technische Möglichkeiten einen Durchbruch bringen können - vor 40 Jahren war die DNA-Analyse beispielsweise noch kein Faktor in der Polizeiarbeit. Da mitunter viel Zeit ins Land gegangen ist, könnten mittlerweile auch Zeugen bereit sein, zu reden, die es einst nicht waren. Oft geht es um Fälle, in denen eine Beziehung zwischen Täter und Opfer schwer zu erkennen ist.

Bei den Polizisten in Leverkusen handelte es sich um ein versuchtes Tötungsdelikt. Bei anderen aber, die in der EG „Cold Cases” Thema werden sollen, gab es Leichen. Etwa eine Prostituierte, die 1992 in ihrem Kölner Appartement erstochen wurde. Per Phantombild wurde damals nach einem „Dirnenmöder” gesucht - ohne Erfolg. In dem Fall könnten nun Spuren neu überprüft werden, um Täter-DNA zu finden.

Cold Cases Köln und Region: Fälle oft Jahrzehnte alt

Ein anderer Fall ist eine 82-Jährige, die 1992 tot in ihrem Haus gefunden wurde. Die Polizei ging davon aus, dass der Täter aus ihrem Umfeld stammte, da keine Aufbruchspuren gefunden wurden.

Ebenfalls in den Akten: Ein Baby, das 2003 im Ort Eckenhagen abgelegt wurde und starb. Und: Eine bereits skelettierte Frauen-Leiche, auf die man 2001 in einer sumpfigen Landschaft stieß. Bislang weiß niemand, um wen es sich handelt. Hier könnte eine neue Methode zur Gesichtsrekonstruktion weiterhelfen.

Cold-Cases-Einheit beim Landeskriminalamt

In NRW gibt es bereits eine Cold-Cases-Einheit beim Landeskriminalamt, bestückt mit einst schon pensionierten Ermittlern. Sie digitalisieren Akten, begutachten Asservate und versuchen, Aufklärungschancen zu erkennen. Mit der Einheit soll die EG „Cold Cases” zusammenarbeiten. „Die bereiten die Fälle im Prinzip für uns vor”, sagte Klaus-Stephan Becker zur Arbeitsteilung. „Aber die eigentlichen Ermittlungen machen wir.”

© dpa-infocom, dpa:220208-99-32248/3 (dpa/lnw)

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