Prozess gegen Leichlinger Sex-TäterDer unheimliche Besucher in Herscheid mit dem Karate-Kick

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Außenansicht des Landgerichts Köln

In kurzen Abständen fiel ein 25 Jahre alter Mann auf. So attackierte er ein Mädchen im Leichlinger Stadtpark. Vor dem Landgericht werden seine Taten nun aufgearbeitet.

Einen Tag, bevor er eine 22-Jährige im Leichlinger Stadtpark sexuell genötigt haben soll, verbreitete ein 25 Jahre alter Mann auf einem Hof in Herscheid Schrecken.  

Erst wirkte der unangemeldete Besucher „ganz normal“, spielte am Tor ein bisschen mit dem Schäferhund-Mischling. Doch kaum hatte der junge Mann am Gartentisch Platz und sich ein Steak vom Grill genommen, wurde es unheimlich. Er sei Opfer medizinischer Experimente, werde von ferngesteuerten Spinnen attackiert, höre Stimmen. „Da wusste ich, dass mit ihm etwas nicht stimmt“, berichtet die Bewohnerin des alten Hofs am Dorfrand. Ihre Tochter, mit der sie auf einer Matte im Hof geturnt hatte, als der Mann an jenem heißen Sonntag im vorigen Juni an den Zaun trat, schickte die 35 Jahre alte Frau lieber rein. Und rief die Polizei.

„Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis die kamen“, berichtet sie am Donnerstag im Kölner Landgericht. Dort arbeitet die 13. Große Strafkammer eine ganze Reihe von Ereignissen auf, die im vorigen Frühsommer in kurzer Folge die Polizei auf den Plan riefen: Eine versuchte Messerattacke auf dem Solinger Rathausplatz, Exhibitionismus, vor allem aber ein sexueller Angriff auf eine junge Frau im Leichlinger Stadtpark werden einem 25 Jahre alten Mann mit brasilianischen Wurzeln vorgeworfen, der nach ärztlichen Diagnosen unter Schizophrenie leidet.

Ein beeindruckender „Roundhouse-Kick“

In Herscheid traf es schließlich die Ordnungshüter: Zunächst habe der Mann auch auf sie normal gewirkt. Aber als er auf die Frage, wer er sei, verschiedene Namen angab, die nicht im Melderegister gefunden werden konnten, sei ihnen klar geworden, dass die Besitzer des Hofs sie sehr zu Recht gerufen hatten, sagt ein Polizist. Daraufhin ließ auch er Vorsicht walten, hielt Abstand. Das war klug: Völlig unvermittelt habe der nicht besonders große Mann einen „Roundhouse-Kick“ angesetzt und ihn mit dem Karate-Move nur deshalb nicht am Kopf getroffen, weil er knapp zwei Meter von ihm entfernt stand. Auch ein zweiter Versuch ging ins Leere, zu einem dritten kam es nicht mehr: Der zweite Polizist hatte den Angreifer zu Boden gebracht.

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Danach sei es erst einmal auf die Wache gegangen. Der Fahrgast wurde sicherheitshalber mit einer Spuckmaske ausgestattet, um weitere Attacken während der Fahrt auszuschließen. Wegen seines Verhaltens und Aussagen, nach denen er sich an diesem Sonntag eigentlich vor ein Auto werfen wollte, habe man einen Notarzt hinzugezogen und gemeinsam entschieden, den Mann in die Psychiatrische Klinik nach Langenfeld zu bringen.

Dort sei er als alter Bekannter empfangen worden, der gerade erst entlassen wurde, berichtet der Polizist. Entgegen ihrer Gepflogenheiten hätten sie den Patienten bis auf die Station begleitet. Noch eine gute Idee: Plötzlich habe er sich losgerissen, wollte nicht in der Klinik bleiben. Am Schluss habe man ihn auf dem Bett fixieren müssen, beschließt der Leichlinger Polizist seine Aussage.   

Zeugen sehen die Attacke im Leichlinger Stadtpark

Der Aufenthalt des Mannes währte nur kurz: Am Mittag des 13. Juni stieg er am Leichlinger Busbahnhof aus, um eine 22-Jährige zu verfolgen. Was genau im Stadtpark auf Höhe der Bücherei geschah, berichten zwei Augenzeugen: Eine Bibliotheksangestellte sah, wie ein Mann ein Mädchen von hinten umarmte und an ihrer Kleidung zerrte. Ihre schwarze Leggings habe er heruntergezogen. Als die junge Frau dann auch noch laut um Hilfe gerufen habe, sei sie eingeschritten.

Der Ruf war auch Anlass für ihren Kollegen, der im ersten Stockwerk sein Büro hat, die nahe Treppe hinunter zu rennen und der Frau beizustehen. Von oben habe er noch gesehen, dass ihre weißen Kopfhörer durch die Luft flogen. „Das ist keine Kabbelei unter Jugendlichen“, sei ihm klar geworden. Im Park angekommen, habe er die Verfolgung des Aggressors aufgenommen und gleichzeitig den Notruf gewählt. Zu seiner und der Überraschung der Kollegin aus der Bücherei sei der Mann kurz drauf seelenruhig zurück gekommen, habe an der Treppe auf sein Opfer gedeutet und behauptet: „Das ist meine Freundin.“ Natürlich eine Lüge, das sei sofort klar gewesen, bestätigt ihr Kollege aus dem ersten Stock: „Die Dame war definitiv nicht einverstanden.“   

Am Dienstag wird der Prozess gegen den Mann, dem die Abschiebung nach Brasilien droht, in Köln fortgesetzt.

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