„Miljö“ auf der „Schäl Sick“Wenn Leverkusen zum kölschen Wohnzimmer wird

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„Miljö“ im Leverkusener „Scala“.

„Miljö“ im Leverkusener „Scala“.

Leverkusen – Drei warm ausleuchtende Schreibtischlampen und ein Klavier, mehr nicht. So beginnt das „Miljö“-Konzert am Montagabend, wie ein gemütlicher Abend in einem liebevoll eingerichteten Wohnzimmer.

Auf die emotionale Piano-Einlage von Frontmann Mike Kremer folgt der ruhige Gänsehauthit „Et weed alles jod“. Mit dem Auftritt feiert die Band aus Köln den Abschluss ihrer „Hück nor Höösch“-Tour 2019. Das „Scala“ ist dafür eine Bühne, die nicht ansatzweise so pompös daherkommt wie das Kölner Gloria-Theater, in dem Miljö Ende November zu Gast war. Aber: Es ist klein, kuschelig, gemütlich. Ein kölsches Wohnzimmer mitten in Leverkusen.

Anekdoten und Lieder von der „Schäl Sick“

Präsentiert wurde das Best-of einer Bandgeschichte, die viele Jahre vor dem ersten Album „MOMANG!“ aus dem Jahr 2013 begann: Schon in der fünften Klasse haben Max Eumann, Nils Schreiber, Mike Kremer, Sven Löllgen und Simon Rösler zusammen Musik gemacht. In der gemeinsamen WG-Küche wurde einige Jahre später „Miljö“ gegründet. Die Mischung aus Folk, Rock, Akustik und E-Gitarre ist wild, chaotisch und trotzdem irgendwie stimmig – wie eine WG-Küche eben.

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Richtig laut wird es zum ersten Mal bei „Kölsch statt Käsch“, einer Hommage an das einfache Leben, die gleichzeitig ein poppiger Abgesang auf unkölsche Spießigkeit ist. Aber auch sonst gelingt es der Band ausgezeichnet, einem bunt durchmischten Leverkusener Publikum das gesamte kölsche Potenzial zu entlocken – mit einer stimmungsvollen Tango-Variante von „De Welt noch nit jesinn“, dem Schunkel-Animierer „Nie mih su jung“ und der umjubelten, gefühlvoll-musikalischen Autobiografie „Schäl Sick“ in einer Unplugged-Variante.

Die verschmähte rechte Rheinseite „Schäl Sick“ erweist sich auch anekdotentechnisch als hilfreich: In Dünnwald aufgewachsenen, erzählen die Kölner, wie sie als Jugendliche regelmäßig in der Straßenbahnlinie 4 „nach dem Feiern eingepennt“ sind. Aufgewacht an der Endstation Schlebusch mussten sie dann „400 Kilometer durch den Wald“, um am nächsten Morgen Zuhause anzukommen. Eine unerwartete Leverkusen-Connection.

„Schäl Sick“ endet auf einer Zeile, die wie ein Motto daherkommt: „Han immer noch dä Kopp voll Melodie.“ Ein Motto, das ihnen an diesem Abend jeder abkauft. Junge Karnevalsklassiker wie „So lang de Leechter noch brenne“ und „Wolkeplatz“, die Miljö zu einer Bekanntheit des Kölner Karnevals gemacht haben, hob sich die Band für den Schluss auf. Gebraucht hätte es sie nicht, das Scala ist schon vorher „jeföhlt“ mitten in Köln angekommen, zumindest für einen Abend.

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