ADFC-FahrradklimastudieSo bewerten Leverkusener Radfahrer ihre Stadt

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Und nun? Die Verkehrsführung für Radfahrer an Baustellen hat die schlechteste Note der gesamten Umfrage für Leverkusen bekommen.

Und nun? Die Verkehrsführung für Radfahrer an Baustellen hat die schlechteste Note der gesamten Umfrage für Leverkusen bekommen.

Leverkusen – Platz 24 von 41 in der Kategorie der Städte zwischen 100 000 bis 200 000 Einwohner klingt nach Mittelmaß. Die Gesamtnote von 4,14 aber zeigt: Leverkusens Radfahrer sind unglücklich mit der Situation vor Ort. Trotz des großen Mobilitätskonzeptes und diverser Radkampagnen der Stadt haben sich im Vergleich zum letzten ADFC-Fahrradklima-Test von 2018 fast alle Befragungswerte verschlechtert, damals lag Leverkusen auf Platz 21.

Ergebnisse der Befragung

Auf die Frage: „Macht Fahrradfahren Spaß oder Stress?“ tendieren bei einer Note von 3,6 (2018: 3,3) mehr Radfahrende zum Stress. Und vor allem fühlen sie sich kaum als Verkehrsteilnehmer akzeptiert (4,2, 2018: 3,9). Diese Bewertung wiegt besonders schwer, denn in einer Zusatzbefragung gaben die meisten Radfahrer an, dass ihnen am allerwichtigsten wäre, als Verkehrsteilnehmer anerkannt zu werden.

Die Studie

Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zum Radfahrklima weltweit und fand 2020 zum neunten Mal statt. Er wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert.

Mehr als 60 200 Bewertungen wurden in NRW abgegeben – ein Rekord. Die Ergebnisse aus Leverkusen basieren auf der Meinung von 360 Bürgerinnen und Bürgern. Das ist exakt die gleiche Anzahl wie 2018. (stes)

In der Kategorie „Stellenwert des Radverkehrs“ bekommt Leverkusen die Gesamtnote 4,7 – ebenso wie bei der Frage nach den Bemühungen der Stadt für den Radverkehr. Vor zwei Jahren lag der Wert bei 4,4 und hat sich damit noch verschlechtert. Im Bereich der Sicherheit sehen Radfahrer eher weniger Konflikte mit Fußgängern (3,7), mehr stören Hindernisse auf Radwegen (4,7). Die schlechteste Gesamtnote bekommt die Kategorie „Komfort“: 4,7. Bemängelt werden zu schmale oder holprige Radwege und auch der mit 5,1 schlechteste Wert der gesamten Befragung fällt in diese Kategorie: Baustellen lassen sich zu oft nicht gut passieren.

Positives Beispiele: Das Fahrradleihsystem konnte seine Bewertung deutlich verbessern

Positives Beispiele: Das Fahrradleihsystem konnte seine Bewertung deutlich verbessern

Aber auch ein erfreuliche Kategorie gibt es: Die Infrastruktur bekommt die Note 2,9, das Stadtzentrum gilt als relative gut mit dem Fahrrad erreichbar (2,9) und vor allem das Angebot an öffentlich zugänglichen Leihfahrräder hat seine Bewertung deutlich verbessert: Von 4,8 im Jahr 2018 auf 2,4 – der beste Wert in der Befragung. Die Einführung der Wupsi-Räder im März 2019 macht sich also bemerkbar.

Was Radfahrern wichtig ist

Für die Zusatzabfrage zur Bedeutung einzelner Punkte wurde ein Index in vier Stufen zwischen 1 (sehr wichtig) und 0 (unwichtig) angelegt. Am wichtigsten ist den Teilnehmern die Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer und das Sicherheitsgefühl (jeweils 0,91). Es folgen die Konfliktfreiheit zwischen Radverkehr und Autoverkehr und die Hindernisfreiheit auf Radwegen (je 0,89), der Winterdienst (0,87) und die Reinigung der Radwege (0,86).

Die City gilt als gut mit dem Rad erreichbar.

Die City gilt als gut mit dem Rad erreichbar.

Auch über Falschparker und schlechte Radwege ärgern sich viele. Als eher unwichtig werden Aktionen und Kampagnen (0,66) sowie die Medienberichterstattung (0,69) eingeschätzt, auch Leihfahrräder (0,49) spielt für viele keine so große Rolle.

Forderungen des ADFC

„Es muss zügig an der sicheren Radweginfrastruktur gearbeitet werden“, fordert der ADFC. An erster Stelle steht die Verbreiterung aller Radwege auf das erforderliche Maß nach ERA 2010. Sichere Radwegverbindung zwischen Schlebusch / Manfort und Fixheide / Quettingen sowie von Lützenkirchen nach Opladen werden ebenso gefordert, wie ein Zubringer zur Radpendlerroute von Opladen nach Wiesdorf. Dazu kommt die Sanierung vorhandener Radwege.

Einschätzung des ADFC

„Alles im allem bleibt festzuhalten, dass für eine fahrradfreundliche Stadt noch viel zu tun ist“ schlussfolgert der Leverkusener Radverband. „Deshalb ist es sinnvoll, neben dem vorhandenen Mobilitätskonzept 2030+, einen Masterplan zu erstellen, in dem die Veränderungen zugunsten des Radverkehrs priorisiert und anschließend, ohne politische Kleinkrämerei, sukzessive abgearbeitet werden können.“ Außerdem fehlt dem ADFC eine durchgängige Transparenz in der Radverkehrsplanungen.

Einschätzung der Stadt

Insgesamt sieht die Stadt sich mit dem Mobilitätskonzept 2030+ auf einem guten Weg zu mehr Fahrradfreundlichkeit. Einen ersten Erfolg könne man in der deutlich besseren Bewertung für das Fahrradleihsystem sehen. „Damit wurde bereits vor Inkrafttreten des Mobilitätskonzepts 2030+ begonnen, sodass das Verleihsystem schon mit in die Bewertung des Klimatests 2020 einfließen konnte“, schreibt die Stadt in einer Stellungnahme. Die bereits vorhandenen 300 Wupsiräder werden noch in diesem Jahr durch weitere 30 Leih-E-Bikes und zehn Lasten E-Bikes ergänzt.

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Da das städtische Mobilitätskonzept 2030+ erst im Juni 2020 durch den Stadtrat beschlossen wurde, befinden sich viele der Maßnahmen noch in Planungs- oder anfänglichen Umsetzungsphasen. „Die Maßnahmenliste der Gewinnerstädte beim Test sind durchaus vergleichbar mit dem vom Rat beschlossenen Mobilitätskonzept 2030+“, schreibt die Stadtverwaltung. Daher sei es nun wichtig, sie zügig umzusetzen. Der FDP geht das nicht schnell genug. „Das Ergebnis zeigt, dass das Bekenntnis der Stadtspitze zum Fahrradverkehr leider ein Lippenbekenntnis ist“, so die Fraktionsvorsitzende Monika Ballin-Meyer-Ahrens. Sie fordert die Kommunalpolitiker auf, selbst häufiger Rad zu fahren, um die Mängel besser zu erkennen.

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