BalkantrasseWarum Leverkusens Grüne eine neue Bahnlinie bekämpfen

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Ein Radler auf der Balkantrasse an der Grenze zwischen Leverkusen und Burscheid

Zu eng für Radler, Fußgänger und eine Bahn ist die Balkantrasse – davon sind Leverkusens Grüne zutiefst überzeugt.

Die Idee einer Straßenbahn zwischen Wermelskirchen und Opladen bringt die Öko-Partei in der Chemie-Stadt auf die Palme. 

Roswitha Arnold redete sich in Rage. Am Montagabend befasste sich auch Leverkusens Finanzausschuss mit der Balkantrasse und jener Studie, über die in der Stadt heftigst gestritten wird und derzeit die CDU-Fraktion entzweit. Die Grünen, das machte deren frühere Fraktionsvorsitzende vehement klar, sind einig: Eine Untersuchung, ob auf der früheren Zugstrecke neben Radlern und Fußgängern auch ein Straßenbahngleis Platz hätte, darf es nicht geben. Die Trasse, die nach vielen Jahren im Dornröschenschlaf von Privatleuten wieder in Schuss gebracht wurde, darf nicht angefasst werden. Sie soll nicht mehr sein als eine vergleichsweise bequem zu befahrende Pendlerroute zwischen Wermelskirchen, Burscheid und Opladen. 

„Wir wissen doch, was bei einer Studie herauskommt“, legte sich Arnold fest: Die Balkantrasse sei viel zu schmal, um auch noch ein Gleis unterzubringen. Und: Eine eingleisig verkehrende Straßenbahn werde von Pendlern mit Sicherheit niemals als ernstzunehmendes Verkehrsmittel akzeptiert. Das alles weiß Arnold – wohlgemerkt, bevor Fachleute sich die Strecke angesehen haben. In deren Arbeitshypothese ist von einer Straßenbahn die Rede. Dass die Deutsche Bahn die Balkantrasse noch einmal bespielt, wird ausgeschlossen.   

Leverkusen: Die Gegner stehen alleine da

Im Rheinisch-Bergischen Kreis und beim Nahverkehrsveranstalter „Go. Rheinland“ sieht man das völlig anders. Auch in der Nachbarstadt Burscheid gab es allgemein wohlgefälliges Kopfnicken, als der Leiter des Nahverkehrsressorts im Kreis, Benjamin Rombelsheim, das Projekt vorstellte. Kreis und „Go. Rheinland“ wollen die Studie. Sie kostet 150.000 Euro. Und weil die als Straßenbahn angedachte Linie nur Sinn ergeben würde, wenn sie bis Opladen reicht, müsste die Stadt Leverkusen ihren Anteil beitragen. 

Das wollen aber die Grünen auf gar keinen Fall. Auch die FDP hält nichts von dem Plan, ebenso die AfD. In der CDU ist das Meinungsbild gespalten. Die Opladener in der größten Ratsfraktion sind dagegen, Stadtverordnete aus anderen Teilen Leverkusens wollen die Untersuchung. Dass es bei den Sozialdemokraten inzwischen nur Befürworter der Verkehrsstudie für die Balkantrasse gibt, findet die Grüne Arnold geradezu empörend. Die SPD sei „umgefallen“, urteilte die Grüne am Montagabend mit Blick auf einen Ratsbeschluss vom Juni 2022. Mit dem hatten sich auch die Sozialdemokraten gegen eine etwaige Umwidmung des Rad- und Fußweges gestellt. Der Sinneswandel sei wohl nur aus Loyalität gegenüber „ihrem“ Oberbürgermeister geschehen.

Im Leverkusener Rathaus will man die Untersuchung

Allerdings: Nicht nur der Verwaltungschef sieht sich beim Nachbarkreis und der Verkehrsgesellschaft „Go. Rheinland“ im Wort, sondern die gesamte Stadtverwaltung. Daran erinnerte am Montag Michael Molitor. Es sei im Rathaus Konsens, „dass wir uns beteiligen sollten, um die Ergebnisse zu haben“. Der Stadtkämmerer ließ auch wenig Verständnis dafür durchblicken, dass eine Anzahl Politikerinnen und Politiker kein Interesse an Erkenntnissen aus einer ergebnisoffenen Studie haben. Für die Stadtverwaltung sei klar: „Es wäre nicht schlecht, wenn wir Daten haben.“    

Roswitha Arnold braucht die ebenso wenig wie der verkehrspolitische Sprecher ihrer Fraktion, Christoph Kühl. Für ihn steht fest: „Die Balkantrasse ist ein Panoramaweg für Radfahrende und Fußgänger, und das muss sie auch bleiben.“ Schon jetzt sei es an schönen Tagen zu eng auf der Trasse. Mit einer eingleisigen Straßenbahn würde das Miteinander überhaupt nicht mehr funktionieren. „Mal ganz abgesehen von der jahrelangen Bauzeit: Der ohnehin schon enge Raum müsste noch mehr Bedürfnissen gerecht werden. Zäune müssten errichtet und Tunnel gebaut werden. Die nötigen Eingriffe in die Natur wären heftig“, heißt es bei den Grünen.

Auch noch neue Parkplätze?

Arnold malte ein Szenerio aus, in dem die Straßenbahn wegen mangelhafter Taktung allenfalls am Wochenende von Ausflüglern genutzt wird. „Dann müssten womöglich noch Parkplätze an der Strecke gebaut werden.“ Bei all dem sehen sich die Gegner einer Öffnung für den Nahverkehr mit dem Förderverein Balkantrasse auf einer Linie. Der fürchtet, dass mit dem Bau eines Gleises der Charakter als Panorama-Radweg zerstört würde. 

Indes: Am Montagabend half das ganze Gift den Gegnern nichts: Neben der SPD und zwei CDU-Leuten stimmten auch Opladen Plus, die Linke und der „Aufbruch“ Leverkusen für die Studie. Das war im Finanzausschuss die Mehrheit. Die endgültige Abstimmung im Stadtrat wird also spannend.

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