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Hinrichtung simuliertDrei Leverkusener peinigten Schüler in einem Rheindorfer Keller

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Das Amtsgericht Leverkusen in Opladen.

Das Amtsgericht Leverkusen in Opladen

Jugendstrafen bekamen drei Leverkusener, die einen Schüler im Keller eines Mehrfamilienhauses an der Memelstraße folterten.

Die Tat im April 2024, wegen der drei Leverkusener Heranwachsende vor dem Opladener Amtsgericht angeklagt waren, ist ein Verbrechen, das man eigentlich nur echten Schwerverbrechern zutrauen kann. Auch wenn sie nach Jugendstrafrecht letztlich nicht besonders hart bestraft werden konnten, gab es deshalb im Urteil zum Schluss noch eine vorausschauende Anordnung.

Das Opfer, ein damaliger Schüler der Rheindorfer Gesamtschule, kannte einen Rheindorfer Marihuana-Dealer, das ist der älteste der drei Angeklagten. Bei dem hatte der Schüler Kifferschulden, unter 50 Euro, dennoch wollte er bei seinem Rheindorfer Dealer noch einmal für zehn Euro etwas Gras auf Kredit holen.

Der Dealer (22) verabredete sich mit dem Schüler, aber er plante gemeinsam mit den zwei Mitangeklagten (19, 21), erstmal seine Schulden einzutreiben: Die drei Männer bestellten den Schüler in die Memelstraße und lotsten ihn in den Keller eines der alten Mehrfamilienhäuser.

Für den Schüler wurde es dort lebensgefährlich, es begann eine Szene wie in einem brutalen Thriller: Als Erstes bekam er einen Schlag ins Gesicht. So eingeschüchtert, wagte er keinen Ausbruch mehr und folgte seinen Peinigern in einen abgelegenen Kellerraum.

Jugendlicher musste sich hinknien und wurde geschlagen

Dort bekam der Schuldner weitere Schläge und auch Tritte vom Dealer und seinen zwei Helfern. Anscheinend hatten die Angeklagten nicht nur vor, die 30 Euro nebst Zinsen zurückzuholen, es muss ihnen um eine extreme Demütigung des knapp volljährigen Schülers gegangen sein: Er musste sich hinknien, musste seine Hosentaschen ausleeren und sollte einem der beiden Helfer auch noch die Hand küssen. Während der seelischen Folter wurde er vom Dealer gefilmt. Der setzte dem Ganzen auch noch die Krone auf, als er eine anscheinend echte Pistole hervorzog und nach Art einer Hinrichtungsszene auf den Kopf des säumigen Kiffers hielt. Einer der beiden Handlanger soll ein Messer vorgezeigt haben.

Dann ließen ihn die drei Täter gehen, gaben ihm aber noch seine EC-Karte wieder; er sollte schließlich die Schulden bezahlen. Alleine seine teuren Ohrhörer fehlten ihm hinterher, Bargeld hatte er nicht bei sich. Außerdem bekam der Schüler eingeschärft, dass er niemandem etwas erzählen dürfe. Daran hielt er sich aber nicht. Schon in der Schule merkte ein Lehrer, dass etwas nicht stimmte, aber erst, nachdem der Schüler zu Hause angekommen war, vertraute er sich seinem Vater an. Der ging mit ihm zum Arzt und zur Polizei.

Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung bei den Tätern fand die Polizei scharfe Pistolen bei dem Dealer, unter anderem einen Schieß-Kugelschreiber.

Szenen haben sich eingebrannt

Ob er nur Minuten oder sehr viel länger im Keller festgesetzt und bedroht worden war, daran erinnerte sich der ehemalige Kollwitz-Schüler nicht, der heute, über ein Jahr später, eine Ausbildung macht. Aber selbst wenn es nur Minuten waren: Die Szene hat sich eingebrannt bei dem Opfer. Er sei nicht mehr derselbe, sagt sein Vater, der Sohn sei zuerst gar nicht mehr alleine rausgegangen. Er hat eine Therapie begonnen, als Zeuge wirkt er noch heute zurückgenommen, spricht so leise, dass er schwer zu verstehen ist.

Weil Vater und Polizei nicht wissen sollten, dass der Junge kifft, bekamen sie die Geschichte zwar erzählt, aber ohne die Anteile, die sich um Drogen drehen. Das kam natürlich vor dem Jugendschöffengericht im Amtsgericht heraus.

An dieser Unstimmigkeit bissen sich die drei Verteidiger der Angeklagten fest, aber sie hatten mit dieser Strategie keinen Erfolg

Das Urteil zeigte, dass der Dealer fürs Gericht der zentrale Täter war. Aber auch Mitläufer sind Täter, ohne die das Verbrechen nicht gelaufen wäre. Einer der Helfer, der einen Intelligenzquotienten von nur 71 habe, wie es hieß, muss zwei Wochen in Arrest verbringen, „um das mal zu sehen“, sagte Richterin Anika Menger. Er und der andere Jugendliche, der sich etwas mehr zurückgehalten hatte, kamen mit Geldzahlungen, Sozialstunden und Verwarnungen davon.  Der Haupttäter bekommt eine strenge Bewährungsstrafe, weil er im vergangenen Jahr eine positive Entwicklung gemacht haben soll. Er muss aber ein Jahr und sechs Monate in Haft, wenn er sich in den nächsten drei Jahren auch nur die kleinste Verfehlung leistet; es reicht, wenn er nicht zum Drogentest erscheint.

Weil in der Tat eine so ungeheure kriminelle Energie steckte, ordnete das Gericht vorausschauend die Entnahme von DNA von allen drei Tätern für die Polizei-Datenbank an.