Kommentar zum Leverkusener Fall ReesWillkür darf nicht über demokratische Rechte entscheiden

Ein Kommentar von
Lesezeit 2 Minuten
Der Leverkusener Ratssaal bei einer Sitzung

Dass die Sitzungen des Stadtrats so lange dauern, kann man nicht nur Benedikt Rees anlasten.

Der Herr gibt, der Herr nimmt: Nach diesem Prinzip verfährt Leverkusens OB Uwe Richrath im Fall des Klimaaktivisten Benedikt Rees. Das ist mehr als bedenklich, sagt unser Autor.

Es war ein mehr als respektabler demokratischer Akt: Nach der vorigen Kommunalwahl räumte der Oberbürgermeister dem einzigen Vertreter der Klimaliste das Recht ein, im Stadtrat Anträge zu stellen. Benedikt Rees hatte sich dafür stark gemacht, natürlich um seinen politischen Aktionsradius zu vergrößern. Er macht davon weidlich Gebrauch. Was nun der Anlass ist, ihm seine besonderen Rechte wieder entziehen zu wollen. Nebenbei: Auch der stramm rechte Markus Beisicht wird darunter leiden und die Ex-Linke Gisela Kronenberg

Thomas Käding

Thomas Käding

Redakteur in Leverkusen und kümmert sich dort um Wirtschaft, das politische Geschehen und alles, was sonst noch interessant ist. Studienabschluss in Politischer Wissenschaft, Sozial- und Wirtschaftsge...

mehr

Das ist mehr als bedenklich. Einmal eingeräumte Rechte verleiht man nicht auf Probe. Und kassiert sie, wenn einem die Art und Weise ihrer Ausübung nicht passt. Erst recht nicht mit dem Argument, dass Rees die Sitzungen des Stadtrats in die Länge zieht. Demokratie ist nichts, was irgendwelchen zeitlichen Fristen unterliegt. Sie ist das Prinzip, nach dem diese Republik funktioniert.

Es geht um das Argument, nicht um das Wahlergebnis

Ebensowenig Kraft hat ein Argument, das von den größeren Fraktionen im Stadtrat gern angeführt wird: dass Benedikt Rees als Vertreter der Klimaliste ja nur 1,5 Prozent der Wählerstimmen hinter sich habe. Es geht bei Anträgen und Wortmeldungen nicht darum, welche Unterstützung man irgendwann für seine politische Grundidee bekommen hat. Ein Argument ist nicht deshalb weniger wert, weil es von jemandem kommt, der eine Minderheit repräsentiert.

Wäre das so, würde der politische Diskurs ausschließlich von der Kraft bestimmt, die bei der vergangenen Wahl die meisten Wählerstimmen hinter sich vereinigen konnte. Das ist in Leverkusen die CDU – die sich dann aber die Frage stellen müsste, wie weit sie denn legitimiert ist angesichts einer Wahlbeteiligung von 48,5 Prozent bei der Stadtratswahl im September 2020. 

Die Mehrheit zählt erst bei der Abstimmung

Das Mehrheitsprinzip kommt erst zum Zuge, nachdem die Argumente ausgetauscht sind. Das ist Demokratie. Deshalb ist es verfehlt, die Erfolgsaussichten von politischen Initiativen zum Kriterium zu machen. Auch das tut Uwe Richrath in seiner Vorlage. Er spielt darauf an, dass die Anträge der Klimaliste in aller Regel keine Mehrheit bekommen. Und sie zu vertreten insofern unnötig ist.

Mag sein, dass Leverkusens Oberbürgermeister mit dem Vorschlag, der Klimaliste einmal eingeräumte Rechte wieder zu entziehen, den Nerv der derzeitigen Mehrheit im Stadtrat trifft. Der Idee der Demokratie erweist er so aber keinen Dienst. Sauberer wäre es, einmal eingeräumte Regeln über die gesamte Wahlperiode gelten zu lassen. Nach der nächsten Wahl kann ein neuer Oberbürgermeister immer noch überlegen, ob er Minderheiten besondere Rechte geben will.  

KStA abonnieren