Missbrauchsprozess BürrigAngeklagter überraschend aus U-Haft entlassen

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Landgericht Köln

Leverkusen – Nach knapp einer Stunde war die Polizeibewachung nicht mehr nötig: Der 47-jährige Angeklagte aus Bürrig – ihm wird sexueller Missbrauch des Nachbarmädchens vorgeworfen – wurde vom Landgericht Köln aus der Untersuchungshaft entlassen. Überraschend hatte das der Vorsitzende Richter am Freitag beim Prozess verkündet.

Grund ist folgender: In drei der fünf Anklagepunkte sei der dringende Tatverdacht nicht mehr begründbar, so der Richter. Es geht hier vor allem um das „Spiel“, das der 47-jährige Familienvater mit der Nachbarstochter gespielt haben soll: Sie sollte ihren Mund aufmachen, er soll etwas hineingesteckt haben, als Belohnung gab es ein Bonbon. Dass es sich dabei um den Penis des Angeklagten gehandelt haben könnte, konnte das Gericht nicht zweifelsfrei feststellen. Auch eine Wiederholungsgefahr hätten die Richterinnen und Richter nicht gesehen.

Frau bricht in Tränen aus

Dem Mann aus Bürrig war die Erleichterung anzusehen, seine Frau brach im Saal in Tränen aus. Doch es blieben am Freitag im Landgericht Köln noch zwei weitere Anklagepunkte auf der Liste.

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Es geht um eine Nacht im Frühjahr 2019, in der Sophie (alle Namen geändert) bei der Nachbarsfamilie übernachtet hatte, in der das Mädchen von unerklärlichen Flecken auf ihrem Gesicht berichtet und meinte, etwas in der Hand gehabt zu haben.

Der Angeklagte bleibt bei seiner Version: Er habe im Badezimmer onaniert, sich mit einem Waschlappen sauber gemacht. Als das Mädchen zu ihm gekommen sei und behauptet habe, einen nassen Fleck auf dem Schlafanzug zu haben – der Angeklagte vermutete hier Milchreis – nahm der Bürriger jenen feuchten Waschlappen und machte sie sauber.

Richter hat Zweifel

Dass das nicht ausreichte, um die Zweifel des Vorsitzenden Richters an dieser Version zu zerstreuen, wurde deutlich. Als „auffällig konstruiert“ hatte er die Einlassung des Mannes bereits nach seiner ersten Aussage am Mittwoch bewertet. „Sie befinden sich an einer Weichenstellung in Ihrem Leben“, machte er dem Leverkusener deutlich und gab ihm erneut die Gelegenheit sich vor Gericht zu äußern – der Angeklagte blieb bei seiner Aussage.

„Ich kann nicht etwas zugeben, was ich nicht getan habe“, sagte der 47-Jährige, korrigierte allerdings am Freitag einige Details im Vergleich zu seiner früheren Aussage. Ursprünglich hatte er die Aussage seiner Frau bestätigt, dass sie beide an jenem Abend Sex gehabt hätten. Dass der Angeklagte nun eine andere Version präsentierte, kann auch Auswirkungen auf die Ehefrau haben, die sich womöglich wegen Falschaussage verantworten muss.

Die Staatsanwaltschaft beantragte in ihren Plädoyers eine Strafe von zwei Jahren mit Bewährung, die Verteidigung plädiert auf Freispruch. Nächste Woche Freitag soll das Urteil verkündet werden.

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