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Amtsgericht LeverkusenEnde einer Ehe, mit einer fliegenden Vase und Ohrfeigen

Lesezeit 4 Minuten
Das Schild „Sitzung“ ist erleuchtet im Amtsgericht Opladen.

Eine mehrstündige Sitzung beschäftigte sich mit einem Fall häuslicher Gewalt.

Eine Ehefrau zeigte ihren Mann wegen eines Gewaltausbruchs an. Das Amtsgericht in Opladen verhandelte den Fall. 

Die Trennung einer Ehe läuft oft nicht ohne Streit ab, wenn aber häusliche Gewalt dazukommt, endet die Sache nicht nur beim Familienrichter, sondern vor dem Strafgericht. Besonders unschön wird es, wenn auch noch die 13-jährige Tochter in den Zeugenstand muss.

Yasser L. (alle Namen geändert) musste sich am Freitag vor dem Amtsgericht in Opladen für einen Gewaltausbruch und zusätzlich für eine Drohung verantworten.

Der 46-jährige Küppersteger hatte sich keinen Anwalt genommen, er manövrierte sich selbst durch die Verhandlung, an deren Ende ihn der Richter zu einer Geldstrafe verurteilte.

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Zuerst schilderte Yasser L. seine Version, er trug das Geschehen aus seiner Sicht ruhig und sachlich vor. Die Trennung der Ehe mit vier Kindern war schon vollzogen, im Mai 2020 sollte die Wohnung geräumt, der Hausstand der Eheleute aufgeteilt werden. Essia L., mit der er zu der Zeit noch verheiratet war, habe das gemeinsame Schlafzimmer zertrümmert, sagt er. Sie behauptet das Gegenteil. Wer dafür nun verantwortlich ist, darüber herrschte auch nach der Verhandlung keine Klarheit.

Vase zerschellte an einer Tür

Auch nicht, wer den oder die andere mit einer schweren Glasvase beworfen hatte, die an einer Tür zerschellte. Wichtiger ist sowieso, ob und wer zugeschlagen hat: Im Streit fielen erst Beleidigungen: Hure, Schlampe, Hund und „Du bist kein Mann“. Geschlagen habe er seine Frau nicht, sagt der eher kleine schlanke Mann, aber ein Attest, weitere Zeugenaussagen und eine erschütternde Tonaufnahme von der Auseinandersetzung sprechen eine andere Sprache: Essia L. hatte, wohl aus Erfahrung Böses ahnend, in ihrer Tasche ein Handyvideo aufgezeichnet.

Das Bild schwarz, aber ihre Schreie wirken nicht gespielt. Er habe ihr Backpfeifen mit der flachen Hand und mehr verpasst. Ein Attest und Fotos bezeugen: sie hatte blaue Flecke, wohl von einem Tritt gegen ihr Bein und am Oberkörper. Nachbarn und eine junge Freundin der Frau verhinderten damals vielleicht Schlimmeres; zwei Männer trennten die keifenden und spuckenden Eheleute.

Die Dinge lagen womöglich schon länger im Argen

Der attestierende Arzt fand zusätzlich ältere Narben von Brandwunden am Handgelenk.

Schon früher sei sie vom Ehemann geschlagen worden, sagt die Frau. „Dieser Mann kennt nur Drohungen“, ihre eigentlich starke und selbstbewusste Stimme bricht kurz, als sie weiterspricht, „ich war 15 Jahre in der Ehe unter Druck, ich kannte die Gesetze nicht, dass man die Frau nicht schlagen darf. Seit ich getrennt bin, habe ich ein neues Leben – ein neues Leben!“ Während sie sich noch ein paar Tränen wegwischt, sitzt ihr Mann auf der Anklagebank, hebt das Kinn und blickt ziemlich starr geradeaus, aber nicht zu ihr.

„Wollen wir sie wirklich anhören?“, sagt der Richter und meint die Tochter. Ihr gegenüber soll Yasser L. eine Drohung gegen den neuen Lebenspartner seiner Exfrau ausgesprochen haben. Weil der Vater aber darauf bestand, musste die 13-Jährige in den Zeugenstand und ihren Vater belasten. Besser für ihn wäre es vielleicht gewesen, wenn der Vater das dem Kind erspart hätte, denn sie bestätigte ihre Aussage, die sie bei der Polizei gemacht hatte.

Das löst eine Traurigkeit in mir aus
Die 13-jährige Tochter

Der Richter legte ihr noch einmal nahe, über eine Aussageverweigerung nachzudenken. In einer ungewöhnlichen Klarheit für ein 13-jähriges Mädchen stellte das Kind zuerst fest, sie sei so erzogen, dass über Dinge geredet werden müsse, die falsch gelaufen seien, deshalb wolle sie aussagen.

Der Vater hatte sie in die Sache hineingezogen. Dem Mädchen soll er gesagt haben, er werde seine Freunde auf den neuen Lebensgefährten hetzen. Auch von Umbringen soll er etwas gesagt haben. „Das löst eine Traurigkeit in mir aus, ich bin ein emotionales Kind“, sagte die 13-Jährige überlegt und klar. Geweint habe sie damals deswegen.

Sollte Yasser L. das Urteil akzeptieren, ist der in finanziell kargen Verhältnissen lebende Mann mit 60 Tagessätzen (1800 Euro) Strafe recht günstig davongekommen. „Schlimm ist, dass sie ihre Tochter da mit hineinziehen, ihre Wut muss bei ihnen bleiben“, gab der Richter dem Angeklagten mit.

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