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Leverkusener Wahlplakate-KritikVon echten Falten und Babyhaut-Retusche

4 min
Das Team der CDU sieht aus wie eine Polit-Boygroup im Anzug, jedenfalls fehlt hier eine Frau auf dem Bild.

Das Team der CDU sieht aus wie eine Polit-Boygroup im Anzug, jedenfalls fehlt hier eine Frau auf dem Bild.

Leverkusener Wahlplakate zeigen echte und retuschierte Politkerporträts.

Es gibt Parteien, für die scheint die Zeit vorbei, als Wahlplakate aussehen, als seien sie in der Neigungsgruppe „VHS-Photoshop, Teil I“ entstanden. Das mag daran liegen, dass man heute eigentlich täglich mit zum Teil komplett künstlichen Bildern aus der KI- konfrontiert wird und viele davon wohl jetzt schon die Nase voll haben.

Zum Beispiel bei der SPD. Man will authentisch sein und lässt Falten auf den Wahlplakaten zu, bei erfahrenen Politikern oder Oberbürgermeistern erst recht, wie der 64-jährige Uwe Richrath auf seinen Plakaten zeigt. Der vermutlich weitgehende Verzicht auf Beautyfilter und Photoshop auf Richraths Wahlplakaten setzte schon bei der Wahl vor fünf Jahren ein. Ein Vergleich zeigt: Der OB ist kaum gealtert. Im Gesicht zeigen sich dieselben Furchen: Am auffälligsten sind die Falten zwischen Augen und Ohren, man nennt sie auch Krähenfüße. Sie sind weitgehend unverändert, die anderen auch: alles weitgehend gleich.

Eine kleine Veränderung hat es in fünf Jahren gegeben: Die sogenannte Zornesfalte zwischen den Augenbrauen lässt man auf den Plakaten viel deutlicher unverändert. Vielleicht liegt’s daran, dass die Probleme auch nicht kleiner geworden sind.

Stefan Hebbel wirkt glatt.

Stefan Hebbel wirkt glatt.

Der Hauptgegner Richraths, Stefan Hebbel, wirkt noch ziemlich babyhaft glatt im Gesicht auf den Plakaten, da scheint man mit dem Foto-Programm etwas nachgeholfen haben. Mit seinen 49 Jahren ist er zwar noch jung, aber die Haut wirkt auf einigen Plakaten arg poliert. Ein Dreitagebart, wie wir ihn von Christian Lindner kannten, ist aber bekanntlich keine Garantie für einen Wahlsieg. Etwas mehr ledriges Cowboy-Feeling statt der makellosen Glätte hätte besser zu dem Satz „Deine Sicherheit ist mein Auftrag“ gepasst, das ist mal sicher.

Ein weiteres Plakat aus der Hebbel-Serie, mit einem dunklen Rand, ist nicht ganz eindeutig, denn der Satz „Für ein sauberes Morgen“ könnte alles Mögliche bedeuten: zum Beispiel das Versprechen sauberer Luft. Oder: Die Teller vom Abendessen räume ich immer ab, damit die Küche morgen zum Frühstück sauber ist. Wahrscheinlich ist es aber noch anders gemeint.

Schlebuscher CDU-Boygroup

Das Großplakat der Schlebuscher CDU ist ein Beispiel, wie man es besser nicht machen sollte: Sechs Schlebuscher Ratskandidaten von der CDU stehen nach Art einer Boygroup oder wie sechs Tenöre mehr oder weniger breitbeinig vor der Villa Wuppermann. Ein fotografisches No-Go: Fast alle haben ganz locker eine Hand in der Hosentasche. „Starkes Team für die Heimat“, steht darunter. Eine Frage stellt sich der Betrachter aber sofort: „Habt ihr eigentlich keine Frauen in der Partei?“

Eins von Stefan Hebbels Wahlplakaten in der Wiesdorfer Fußgängerzone.

Eins von Stefan Hebbels Wahlplakaten in der Wiesdorfer Fußgängerzone.

Man dürfte übrigens alle diese Herren im Sakko wahrscheinlich ohne weiteres duzen, denn von beiden sogenannten großen Parteien wird der Wähler auf den Plakaten in diesem Wahljahr geduzt.

Sven Weiss Wahlplakat nutzt einen Trick.

Sven Weiss Wahlplakat nutzt einen Trick.

Die Nähe, die damit hergestellt werden soll, verkneift sich ausgerechnet der OB-Kandidat der Grünen, Sven Weiss. Sein Porträt steht vor dem Umriss einer grünen Sonnenblume, dem Urbild der Grünen Bewegung. Der Hintergrund ist jetzt allerdings so platziert, dass Weiss wie in einem Strahlenkranz steht, man kennt das eher von religiösen Darstellungen aus der Kirche. Der Plakatspruch lautet: „Sven Weiss macht Leverkusen stark.“ Dann allerdings folgt ein Neben-Slogan, über den man wohl nachdenken soll: „Macht für das Morgen.“

Valeska Hansen setzt „Kinder auf die 1“.

Valeska Hansen setzt „Kinder auf die 1“.

Für die FDP lächelt die Kandidatin Valeska Hansen von den Plakaten. Sie ist die einzige Frau im Rennen um die Stadtspitze und fällt allein deshalb schon auf. Das Bild der 1974 geborenen Hansen scheint, wenn überhaupt, kaum verändert worden zu sein.

Wahlplakat Bild: Ralf krieger

Zu guter Letzt eine Tafel ohne Bild.

Angelo Deckert, Kandidat der Partei, macht sich ehrlich: „Nicht perfekt, aber verfügbar!“ und stellt sich im Bild selbstbewusst vors Rathaus. Die Kandidaten Benedikt Rees (Klimaliste) und Keneth Dietrich (Linkspartei) gehen bisher nicht mit ihrem Porträt in den Wahlkampf, sie zeigen nur Texttafeln. Der freie Kandidat Massimo Nigordi kommt mit einem professionell fotografierten Porträt.

Noch ein Wort zu den Trägermaterialien: Die meisten verwenden Hohlkammerplatten aus Polypropylen, das soll zwar recyclebar sein, in der Regel wird der Kunststoff aber wohl verbrannt. Echte Papp-Plakate verwenden die Grünen und die Klimaliste.