AntragFridays for Future fordert Klimanotstand

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Uwe Richrath nimmt den Bürgerantrag von Charlotte Sannet, Falko Schröder (2.v.r) und weiteren Aktivisten entgegen.

Uwe Richrath nimmt den Bürgerantrag von Charlotte Sannet, Falko Schröder (2.v.r) und weiteren Aktivisten entgegen.

Leverkusen  – Bürgeranträge werden für gewöhnlich im Rathaus eingereicht, von dort an die zuständigen Gremien weitergegeben und zu gegebener Zeit debattiert. Diesen aber nimmt Oberbürgermeister Uwe Richrath persönlich entgegen. Und stellt sich auch direkt der Diskussion.

Der Umschlag, in dem der Antrag steckt, macht direkt klar, dass es sich nicht um eine nette Nachfrage der Leverkusener Fridays for Future Organisation handelt, sondern um eine nachdrückliche Forderung. „Ihr zerstört, was uns ALLEN gehört“, steht in großen Buchstaben auf dem braunen Umschlag. Darin steckt die Forderung an den Stadtrat, für Leverkusen den „Klimanotstand“ auszurufen.

Klima steht an erster Stelle

Klimanotstand

Der Begriff Klimanotstand wurde in Australien geprägt, wo er zum ersten Mal 2009 bei Protesten gegen den Klimawandel verwendet wurde. Es handelt sich dabei nicht um einen rechtlichen Begriff, sondern eher um eine Absichtserklärung.

Eine Stadt, die den Klimanotstand ausruft, erkennt an, das der Kampf gegen die globale Erwärmung höchste Priorität in allen politischen Entscheidungen haben soll. In Deutschland hat Konstanz als erste von bislang zwölf Städten den Klimanotstand ausgerufen. (stes)

„Da von Landes- und Bundesebene nicht viel kommt, wollen wir auf lokaler Ebene die Stimme erheben“, begründet Charlotte Sannet den Antrag, den sie im Auftrag des etwa 40-köpfigen Leverkusener Teams übergibt. Darin steht, dass die Leverkusener Verwaltung und Politik sich verpflichtet, sämtliche Entscheidungen auf ihre Auswirkungen auf das Klima zu überprüfen, Klimaschutzmaßnahmen auszuarbeiten, bereits beschlossene in der Umsetzung zu beschleunigen – und das alles auch auf ansässige Unternehmen zu übertragen.

„Wir wünschen uns, dass es nicht bei einer Floskel bleibt, sondern dass das konsequent umgesetzt wird“, sagt Sannet, nachdem sie gemeinsam mit Falko Schröder die Forderungen für alle noch einmal hörbar vorgetragen hat.

Ende der Parkplatzdiskussion

„Ihr seid eine laute Stimme“, lobt Richrath das Engagement der Jugendlichen. „Ihr fordert mich auf, das durchzusetzen.“ Er selbst beschäftige sich schon lange mit den Folgen der Industrialisierung und spricht über grundsätzliche Probleme der Wertschätzung von Kleidung, Nahrung und Konsumgütern, die der Gesellschaft abhandengekommen sei. Angesprochen darauf, was ein Klimanotstand für Leverkusen konkret bedeuten könnte, sagt er spontan: „Dass ich nicht mehr ständig über Parkplätze debattieren muss.“

Auch für Sannet ist die Parkplatzdiskussion für das Schloss Morsbroich zu einem Symbol für die Umweltpolitik der Stadt geworden. Wenn bei allen Entscheidungen das Klima an erster Stelle stehe, dürften niemals Bäume für Parkplätze weichen. Aber auch Autobahnausbau ist für die Schülergruppe ein Thema, bei dem die Stadt sich viel stärker um die Luft sorgen sollte, als um die Autos.

Lange nach der Jugend gesucht

Naturgut-Leiter Hans-Martin Kochanek ist begeistert von dem jungen Besuch. „Fridays for Future ist das Beste, was es derzeit gibt. Ich freue mich, dass ihr hier seid, ich habe so lange nach euch gesucht.“ In den 80er-Jahren habe er viele Jugend-Umweltschutzgruppen geleitet. „Und auf einmal waren alle weg. Jetzt seid ihr endlich wieder da.“

Die Politik wachrütteln

Die politische Einflussnahme begrüßt er und schätzt auch die Arbeit Richraths. „Aber er ist nur einer und er kann nicht alle alleine überzeugen. Deswegen müsst ihr mit so vielen Menschen wie möglich sprechen, damit alle verstehen, dass dringend gehandelt werden muss.“ Energieexpertin Britta Demmer gab den Schülern noch mit auf den Weg, dass ihre Einflussmöglichkeiten viel größer seien, als sie glauben, auch wenn sie noch nicht wählen gehen dürfen. Zum einen über hartnäckige Gespräche. Zum anderen durch Boykott von Nahrungsmitteln, Kleidung und Produkten, die nicht nachhaltig sind.

Boykott ist eine Pflasterlösung

„Ich tue das, aber für mich ist das immer irgendwie eine Pflasterlösung“, entgegnet Sannet. „Die eigentlichen Probleme liegen beim Produzenten.“ Und mit den finanziellen Mitteln eines Schülers sei das auch nicht dauerhaft umsetzbar, solange nachhaltige Produkte viel teurer seien, fügt Falko Schröder hinzu. Deswegen wollen sie ihre Energie darauf verwenden, die Politik wachzurütteln, und das Problem bei der Wurzel zu packen.

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