Leverkusener Grünen-KandidatinRupy David will Politik aus allen Blickwinkeln machen

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Rupy David kandidiert in Leverkusen für die Grünen und macht Wahlkampf im Opladener Boxring.

Leverkusen – Im Opladener Boxring zählt die Europaabgeordnete Terry Reintke Faktoren auf, die Frauen das Leben in der Politik schwer machen können: Frau sein, Mutter sein, Hautfarbe, Migrationshintergrund.  Ziemlich viele Gründe, die alle auf Rupy David zutreffen, wie die Moderatorin feststellt. „Warum begibst Du dich trotzdem in dieses Haifischbecken?“, fragt sie Leverkusens Grüne Landtagskandidatin.

Weil sie überzeugt ist, dass Politik nur besser werden kann, wenn sie aus allen Blickwinkeln gemacht wird. „Und das ist einer der Gründe, warum ich bei den Grünen gelandet bin“, antwortet David. Weil sich, wenn sie an einem Wahlkampf rassistisch beleidigt wird, sofort ein weißer Mann vor sie stellt und sagt: „So reden wir hier nicht miteinander.“ Und weil es hier viele starke Frauen gibt, die sie zum „Feminist Fight Club“ in den Opladener Boxklub eingeladen hat, um unter dem Motto „Gemeinsam gegen das Patriarchat“ zu diskutieren – auch wenn hier alle in der gleichen Ecke des Rings stehen.

Keine Gymnasialempfehlung wegen der Herkunft

Durchboxen musste die Tochter einer Flüchtlingsfamilie aus Sri Lanka sich schon oft. Immer wieder erzählt Rupy, mit vollem Namen Santharupiny David, dieser Tage die Geschichte: Wie sie, geboren in Deutschland, trotz bester Schulnoten keine Gymnasialempfehlung bekam. „Weil die Lehrer sagten: Die Eltern sprechen kein Deutsch, die können nicht helfen.“ Die haben sich dann „Gott sein Dank“ für die Gesamtschule entschieden und David konnte ihren Weg gehen. Soziale Gerechtigkeit und Bildung unabhängig von der Herkunft – es ist wenig verwunderlich, dass die Mutter eines einjährigen Sohnes dafür ebenso leidenschaftlich kämpft, wie für Frauenrechte und Inklusion: als Schwester einer Schwerbehinderten.

Herzensthemen statt Lobbyismus

Der 33-Jährigen geht es nicht um Lobbyismus, sondern um Herzensangelegenheiten, das merkt man. Und die will sie nun auch mit einer eigenen Kandidatur in die Landespolitik einbringen. 2010 ist sie den Grünen beigetreten, als Büroleiterin der Landtagsabgeordneten Josefine Paul und wissenschaftliche Mitarbeiterin für Sportpolitik der Landtagsfraktion kennt sie sich bereits gut aus in Düsseldorf. Um selbst einzuziehen, müsste sie in Leverkusen aber das Direktmandat holen. Ansonsten müssten die Grünen schon etwa 20 Prozent der Stimmen holen, damit Listenplatz 39 für David reicht.

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Der Wahlkampf fällt nicht immer so leicht wie mit gleichgesinnten Frauen im Boxring. An einem Sonntag im April legt David im Neulandpark mit Elan und einem immer strahlenden Lächeln Picknick-Decken aus. Viele Grünen-Mitglieder bringen Selbstgebackenes vorbei. Unter dem Motto „Setz dich dazu“ will David unkompliziert mit den Menschen ins Gespräch kommen. Das Konzept geht nicht auf. Nach 1,5 Stunden ist das einzige „Gespräch“, das David mit einer Passantin geführt hat, eines per Google-Übersetzung mit einer ukrainischen Mutter. Von der bekommt sie zwar viele Daumen hoch. Aber keine Wählerstimme.

Sie will nicht nerven

Auf den Picknickdecken sitzen ausschließlich Grünen-Mitglieder, auch David sitzt teilweise mit dem Rücken zum Gehweg. Claudia Wiese ist die einzige, die immer wieder versucht, Passanten mit Flyern zu erreichen. Vergeblich. An einem sonnigen Sonntag im Park steht den Menschen der Sinn nicht nach politischen Debatten. Da hilft auch kein Kuchen. David hätte hier energischer Auftreten, mehr Passanten ansprechen können. Aber sie will nicht nerven: „Die Menschen sind müde. Pandemie, Hochwasser, Krieg und der Bundestagswahlkampf ist auch noch nicht lange her.“

Mut durch starke Frauen

Sie drängt sich nicht auf, auch wenn sie keine schüchterne Person ist. Wer eine Frage stellt, bekommt eine prompte Antwort. Und eine energische. Autobahnausbau? „Eine Katastrophe für die Stadt. NRW muss zum Land des ÖPNV werden“. Frauen-Quote? „Auf jeden Fall, dazu müssen wir aber auch die Rahmenbedingungen ändern.“ Im Boxring merkt man natürlich, dass Josefine Paul die versiertere Rednerin ist und Nyke Slawik die tieferen politischen Einblicke hat. Aber Rupy David lässt sich davon nicht einschüchtern. Im Gegenteil, die starken Frauen an ihrer Seite geben ihr „Mut und Kraft.“

Talent wird gefördert

Davids Potenzial hat auch die Initiative „Brand New Bundestag“ erkannt, die politische Neulinge zum Beispiel mit speziellen Coachings unterstützt. David wurde als eine von sieben aus mehr als 90 Bewerbungen ausgewählt. Durchsetzen kann sie sich. Nicht nur im Boxring.   

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