ProzessFeuer ging wahrscheinlich von Matratze im Leverkusener Flüchtlingsheim aus

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Ein Feuerwehrmann von hinten vor der Container-Wohnanlage in der Heinrich-Claes-Straße

Die Feuerwehr war nach sechseinhalb Minuten da, konnte den Container im ersten Stock der Anlage an der Heinrich-Claes-Straße aber nicht mehr retten.

Wodurch wurde das Feuer ausgelöst am 1. August 2022 in der Küppersteger Container-Wohnanlage? Endgültige Antworten kann auch der Brandgutachter dem Gericht nicht geben. 

Lars Leidinger lächelt am Montagnachmittag. „Ich hab’s gut. Ich muss nur Zweifel säen.“ Das gelingt dem Verteidiger des 42 Jahre alte Mannes, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, am 1. August vorigen Jahres seinen Wohncontainer angezündet und dadurch Dutzende Mitbewohner in höchste Gefahr gebracht zu haben. Wäre die Feuerwehr nicht schon nach sechseinhalb Minuten in der Heinrich-Claes-Straße eingetroffen – es hätte wer weiß etwas passieren können. 

Aber hat der Mann, der immer wieder in psychiatrischer Behandlung ist, den Brand überhaupt gelegt? Er bestreitet das, und das kann der Brandgutachter des Landeskriminalamts am Montag vor der 10. Großen Strafkammer natürlich nicht widerlegen. Was dem Experten gelingt: nachvollziehbare Mutmaßungen anzustellen, was das Feuer ausgelöst hat.

Dazu seien zwei Versuchsreihen gemacht worden in der Anlage. Ergebnis: Wahrscheinlich ist das Feuer, das den 5,73 Meter langen und 2,22 Meter breiten Wohnraum binnen Minuten komplett zerstörte, von der Matratze ausgegangen. Der Schaumstoff brenne schnell und heftig, wenn denn die Flammen einmal durch den Bezug gedrungen sind, sagt der Experte.

Die Tür stand offen

Schnell und heftig muss es tatsächlich gebrannt haben in dem Container in der ersten Etage: Zwei Sekunden, nachdem der Brandmelder im Raum einen Voralarm auslöste, kam der richtige Alarm. Das zeigen die Werte aus der Brandmeldeanlage. Und wiederum nur 20 Sekunden später löste ein weiterer Melder im Flur des zusammengesetzten Gebäudes aus, in dem vor allem Geflüchtete untergebracht sind.

Damit ist für den Experten auch bestätigt, dass die Tür zur Behausung des Beschuldigten tatsächlich zumindest halb offen stand, als drinnen das Feuer ausbrach. Die Tür mit ihrer Stahlblech-Beplankung und einer umlaufenden Dichtung sei „brandschutztechnisch vorbildlich“, urteilt der Experte. Die müsse schon offen gewesen sein, damit der Rauch so schnell in den Flur dringen konnte.

Zweifel allerdings gibt es an so etwas Grundlegendem wie der Tatzeit: In der Brandmeldeanlage an der Heinrich-Claes-Straße ist 9.24 Uhr hinterlegt, in der Feuerwache 9.46 Uhr. Auch das könnte wichtig sein: Denn um 9.52 Uhr hatte eine Zeugin den Beschuldigten auf der Straße getroffen, keine zwei Fußminuten von seiner Behausung entfernt. Hätte er das Feuer etwa gegen 9.40 Uhr gelegt, wäre die Begegnung zeitlich schlüssig. Wäre es gut 20 Minuten früher gewesen, würde auch das nicht so recht passen.

Allerdings bestreitet der Leverkusener, das Feuer gelegt zu haben. Seine Darstellung: Es sei ihm an jenem Tag schlecht gegangen; deshalb habe er sich kurz vor 10 Uhr auf den Weg in die Langenfelder Landesklinik gemacht. Dort sei er am Nachmittag angekommen.    

Eine weitere Zeugin indes hat im Prozess schon von einer Begegnung um 7 Uhr berichtet. Da habe der Mann, den sie schon lange kennt, ihre Tür eingetreten. Der normalerweise ruhige und umgängliche Kerl neige zu gewalttätigen Ausbrüchen, „wenn es ihm schlecht geht“. Genau so ein Tag war der 1. August vorigen Jahres. Klar ist: Es müssen weitere Zeugen her. Ob sie jeden Zweifel des Gerichts zerstreuen können, ist die Frage. Verteidiger Lars Leidinger könnte es weiterhin leicht haben. 

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