Tanztheater im ForumGlitzernd irrlichtern die barbarischen Nächte durch den Saal

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Tänzer mit glitzernden Masken im Forum

Die Compagnie Hervé Coubi war im Forum zu Gast.

Das Tanztheater der Compagnie Hervé Koubi war mit den „Nuits Barbares“ zu Gast im Forum.

Animalisch kämpft sich die Compagnie Hervé Koubi am Donnerstagabend über die große Bühne des Forums, als wenn die Tänzer sich von der Straße ins Scheinwerferlicht getanzt haben. Das Tanztheater „Les Nuits Barbares“ von Hervé Koubis thematisiert die Konfliktgeschichte des Mittelmeerraums. Menschliche Körper sind plötzlich auf zauberhafte Weise ganz fremd und nicht mehr als solche zu erkennen. Es ist als wäre die Schwerkraft außer Kraft gesetzt. Als gäbe es kein unten und oben mehr. Die dreizehn muskelbepackten Männer begeistern in Leverkusen mit einem Stück voller Maskulinität und Körperbeherrschung.

„Huh“, stoßen die Barbaren tiefe und laute Rufe aus und nehmen das Forum so mit auf eine tänzerische, virtuose Zeitreise. „Barbaren“ bezeichnete ursprünglich Menschen, die der griechischen Sprache kaum oder gar nicht mächtig waren. Und wurde so negativ besetzt, als Bezeichnung für Völker einer „niederen Kultur“.

Säbel reflektieren im Scheinwerferlicht

Angst vor dem Fremden oder gar Fremdenhass ist hochaktuell. In den westlichen Ländern richtet sich diese häufig vor allem gegen Kulturen des Orients. Die Tänzer – oder wie Koubi sie nennt „meine Brüder“ – stammen aus Algerien, Marokko und dem weiteren Mittelmeerraum.

Eine Körperbeherrschung in einem selten gesehen Ausmaß dominiert das Stück. Da stehen und drehen sich Körper minutenlang und atemberaubend schnell im Kopf- oder Handstand. Das Stück holt immer wieder aus, nimmt Anlauf zu einem hoch akrobatischen und dynamischen Feuerwerk.

Die Symbolsprache des Tanztheaters wird ergänzt mit zahlreichen Requisiten. Stöcke, die die Tänzer mitunter nutzen, um meterhoch in die Luft zu schießen, formen sich zu Kreuzen, die über den Köpfen balancieren werden. Säbel, mit denen gekämpft und getötet wird, reflektieren mit ihren Klingen das grelle Scheinwerferlicht durch die Dunkelheit der vernebelten Bühne. Genauso gleich zu Beginn die glitzernden Helme: So liefert Koubi endlose Ansätze, die konkretere Interpretationen zulassen.

Im Wechsel von abstrakten Klängen mit sowohl klassischen als auch traditionellen Musikstücken aus fremden Kulturen erzählen die Männer – meist in der beeindruckenden gesamten Gruppe – die bewegte Geschichte der Kulturen, des Christentums und der vermeintlichen Heiden. Das letzte Bild ist eine große Versöhnung, jeder Tänzer trägt einen der „gegnerischen“ Tänzer über die Schultern gelegt – minutenlang bis das Licht gänzlich verschwindet.

Koubi selbst wurde in Frankreich geboren, seine Eltern sind jedoch algerische Einwanderer. „Es ist auch eine Reise zu meinen Wurzeln“, wie er bei der Einführung auf Deutsch verrät. Sein Ziel sei es nicht, das Trennende zu beschreiben. Sondern die Gemeinsamkeit zwischen dem vermeintlich so „Fremden“ zu zeigen. Tanz sei für Koubi dafür das schönste Mittel, denn „der Tanz hat die Kraft, zusammenzuführen.“

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