Führungskrise in der IHKUnternehmer rügen mangelhafte Kommunikation

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Ellen Lindner, IHK-Geschäftsstelle Leverkusen/Rhein-Berg

Nach nur sechs Monaten musste Ellen Lindner ihren Schreibtisch in der IHK-Geschäftsstelle Leverkusen/Rhein-Berg auf Geheiß aus Köln wieder räumen.

In den Wirtschaftsgremien vertretene Unternehmer beklagen mangelnde Kommunikation und autoritäres Gehabe in der Kammer.

Einige Tage lang hatte es gegärt, nun war es Zeit für eine Krisensitzung bei der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK). Dazu kamen am Donnerstagabend IHK-Präsidentin Nicole Grünewald und Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein nach Opladen, um ein klärendes Gespräch mit den Vorsitzenden der Wirtschaftsgremien aus Leverkusen und den Kommunen des Rheinisch-Bergischen Kreises zu führen. Erst hatte eine Satzungsänderung der IHK bei diesen Unmut ausgelöst, dann die überraschende Abberufung der neuen Geschäftsstellenleiterin Ellen Lindner nach gerade mal einem halben Jahr.

Erst zum Jahresanfang hatte das Kölner Führungsduo Lindner zur neuen Vertreterin der Kammer in Leverkusen berufen, wo diese der 23 Jahre lang wirkenden Eva Babatz folgte. In Unternehmerkreisen erwarb sich Lindner schnell einen guten Ruf, bei der Zentrale in Köln kam ihr Wirken weniger gut an. „Lindner hat einen guten Job gemacht und sich schnell gut eingearbeitet, die nachgeschobenen Gründe für ihre Abberufung wirken vorgeschoben. Sie war wohl nicht konform genug“, so eine Teilnehmerin der Gesprächsrunde in Opladen. 

Karges Statement aus der Kölner Zentrale

„Ellen Lindner wird ihre Expertise ab sofort wieder im Bereich Steuer- und Haushaltspolitik im Geschäftsbereich Beratung und Service unserer IHK einbringen. Für ihr Engagement in der Geschäftsstelle in der Geschäftsstelle Leverkusen/Rhein-Berg sind wir ihr sehr dankbar“, hieß es einer knappen Aussage Vetterleins zu dieser Rückkommandierung. Die lokalen Ansprechpartner, darunter die in den örtlichen Wirtschaftsgremien ehrenamtlich für die Kammer tätigen Unternehmer, erfuhren dies aus der Zeitung.

Verstimmt über das Kölner Regiment waren diese schon vorher. Hatte doch die Vollversammlung der IHK Köln im Frühjahr die lokalen Wirtschaftsgremien aus ihrer Satzung gestrichen – was vielfach als Entmachtung und als Basta-Politik empfunden worden ist.

Der Leichlinger Unternehmer Jens Putzier legte den Vorsitz in seinem Wirtschaftsgremium sogleich nieder, die Leverkusener Unternehmenschefin Natalie Kühn erwägt, dies ebenfalls zu tun. Ihre Einschätzung, dass „das Präsidium ziemlich von oben durchregiert und wenig von Kommunikation hält“, wird von einigen ihrer Kollegen geteilt, die über mangelnde Wertschätzung klagen. „Viele sind frustriert und wollen ihre Ämter niederlegen.“

Die IHK-Präsidentin Nicole Grünewald in der IHK-Köln

IHK-Präsidentin Nicole Grünewald kam zu einem klärenden Gespräch mit den Vorsitzenden der Wirtschaftsgremien am Donnerstagabend nach Leverkusen.

Nicht kommunikativ, zu intransparent, bevormundend, unprofessionell – so wird dagegen das Management der Kammerführung von vielen Unternehmern beurteilt, die aufgrund ihrer Zwangsmitgliedschaft deutlich mehr Dienstleistungsqualitäten und mehr Mitspracherecht erwarten.

Klagen über den Führungsstil

Darüber hinaus sind auch Stimmen aus der Mitarbeiterschaft nach außen gedrungen, die sich über den Führungsstil in der Kölner Zentrale beklagen. Dort herrsche mittlerweile ein Klima des Misstrauens und der Angst. Kompetenzträger, die Bedenken äußerten, würden systematisch aussortiert und mundtot gemacht. Das soll auch eine im Frühjahr durchgeführte Mitarbeiterbefragung durch ein externes Unternehmen ergeben haben, deren Ergebnis aber streng unter Verschluss gehalten wird.

Lindner soll nicht das erste Opfer eines autoritär und cholerisch agierenden Hauptgeschäftsführers Vetterlein gewesen sein, auch wenn es anschließend dann stets heißt, man sei „im Einvernehmen“ auseinander gegangen. Viele Beschäftigte sähen sich aufgrund des ihnen unerträglichen Betriebsklimas nach neuen Aufgaben außerhalb der IHK um, ist mehrfach zu hören. 

Über die Wirkung der „Krisensitzung“ am Donnerstagabend gehen die Meinungen auseinander. Scharfe Kritik wurde an der Kommunikation der Führung geübt. Weitere Aufklärung und Besserung wurden von Präsidentin Grünewald in Aussicht gestellt, was einigen Teilnehmenden allerdings immer noch zu allgemein und unverbindlich erschien.

Auch über die Erklärungen zur künftigen Gremienarbeit gingen die Ansichten auseinander. In jedem Fall bleibt die Stimmungslage angespannt. „Es hat einen enormen Vertrauensverlust gegeben und ein befremdliches Gefühl bleibt“, so das Fazit einer Teilnehmerin der Gesprächsrunde.

Tacheles geredet

Durchaus positive Seiten gewinnt Dirk Emmerich, einer der drei Vorsitzenden des Wirtschaftsgremiums Leverkusen, dem klärenden Gespräch mit Grünewald und Vetterlein ab. „Da ist Tacheles geredet worden, von beiden Seiten“, berichtet er auf Nachfrage. Gut sei, dass die Spitze persönlich angereist sei. „In dieser Runde ist die als völlig unangemessen empfundene Kommunikation zur Gremienarbeit und zu der Leverkusener Personalie deutlich gerügt worden. Und dazu hat die Kammer Besserung in Aussicht gestellt.“

Durch die mangelhafte und verspätete Informationspolitik sei es auch zu Missverständnissen gekommen, was die Arbeit der Wirtschaftsgremien betrifft. Nach genauerer Erläuterung habe er, Emmerich, den Eindruck, dass die Veränderungen in der Satzung im Grundsatz zu begrüßen seien, weil sie den Gremien mehr Freiheiten und Möglichkeiten zur Eigenverantwortung einräume. Dies müssten die einzelnen Gremien nun für sich entdecken und regeln.

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