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Standort in Gefahr?IHK trennt sich von dem Leiter ihrer Geschäftsstelle in Rhein-Erft

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2022 folgte Gero Fürstenberg als neuer Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Bergheim und auf Thorsten Zimmermann.

Da war seine Welt noch in Ordnung: 2022 folgte Gero Fürstenberg als neuer Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Bergheim auf Thorsten Zimmermann.

Gero Fürstenberg gehört zu einer Riege von Führungskräften bei der IHK, die sich nicht lange gehalten haben. Er nimmt seinen Abgang nicht klaglos hin.

Das Stühlerücken der vergangenen Jahre bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln hat nun auch den Rhein-Erft-Kreis erfasst. Der bisherige Leiter der Geschäftsstelle in Bergheim, Gero Fürstenberg, ist nach Informationen dieser Redaktion im Juni von seinen Aufgaben entbunden worden.

Die Geschäftsstelle  werde „neu und besser“ aufgestellt, um die Themen Strukturwandel, Energiepolitik und Transformation „noch wirkungsvoller vorantreiben zu können“, heißt es in einem IHK-Schreiben an die Mitgliedsunternehmen im Kreis, das dieser Redaktion vorliegt. Die Führung der Kammer traute Fürstenberg dies offenbar nicht zu.

Der sonst übliche Dank an den Stelleninhaber fehlt

Darin ist auch skizziert, dass der künftige Geschäftsführer – die Stelle ist bereits ausgeschrieben – in Personalunion zusätzlich in Köln den neuen Geschäftsbereich „Wirtschaft & Politik: Energie & Transformation“ leiten soll. Möglichen Fragen über die Auswirkungen auf die Geschäftsstelle in der Kreisstadt, greift die IHK vor. „Natürlich wollen wir Sie und Ihre Unternehmen weiterhin auch persönlich betreuen und unsere regionalen Gremien weiter stärken.“

Der bei solchen Trennungen sonst übliche Dank an den bisherigen Stelleninhaber – also Gero Fürstenberg – fehlt gänzlich. Dem Vernehmen nach erfolgte die Trennung nicht einvernehmlich. Der 40-jährige Wirtschaftsjurist war 2018 vom Tüv Rheinland zur IHK gekommen und hatte 2022 die Leitung der Geschäftsstelle in Bergheim mit sieben Mitarbeitenden übernommen. Er bestätigt auf Anfrage, dass er ausgeschieden sei. Mehr möchte Fürstenberg aber nicht sagen; er befindet sich mit der IHK in einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung.  

Präsidentin Dr. Nicole Grünewald  und Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer

Präsidentin Dr. Nicole Grünewald und Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein.

An dem sitzt nun kommissarisch Frank Hemig. Nach Angaben eines Kammersprechers leitet der stellvertretende Hauptgeschäftsführer die Geschäftsstelle Rhein-Erft zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben, bis Fürstenbergs Nachfolger gefunden worden ist. Hemig habe die Geschäftsstelle 2002 mitbegründet und geleitet, der Standort liege ihm besonders am Herzen. Daher seien auch Zweifel am Fortbestand der Geschäftsstelle in Bergheim völlig unbegründet.

Sowohl Präsidentin Nicole Grünewald als auch Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein stünden für eine starke Präsenz der IHK in der Region, „selbstverständlich mit den entsprechenden drei Geschäftsstellen in Leverkusen, Gummersbach und Bergheim“, sagte der Sprecher auf Anfrage dieser Redaktion.

30. Juni und der 31. Dezember sind die beiden wichtigsten Daten im Jahr

Wie ein IHK-Insider berichtet, sind der 30. Juni und der 31. Dezember bei der Kammer die beiden wichtigsten Daten im Jahr. Das sind die Zeitpunkte, bis zu denen Kündigungen spätestens ausgesprochen werden müssen – um die Kündigungsfrist von sechs Monaten einzuhalten. Sobald sich diese Termine nähern, wüssten Mitarbeitende, dass Veränderungen anstehen könnten. Und einige wüssten oder ahnten es zumindest, dass es sie treffen könnte.

In den vergangenen Jahren ist eine nicht abreißende Fluktuation zu beobachten. Die führte unter anderem dazu, dass die Leitung der Geschäftsstelle in Leverkusen fast zwei Jahre nicht besetzt gewesen ist beziehungsweise kommissarisch geführt wurde. Die Leiterin, die dann von Vetterlein und Grunewald eingesetzt worden war, wurde nach nur einem halben Jahr überraschend wieder nach Köln abberufen. Im Frühjahr 2024 war dann ein neuer Leiter präsentiert worden – er fällt nach Informationen dieser Redaktion krankheitsbedingt seit mehreren Monaten aus.

Kritik gab es aus der Leverkusener Unternehmerschaft zudem an einer Entscheidung aus Köln. Die IHK-Vollversammlung hatte die lokalen Wirtschaftsgremien aus ihrer Satzung gestrichen. Dieses hochrangig besetzte Gremium war Sprachrohr der Industrie- und Handelskammer in Leverkusen. Es lieferte der Kammer auf kurzem Weg die Informationen, mit denen fundierte Stellungnahmen aus Sicht der ortsansässigen Unternehmen erst möglich sind.

Nun also Rhein-Erft. Noch halten sich die Unternehmer zurück, die Entwicklungen zu kommentieren. Das kann sich ändern, meint der Insider.


Beständig ist nur der Wechsel

Seit September 2021 hat es bei den Führungspositionen der IHK Köln umfassende Wechsel gegeben, zudem wurden bestehende Strukturen aufgegeben und neue Verantwortlichkeiten geschaffen.

So gehörten neben Uwe Vetterlein auch Elisabeth Slapio als Geschäftsführerin Innovation und Umwelt und Ulrich Soénius als Geschäftsführer Standortpolitik der obersten Ebene an. Slapio und Soénius sind heute ebenso nicht mehr im Amt wie weitere Geschäftsführer. Ebenfalls getrennt hat sich die IHK unter Vetterleins Leitung von Christopher Meier und Alexander Hoeckle. Einzige Konstante ist Frank Hemig, der Feuerwehrmann für den Rhein-Erft-Kreis.

Thorsten Zimmermann verließ Bergheim Richtung Köln. Dort blieb er nicht lange.

Thorsten Zimmermann (2.v.l.) verließ Bergheim Richtung Köln. Dort blieb er nicht lange.

In einem ersten Schritt der Umstrukturierung der Führungsebene wurden nach Recherchen dieser Redaktion der neue Bereich „Wirtschaft & Politik"  geschaffen und an die Doppelspitze, bestehend aus Claudia Betzing und Thorsten Zimmermann (er war Fürstenbergs Vorgänger in Bergheim), übertragen.

Ihre Vorgänger? Slapio wurde abberufen und verließ die Kammer, Soénius leitet seitdem die Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln (RWWA). Die Doppelspitze hielt kein Jahr, Betzing wurde nach wenigen Monaten von ihrer Aufgabe entbunden, Zimmermann kündigte.

Eine erneute Änderung der Strukturen steht an

Alleinige Nachfolgerin wurde Kristel Degener. Sie hat kürzlich gekündigt. Nun wird dieser Aufgabenbereich erweitert, unter anderem um die Leitung der Geschäftsstelle im Rhein-Erft-Kreis in Bergheim. Ein Insider vermutet, dass Energie-Themen aus dem Geschäftsbereich „Wirtschaft & Politik“ herausgelöst werden sollen oder wieder eine Art Doppelspitze eingeführt werden soll. Was eine erneute Strukturänderung bedeuten würde.

Zu den jüngsten Abgängen zählt auch Christian Vossler. Er war von Grünewald und Vetterlein mit großen Vorschusslorbeeren versehen worden und leitete das Referat „Energie & Klima“. Er hat sich als Hauptamtlicher Geschäftsführer zum  Landesverband Erneuerbare Energien in Nordrhein-Westfalen (LEE NRW) verabschiedet. Auch Carsten Berg , der „Leiter Ausbildung", hat die IHK verlassen. (jtü)