Versorgung mit MedikamentenSo läuft der Apothekenstreik in Leverkusen

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Die Altstadt-Apotheke in Opladen hat am Mittwoch geschlossen.

Die Altstadt-Apotheke in Opladen hat am Mittwoch geschlossen.

Die Apotheker sind unzufrieden mit den sich verschlechternden Rahmenbedingungen für das Geschäft mit Medikamenten. Deshalb haben viele geschlossen. 

Die Schlebuscher Adler Apotheke ist großflächig mit Absperrband dekoriert, auch die Angestellten tragen rot-weißes Band um die weiße Dienstkleidung. „Heute nur Notdienst“, steht fett im Schaufenster und auf einer Tafel vor dem Eingang. „Uns war ganz wichtig, deutlich zu machen, dass wir unseren Auftrag der Notversorgung natürlich erfüllen, aber voll und ganz hinter dem Streik und den damit verbundenen Forderungen stehen“, sagt Jana Klinkenberg. Welche Apotheke an Sonn-, Feier- oder außerordentlichen Schließtagen die Notdienste übernimmt, beschließt die Apothekerkammer nach einem rollierenden Prinzip. „Dass heute wir dran sind, ist Zufall“, sagt die Tochter von Inhaberin Gabriele Wirtz Klinkenberg. Auch ihre beiden Schwestern arbeiten im Familienbetrieb. Sie sind an diesem Tag aber, wie die Hälfte der Belegschaft, zur Protestkundgebung nach Düsseldorf gereist. „Das sagen wir auch den Kunden und verteilen Infoblätter“, sagt Klinkenberg. Die meisten zeigen großes Verständnis und wünschen viel Erfolg.

Apothekerin mit Absperrband um die Dienstkleidung.

Jana Klinkenberg macht Notdienst in der Adler Apotheke

Inflation, Lohnerhöhungen von Angestellten und die letzte Aufschlagserhöhung für die Inhaber von Apotheken liegt mehr als zehn Jahre zurück: Klaus Schaefer, Apotheker in Rheindorf und Sprecher des Apothekerverbandes Nordrhein für Leverkusen, fallen sofort eine ganze Reihe von Punkten ein, die unter seinen Kolleginnen und Kollegen seit längerem zu Unmut führen. 

Der landesweite Protesttag am Mittwoch, 14. Juni, steht daher unter dem Motto „Apotheken kaputt sparen. Arzneimittelversorgung gefährden. Nicht mit uns!“ auf. „Wir sind von der Bundesregierung abhängig, weil wir unsere Preise nicht selbst gestalten können“, sagte Schaefer dazu im Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“.

Der Aufwand, den wir da zusätzlich haben, wird uns auch nicht vergütet
Apotheker Klaus Schaefer

Die Arbeit der Apotheker habe unter anderem zugenommen, weil viele Medikamente nicht mehr lieferbar seien. Trete solch ein Fall ein, müssten Apothekerinnen und Apotheker mit viel Zeitaufwand nach alternativen, lieferbaren Medikamenten suchen. „Der Aufwand, den wir da zusätzlich haben, wird uns auch nicht vergütet“, so Schaefer. Das betont auch Apothekerin Klinkenberg. „Die Lieferengpässe sind wirklich dramatisch und den Ärger, wenn etwas nicht zu bekommen ist, bekommen dann die Angestellten ab. Man wird nicht selten angeschrien.“ Deswegen – und weil die Verdienstmöglichkeiten in anderen Bereichen besser seien, werde auch der Personalmangel immer gravierender.

Die Hubertus-Apotheke in Opladen hatte geöffnet.

Die Hubertus-Apotheke in Opladen hatte geöffnet.

Der Apotheker Schaefer betonte, es gehe ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen darum, die Bevölkerung sicher mit Arzneimitteln zu versorgen. Dafür müsse die Bundesregierung zum Beispiel dafür sorgen, dass Pharmafirmen, die Rabattverträge mit Krankenkassen abgeschlossen hätten und auf diese Weise ihre Produkte vermarkten, auch verpflichtet würden, einen genügenden Vorrat dieser Medikamente bereitzuhalten. Das betreffe Medikamente für Kinder, aber auch Blutdruckmittel und andere Arzneien. Ein weiteres Thema seien Probleme mit Lieferketten, da nur noch wenige Medikamente in Europa produziert, sondern stattdessen zu niedrigeren Produktionskosten in Übersee hergestellt würden.

Aktuell scheinen die meisten Apotheken aber wirtschaftlich noch gut zurechtzukommen. Es gibt 36 in der Stadt, im Januar musste eine Apotheke schließen. 2012 waren es noch 43 Apotheken, fünf Jahre später – 2017 – gewährleisteten 41 Apotheken die Versorgung mit Medikamenten und Medizinprodukten. Im Zeitraum 2012 bis 2022 nahm damit die Zahl der Apotheken in Leverkusen um etwa 14 Prozent ab.

Wie viele Leverkusener Apotheken am Protesttag tatsächlich geschlossen haben, blieb am Mittwoch offen. Schaefer teilte auf Anfrage mit, dass er dazu keinen Überblick habe. Er und seine Tochter Antonia hatten die Ahorn-Apotheke in Rheindorf aus betrieblichen Gründen geöffnet. Antonia hatte die Apotheke gerade vor zwei Wochen von ihrem Vater übernommen. „Ich bin solidarisch mit dem Protest der Kolleginnen und Kollegen. Aber uns fehlte jetzt einfach die Zeit, uns auf den Protesttag vorzubereiten“, so Klaus Schaefer. 

Apotheke mit Absperrband

Die Adler Apotheke macht deutlich, dass sie trotz des Notdienstes zum Protest steht.

In der Notapotheke in Schlebusch gibt es derweil eine konstante Warteschlange. Um die Mittagszeit sind es nur vier bis sechs Wartende, am Morgen sei die Schlange aber schon weit auf die Fußgängerzone hinaus gegangen, sagt Klinkenberg. Elena, die ihren Nachnamen und den Grund ihres Besuchs nicht sagen möchte, macht die Wartezeit nichts aus. Sie ist extra aus Altenberg gekommen. „Ich bin einfach froh, dass es diesen Notdienst heute gibt“, sagt sie. „Wenn diese Missstände bestehen, muss man auch solidarisch sein“, pflichtet ihr Partner bei. „Und wir wurden trotz des großen Andrangs wirklich gut beraten.“ Kompetente Beratung vor Ort – eine wichtige Aufgabe, die Apotheker in Gefahr sehen.

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