NahverkehrJobticket wird ab 2019 bis zu 408 Euro teurer

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Der S-Bahn Knotenpunkt Kölner Hauptbahnhof.

Köln/Düsseldorf – Pendler zwischen Köln und Düsseldorf müssen für ihr Jobticket spätestens ab 2019 bis zu 408 Euro mehr im Jahr zahlen oder ihr Fahrkarten-Abonnement kündigen.

Das Schreiben seines Arbeitgebers hat Steffen K. (40) wütend gemacht. Wie Tausende pendelt er täglich in überfüllten Zügen mit seinem Firmenticket zwischen Köln und Düsseldorf. Meistens auf der völlig überlasteten rechtsrheinischen Strecke über Leverkusen. Verspätungen und Zugausfälle sind hier Alltag. ICE- und IC-Züge darf K. mit dem Jobticket nicht nutzen.  Im Dezember 2015 hatten die Verkehrsverbünde Rhein-Ruhr (VRR) und Rhein-Sieg  (VRS) ein Einsehen mit dem täglichen Bahnchaos, bieten seither Pendlern als Alternative den Umweg mit dem Regional-Express 6 über Neuss und Dormagen an. Obwohl dieser Weg weiter ist und durch völlig andere Tarifzonen als die Direktverbindung über Leverkusen führt, blieb der Ticketpreis stabil.

Für Umweg noch draufzahlen

Damit ist jetzt Schluss. Ab 1. Januar 2018 muss  der Kölner Steffen K.  für das Firmenticket seines Arbeitgebers, der Stadt Düsseldorf, jeden Monat 134,20 Euro bezahlen. Bisher waren das 100,20 Euro. Mindestens 8000 Pendler sind allein zwischen Köln und Düsseldorf davon betroffen. Die Preiserhöhung betrifft nur den Anteil der Fahrten durch den Nachbarverbund. Der klettert um 100 Prozent von 33,20 auf 67,20 Euro. VRR und VRS begründen das mit vielen alternativen Fahrmöglichkeiten, die sie den Pendlern anbieten.

„Die setzen uns einfach die Pistole auf die Brust. Erst werde ich gezwungen, den Umweg über Dormagen und Neuss zu fahren, damit ich wenigstens einigermaßen pünktlich zur Arbeit komme, und dann dafür zur Kasse gebeten“, sagt K. „Weitere Fahrmöglichkeiten gibt es auf dieser Verbindung doch gar nicht. Selbst wenn ich auf den Umweg verzichten wollte. Ich kann das Firmenticket höchstens kündigen.“ Beim VRR und VRS kann man die ganze Aufregung nicht verstehen, spricht von einer „preislichen Veränderung“.

Ja, das Jobticket werde zwar deutlich teurer, dafür könnten die Pendler aber auch andere Ziele außer ihrem Wohnort im jeweils anderen Verbund erreichen, sagt ein VRS-Sprecher  – als Kölner beispielsweise nicht immer nur zum Arbeitgeber nach Düsseldorf, sondern mal nach Wuppertal fahren. Oder als Düsseldorfer nach Bonn – und nicht bloß immer zum Job nach Köln. „Das will ich aber gar nicht“, sagt Steffen K.  

Solidarmodell soll ohne Einnahmeverluste abgeschafft werden

Das interessiert den VRR nicht, „Die wachsenden Mobilitätsbedürfnisse bedürfen einer  größeren verkehrlichen Flexibilität“, lässt die Pressestelle wissen. Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist dieses Argument der Verkehrsverbünde nur vorgeschoben. Vielmehr wollen sie bei allen Firmentickets für Fahrten zwischen VRR und VRS bis Ende 2018 das sogenannte Solidarmodell abschaffen – und das soll ohne Einnahmeverluste geschehen.

Das Solidarmodell zwingt Unternehmen ab 100 Beschäftigten dazu, für alle Mitarbeiter, die über die Verbundgrenze hinweg fahren müssen, das entsprechende Jobticket zu abonnieren. Bei dieser Zwangsabnahme spielt es keine Rolle, ob alle Mitarbeiter tatsächlich auch Bahn und Bus fahren oder mit dem Auto zur Arbeit kommen. „Wir haben Hinweise, dass es Unternehmen gibt, die uns nicht alle Beschäftigten melden, sondern die Autofahrer herausrechnen, haben aber keine Möglichkeit, das zu kontrollieren.“, sagt der VRS-Sprecher.

Dem wolle man einen Riegel vorschieben. Von systematischem Betrug will zwar niemand sprechen.  „Wenn in Einzelfällen der Fahrpreis“ nicht auf alle Kunden umgelegt werde, „besteht der begründete Verdacht, dass den Verkehrsunternehmen Einnahmen entgehen“, heißt es beim VRR.

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So funktioniert das Firmenticket im VRR und VRS

342.000 Pendler sind im VRR und VRS mit Jobtickets, Firmen- oder Großkundentickets unterwegs. Angeboten werden diese Dauerkarten, die von den örtlichen Verkehrsunternehmen wie den Kölner Verkehrs-Betrieben oder der Düsseldorfer Rheinbahn ausgegeben werden, je nach Unternehmensgröße in zwei Varianten. Die Jobtickets werden je nach Abnahmezahl rabattiert – mit bis zu 5,5 Prozent beim VRS.

Beim Solidarmodell bestellt die Firma Jobtickets für alle Mitarbeiter unabhängig von  der Frage, ob sie es nutzen. Bei dem sogenannten Fakultativmodell gibt es das Ticket nur für Mitarbeiter, die es wünschen. Welchen Anteil der Kosten der Arbeitgeber trägt und wie viel die Mitarbeiter aus eigener Tasche zahlen müssen, regelt jedes Unternehmen intern.

Um überhaupt ein Firmenticket zu bekommen, muss ein Unternehmen mindestens 50 Mitarbeiter beschäftigen. Bei der Zwangsabnahme für alle muss es sogar über mindestens 100 Mitarbeiter verfügen.

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Weil die Grenze zwischen dem VRS und dem VRR mitten durch den Ballungsraum Rhein-Ruhr läuft, müssen viele Pendler ihr Firmenticket durch den Ergänzungstarif erweitern. Der wird deutlich teurer, steigt von 33,20 Euro je nach Ticket auf 51,88 oder 67,20 Euro. Die Verkehrsverbünde halten das für gerechtfertigt, weil der Weg von und zur Arbeit nicht mehr festgelegt sei, sondern Umwege genommen werden können. Zwischen Köln und Düsseldorf ist das seit zwei Jahren schon ohne Zuschlag der Fall. (pb)

Spätestens ab 2019 sollen im Grenzverkehr nur noch Pendler für das Ticket zahlen, die es auch nutzen. Viele Unternehmen wie die Stadt Düsseldorf steigen schon jetzt um. Das macht das Ticket für den Einzelnen exorbitant teuer. Bei allen anderen Jobtickets innerhalb eines Verbundgebiets werde es weiter die Möglichkeit geben, sie nach dem Solidarmodell zu bestellen, heißt es beim VRS. Das ist bei vielen Landesbehörden und  öffentlichen Unternehmen im Land der Fall.

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