Neuer SimulationsraumAngehende Notfallsanitäter trainieren realistische Szenarien

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Der Simulationsraum befindet sich noch im Aufbau, ist aber schon jetzt in der Region einzigartig.

Gummersbach – Jetzt muss alles schnell gehen: Der Patient ist kollabiert, sein Herzschlag hat ausgesetzt, er atmet nicht mehr. Der Rettungsdienst nimmt seine Arbeit auf. Tim Sommer beginnt mit der Herzdruckmassage, seine Kollegin Melissa Scharpel macht den Defibrillator bereit, Christian Köhn öffnet die Medikamententasche, und Alicia Leschnik beatmet den leblos auf der Trage liegenden Mann.

Die Vier sind Auszubildende zum Notfallsanitäter, ihr Patient ist eine Puppe – und mit der Spritze ziehen sie aus den vielen realistisch etikettierten Ampullen lediglich Wasser auf. An diesem Vormittag trainieren die Azubis die lebenswichtigen Handgriffe im Simulationsraum, den die Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren (Agewis) in ihrem neuen Haus auf dem Gummersbacher Steinmüllergelände eingerichtet hat.

Simulationsraum in dieser Form in der Region einzigartig

Der Simulationsraum befindet sich noch im Aufbau, ist aber schon jetzt in der Region einzigartig. Auf einer bereits aufgestellten Videowand sollen schon bald Bilder oder Videosequenzen laufen, mittels denen die Azubis in unterschiedliche Szenarien hineinversetzt werden. So kann etwa ein Unfall auf der Autobahn nachempfunden werden – laute Geräusche inklusive, die über Lautsprecher eingespielt werden.

Ähnliche zertifizierte Einrichtungen, in denen angehende Retter unter möglichst realistischen Bedingungen auf den Ernstfall vorbereitet werden, gibt es erst wieder in Marburg und Münster. Auch die Rettungsfachschule der Agewis will ihrem Raum von der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Simulation in der Medizin noch zertifizieren lassen und dafür weitere Trainer in eine Schulung schicken.

Diese haben die Dozenten Andreas Krüger und Artur Majewski schon absolviert. Wenn ihre Schüler im ganz in Schwarz gehaltenen Simulationsraum mit unterschiedlichen Szenarien konfrontiert werden, schauen sie ihnen durch einen nur auf ihrer Seite durchlässigen Spiegel zu.

Während die Azubis an der Übungspuppe eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen (r.), schauen ihre Ausbilder aus der Regie (l.o.) aus zu. 

Während die Azubis an der Übungspuppe eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen (r.), schauen ihre Ausbilder aus der Regie (l.o.) aus zu. 

Ihr Platz ist in einem kleinen Regieraum, der mit Computern und mehreren Monitoren ausgestattet ist. Von dort aus können sie nicht nur die Vitalfunktionen der Übungspuppe beeinflussen, etwa Puls und Atmung steuern, sondern auch das Übungsgeschehen per Videoübertragung aufzeichnen – und das ist das Besondere des Raums.

Drei Kameras übertragen die Handgriffe der Azubis aus verschiedenen Blickwinkeln live auf die Computertafeln in die benachbarten Seminarräumen. Dort können die anderen angehenden Notfallsanitäter und ihre Ausbilder verfolgen, wie sich ihre Kollegen schlagen – und später einzelne Abschnitte der Aufzeichnung genau studieren.

Details können lebensrettend sein 

In der Nachbesprechung kritisiert Maik Göbel, Chef der Rettungsfachschule, an diesem Dienstagvormittag nur, dass an einer Stelle die Kommunikation im Retter-Team hätte besser laufen können: „Die Bitte ,Kann ich einen Tubus haben?’ reicht nicht. Ihr müsst den Kollegen mit Namen ansprechen, damit ganz klar ist, wer was zu tun hat.“

Tatsächlich sind es auch solche Details, die von den Schülern schon von Beginn ihrer Ausbildung an verinnerlicht werden sollen. Regelmäßig im Team zu trainieren, reduziere die Fehlerquote und erhöhe die Patientensicherheit, erklärt Göbel – denn gerade in der Notfallrettung kann schon ein kleiner Fehler gravierende Folgen haben.

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Schon während ihrer Ausbildung begleiten die Schüler auch die Besatzungen der Rettungswagen in echte Einsätze. Doch da kann es passieren, dass nicht die ganze Bandbreite dessen widergespiegelt wird, was ein Notfallsanitäter können muss. Mit Geburten etwa wird der Rettungsdienst eher selten konfrontiert. Manchmal vergehen für einzelne Mitarbeiter sogar Wochen ohne Reanimation. Im Simulationsraum hingegen können schon mal häufiger Kinder zur Welt kommen – wenn auch nur halbwegs realistisch.

Ab 2022 soll auch jeder fertig ausgebildete Rettungsdienst-Mitarbeiter an mindestens einem Tag pro Jahr eine Fort- und Weiterbildung im Simulationsraum erhalten. Auch deswegen wird er noch weiter ausgebaut: Möbel werden angeschafft, um etwa ein Schlaf- oder Wohnzimmer nachzustellen. Je realistischer die Simulation, desto besser läuft’s im echten Notfall.

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