Die 130 Jahre alte Wellblechbaracke, die im Lindlarer Freilichtmuseum wieder aufgebaut werden soll, ist vermutlich die letzte ihrer Art.
Rostiges Blech kommt ins MuseumLindlar erhält 130 alte Baracke

Die großen rostigen Blechteile sind sortiert, viele müssen repariert werden, bevor sie wieder zusammengebaut werden können.
Copyright: LVR-Museum
Die rostigen Wellbleche sind so ziemlich genau das Gegenteil der Fachwerkromantik, die mancher Besucher mit dem LVR-Freilichtmuseum Lindlar verbindet. Doch sie sind etwas ganz Besonderes, wie Museumsleiter Michael Kamp erläutert. Die Teile, die wie ein überdimensionales 3D-Puzzle erst einmal sortiert wurden, gehören zur einer transportablen Wellblechbaracke, die vorher auf einem Industriebetrieb in Neunkirchen/Siegerland die Zeiten überdauert hat.
Es ist ein ganz besonderes Bauwerk, das schon vor geraumer Zeit vom Museum und seinem Förderverein abgebaut und nun an neuer Stelle in direkter Nachbarschaft zu der Holzbaracke des Reichsarbeitsdienstes errichtet werden soll. Wenn die Baugenehmigung vorliegt, will das Museum in diesem Jahr mit den Arbeiten beginnen, vorsortiert ist jetzt alles. In der Wellblechbaracke soll die Alltagsgeschichte des Ersten Weltkrieges und seine Auswirkungen im ländlichen Raum thematisieren werden, sagt Kamp. Er hat die Geschichte des Gebäudes und seine Bedeutung recherchiert.
Wettbewerb der preußischen Heeresverwaltung gewonnen
Danach handelt es sich um eine Wellblechbaracke in Kielbogenform, die von der Träger-Wellblech-Fabrik L. Bernhard & Co. in Berlin hergestellt wurde. Das Unternehmen hatte mit diesem Baumuster 1887 einen Wettbewerb der preußischen Heeresverwaltung gewonnen und den Zuschlag für die serielle Fertigung erhalten.
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Die Baracke mit ihren Wellblechsegmenten, die verschraubt wurden, war transportabel und konnte in verschiedenen Längen aufgebaut werden. Hundertfach seien diese Baracken bis zum Ersten Weltkriegs an die zahlreichen, im Deutschen Reich verteilten Truppenübungsplätze und als Notunterkünfte für Auswanderungswillige ausgeliefert worden.
Blechbaracken wurden für das Militär bis zum Ende des Ersten Weltkrieges in Serie gefertigt
Wellblechbaracken existierten bis Ende des Ersten Weltkrieges auf vielen deutschen Truppenübungsplätzen. Eine große Zahl erhaltener Bildpostkarten belegt dies. Aufgrund ihrer vorgefertigten Bauweise lieferten die Herstellerfirma Bernhard in Berlin und deren Lizenznehmer die Baracken in unterschiedlichen Dimensionen. Sie waren so einfach konzipiert, dass sie von den Soldaten selbst errichtet werden konnten. Verbreitet waren Wellblechgehäuse von rund 50 Metern Länge, in die 200 Militärangehörige einquartiert werden konnten. Sinn und Zweck der Wellblechbaracke war es, den Krankenstand in der Armee und die Ausbreitung infektiöser Krankheiten der Soldaten, die bei Wind und Wetter in Zelten campieren mussten, zu minimieren.
Das Museumsstück ist wohl die letzte bekannte Wellblechbaracke dieses Typs und daher von besonderem kulturgeschichtlichem Interesse. Sie zähle zu den ältesten heute noch existierenden Bauten aus serieller Fertigung in Deutschland, ist der Museumsleiter überzeugt. Nach Ende des Ersten Weltkrieges erwarb der ehemalige Heeresausrüster „Fischerwerk“ in Neunkirchen die Baracke, baute sie in Neunkirchen wieder auf und nutzte sie von 1920 an als Lagergebäude. Die Firma wurde später von der Eisenwerk Weserhütte AG in Bad Oeynhausen übernommen.
Originaler Zustand soll im Museum wieder hergestellt werden
Im November 1927 wurde die Herstellung von Feldbahnmaterial in Neunkirchen beendet. Drei Jahre später wurde das vormalige „Fischerwerk“ endgültig stillgelegt. 1937 erwarb das benachbarte Unternehmen Carl Capito GmbH & Co. KG das Grundstück. Die dort erhalten gebliebene Wellblechbaracke war 31,50 Meter lang, 5,40 Meter breit und 3,70 Meter hoch. Sie wurde aus 62 Wandsegmenten von rund fünf Metern Länge und 1,15 Meter Breite montiert. Die mit dem Wiederaufbau angefertigte Einhausung schützte das Gebäude aus nicht verzinktem Blech, machte es jedoch auch unkenntlich.

Mitarbeiter und Ehrenamtler des Fördervereins haben die Blechteile für den Aufbau nummeriert..
Copyright: LVR-Museum
Das Freilichtmuseum will den originalen Zustand wieder herstellen. Dazu sind umfangreiche Niet- und Schweißarbeiten erforderlich, so Kamp. Die Vielzahl an älteren Reparaturstellen zeige, dass die Baracke schon vor ihrer Versetzung nach Neunkirchen viele Jahre genutzt wurde. Sie ist vermutlich zwischen 1890 und 1900 hergestellt und als Mannschaftsbaracke beim Militär genutzt worden. Darauf weist eine Tafel mit der Ziffer 6 hin. Auf welchem Truppenübungsplatz ist bis jetzt unbekannt.