Keine festen Arbeitsplätze mehr„New Work“ im neuen Bergisch Gladbacher Stadthaus

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In mobilen Arbeitseinheiten, wie hier in Berlin, können Mitarbeiter wechselnde Schreibtische nutzen. Auch im künftigen Stadthaus sollen Mitarbeiter von neuen Büromodellen profitieren.

In mobilen Arbeitseinheiten, wie hier in Berlin, können Mitarbeiter wechselnde Schreibtische nutzen. Auch im künftigen Stadthaus sollen Mitarbeiter von neuen Büromodellen profitieren.

Bergisch Gladbach – Die klassische Amtsstube ist Geschichte. Anstatt jedem Kollegen einen eigenen Arbeitsplatz zuzuordnen, sollen sie permanent umziehen und sich je nach Bedarf einen passenden Platz suchen. Die Zukunft soll im neuen Stadthaus beginnen. Rund 450 Arbeitsplätze sollen in einen zweistöckigen Aufbau auf dem Parkdeck des leerstehenden Einkaufszentrums Rhein-Berg-Passage einziehen.

„Wir stehen noch ganz am Anfang des Prozesses. Leider haben wir nicht früher damit angefangen“, sagt Bürgermeister Frank Stein (SPD) in der Sitzung des Stadthaus-Ausschusses am Donnerstagabend. Er bedauert, dass die Stadt sich nicht schon früher mit dem Wandel in der Arbeitswelt auseinandergesetzt habe: „Ich würde die Zeit gerne zurückdrehen. Das geht leider nicht. Deshalb müssen wir jetzt zügig vorankommen.“

Bis 70 Prozent mehr Mitarbeiter finden so Platz

Möglichst bereits in einem halben Jahr soll das neue Büroraumkonzept zumindest in Grundzügen stehen, das in den neuen gemieteten Räumen des künftigen Stadthauses am S-Bahnhof umgesetzt werden soll. Die Zeit drängt, weil der Platzbedarf ausgelotet sein muss, wenn die Stadt in die Verhandlungen mit dem Investor eintritt.

Mit dem „Multispace-System“ soll auch das Flächenwachstum der Verwaltung gebremst werden. Nach Berechnungen externer Berater könnten 60 bis 70 Prozent mehr Mitarbeiter in einem Gebäude unterkommen. „Aktuell können freie Stellen nicht besetzt werden, weil wir keine Arbeitsplätze zur Verfügung stellen können“, berichtet Frank Wilhelm, zuständig bei der Stadtverwaltung für das Management von Großprojekten.

Bessere Auslastung bei Teilzeit oder externen Terminen

Das Platzsparkonzept beruht auf zwei Säulen: Die Beschäftigten sollen viel öfter dort arbeiten können, wo sie wollen, sei es zuhause oder mit dem Laptop von unterwegs. Zum anderen sollen vorhandene Arbeitsplätze besser ausgelastet werden, als dies im Moment zum Beispiel aufgrund von Teilzeit oder externen Terminen der Fall ist. Wie im Verkehr das Carsharing soll es im Büro das Desksharing geben. Das normale Büro für zwei Mitarbeiter steht vor dem Aus.

Für die 450 betroffenen Mitarbeiter aus den beiden Stadthäusern in Nähe des Konrad-Adenauer-Platzes wird das neue Konzept eine große Umstellung bedeuten. Deshalb sollen die Personalvertreter von Anfang an eng eingebunden werden, versichert die Verwaltung. Anders als beim aufgegebenen Vorgängerprojekt eines in Eigenregie gebauten Stadthauses, gibt es keine festen Arbeitsplätze mehr.

Einzelkabinen für konzentrationsintensive Arbeiten

„Jeder soll an einem Platz arbeiten, der gerade seine Bedürfnisse erfüllt“, erklärt Frank Werker vom Internationalen Institut für Facility Management mit Sitz in Oberhausen. Denkbar sind stattdessen offene Zonen, in denen Routinearbeiten erledigt werden. Dazu kommen Einzelkabinen für Aufgaben, die eine hohe Konzentration erfordern sowie Räume für Team-Sitzungen. Einen Front-Theken-Bereich als erste Anlaufstelle für die Bürger wird es aber wie bisher geben.

Sonst ist aber umziehen erwünscht, auch mehrmals am Tag. Für die Arbeitsmaterialien und persönlichen Sachen gibt es dann nur noch einen Spind. Die Verwaltung der Zukunft lege aber laut Werker großen Wert auf die Frage: „Wie werde ich zufriedener in meinem Job?“, die in den kommenden Monaten jeder Einzelne der Beschäftigten für sich klären müsse.

Bürokonzept ist auf Digitalisierung angewiesen

Allerdings hat ein solch modernes Bürokonzept einen Haken, der gerade für eine öffentliche Verwaltung nicht unerheblich ist: Sie funktioniert weitgehend papierlos und erfordert deshalb eine Computertechnik, die hundertprozentig läuft. Denn Papier-Aktenberge sind mit schnellen Ortswechseln nicht vereinbar. „Ohne Digitalisierung ist das nicht umsetzbar“, sagt Stein.

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Darum wird es wohl eine Übergangsphase geben müssen: „Wir werden die neuen Räume so gestalten, dass wir flexibel sind.“ Wenn die Verwaltung in einigen Jahren weniger Platz für Akten benötigen werde, habe der Eigentümer der Immobilie sein Einverständnis signalisiert, im kleinen Umfang eine Untervermietung zu gestatten.

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