„So etwas habe ich noch nie erlebt“Darum steigen die Preise für Brot und Brötchen

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Alexander und Vanessa Kayser, hier mit Tochter Mia, führen die Pulheimer Bäckerei Kayser in der zweiten Generation.

Alexander und Vanessa Kayser, hier mit Tochter Mia, führen die Pulheimer Bäckerei Kayser in der zweiten Generation.

Rhein-Erft-Kreis – Morgens um sechs Uhr ist die Welt in Erftstadt-Friesheim scheinbar noch in Ordnung. Frischer Brötchenduft zieht durch die Straße Auf dem Kreuzberg, und eine Gruppe Frühaufsteher harrt geduldig auf den Moment, in dem Bäckermeister Hans-Theo Klinz und seine Frau die Ladentür aufschließen. „Unsere Stammkunden kommen oft sehr früh“, berichtet der mit neun Goldmedaillen für seine Produkte ausgezeichnete Friesheimer mit Stolz.

Doch die Idylle trügt: Nicht nur, dass der schon 79-Jährige seit halb eins nachts ohne Pause mit seinem Gehilfen durchgearbeitet hat, er ärgert sich über die Preiserhöhungen der Großhändler. „Sie schlagen schon wieder überall auf, die Stromkosten werden auch höher, die Löhne gehen nach oben – so etwas habe ich noch nie erlebt“, schimpft der Bäckermeister, dessen Familienbetrieb seit mehr als 90 Jahren existiert. „Wir können aber keine utopischen Preise nehmen.“

Obermeister der Innung Rhein-Erft/Köln berichtet von hohen Umsatzeinbußen

Dennoch musste er den Preis für Backwaren teilweise um rund zehn Prozent erhöhen. So kostet das Brötchen nun 40 statt 35 Cent, und für das beliebte Plunderteilchen sind jetzt mit 1,80 Euro zehn Cent mehr fällig. „Wir machen alles selbst, kochen sogar den Pudding mit echter Vanille. Das kostet Zeit.“ Die Kunden seien größtenteils verständnisvoll, so Klinz, ihre größte Sorge sei: „Hoffentlich machst Du nicht zu.“

Als „Spagat auf Messers Schneide“ bezeichnet Guido Boveleth, Obermeister der Bäckerinnung Rhein-Erft/Köln, die Situation seiner Kollegen, die nicht nur wegen der hohen Produktionskosten schwer sei: „Unter der Woche haben manche bis zu 50 Prozent Umsatzeinbußen, die Leute müssen ja alle sparen.“ Auch in seinen beiden Geschäften in Bedburg, Familienbetriebe seit mehr als 110 Jahren, stellt er fest, dass vor allem an Werktagen „still und heimlich“ weniger Backwaren gekauft werden. So würden von den sonst 2000 Brötchen am Tag 200 Stück weniger verkauft, die Produktion werde heruntergefahren – um rund 20 Prozent. Nur in der Konditorei bei Kuchen und Torten gebe es keine Einbußen.

Um Preiserhöhungen komme auch er aufgrund der gestiegenen Kosten nicht herum. Ab heute sind seine Brotpreise zwischen sieben und zehn Prozent erhöht, der Brötchenpreis steigt wohl von 35 auf 38 Cent. „Das wirkliche Problem fängt erst an, wenn die Landwirte in der Ukraine nun nicht säen können. Für dieses Jahr sind die Lager noch voll, aber wie wird es dann in der nächsten Saison?“

Bäcker im Rhein-Erft-Kreis müssen 25 Prozent mehr für Mehl bezahlen

Auch Jürgen Pistono, der das Brotstübchen in Wesseling und zwei Filialen in Köln betreibt, blickt etwas sorgenvoll auf die aktuelle Entwicklung: „Wir Bäcker müssen mit Preiserhöhungen reagieren, die Rohstoffe und Strom werden immer teurer, und die Erhöhung des Mindestlohnes wird sich auswirken.“ Er hat 25 Verkäuferinnen und zwölf Mitarbeiter in der Konditorei und der Backstube angestellt. „Wir stellen alles handwerklich her, daher ist die Anzahl der Mitarbeiter in der Produktion so hoch.“ Pistono hat seine Preise bereits um fünf Prozent anheben müssen und hofft, dass „dies fürs Erste ausreicht.“

Noch nicht die Preise erhöht hat Brigitte Welter von der Bäckerei Welter in Hürth: „Ich tue mich damit schwer, Brot und Brötchen teurer zu machen.“ Sollten aber die Rohstoffpreise weiter steigen, müsse sie auch darüber nachdenken. Noch stellt sie kein verändertes Kaufverhalten fest, auch der Brötchen-Lieferdienst, der morgens von 5 bis 8 Uhr die Brötchen nach Hause bringt, laufe wie immer.

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„Ein bisschen verhalten, aber alles gut“, so analysiert Alexander Kayser das Kundenverhalten. Er hat mit seiner Frau Vanessa im vergangenen Sommer die Bäckerei und Konditorei Kayser mit sechs Fachgeschäften von seinen Eltern übernommen. Das Verhandlungsgeschick der letzten Jahre bewahre sie etwas vor den erhöhten Energiepreisen, aber alleine das Mehl sei im Einkauf nun 25 Prozent teurer. Daher steigen auch bei ihm die Preise zum 1. April um fünf bis sieben Prozent. Ein Brötchen wird dann um zwei Cent teurer und wird 34 Cent kosten.

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