„Sie waren mein Baby“Brühler Musikproduzent half den „Wise Guys“ beim Durchbruch

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Uwe Baltrusch in seinem Musikstudio, in dem er viele Hits produziert hat.

Uwe Baltrusch in seinem Musikstudio, in dem er viele Hits produziert hat.

Brühl – Die erste Goldene Schallplatte hängt über der Toilette, die Echo-Statue steht auf dem Spülkasten. Uwe Baltrusch schmunzelt: „Das ist Tradition bei uns Musikproduzenten: Die Preise kommen ins Bad.“ Sein Studio hat er in Brühl, wo er auch seit den 90er-Jahren lebt. Von hier aus hat er die Wise Guys groß gemacht, und wer schon mal meinte, ein Fernseh-Kommissar gehe hier um, das ist richtig. Mit Jupp Schatz von der „SK Kölsch“ alias Uwe Fellensiek und seiner Band produzierte Baltrusch jüngst das Album „Die Kowalski-Protokolle“.

Derzeit fiebert der Musikproduzent einer anderen, besonderen, Premiere entgegen. Nach mehr als einem Jahr pandemie-bedingter Schließungen wird das Theaterensemble „Kumede“ im Heimatverein Alt-Köln am 7. Juni wieder vor echtem Publikum spielen – in der Volksbühne am Rudolfplatz und wahrscheinlich als erstes Theater weit und breit. Baltrusch hat die Geschäftsleitung der Komödianten-Truppe übernommen und berichtet, dass noch Karten zu haben sind.

So begann Uwe Baltruschs Musiklaufbahn

Die musikalische Laufbahn von Uwe Baltrusch begann kurz vor dem Abitur am Wesselinger Gymnasium. Er spielte die E-Gitarre in der Progressive-Metal-Band „Mekong Delta“, mit der er 1988 seine erste Platte herausbrachte. Damals musste er zu Aufnahmen noch nach Bochum in eines der zu dieser Zeit seltenen professionellen Studios fahren.

Wie das so läuft in der Musikszene, kam er schnell mit Bands im Ruhrpott und internationalen Künstlern in Kontakt. Gitarristen waren damals, sind heute immer noch gefragt, und nach dem Motto „einer kennt einen, der einen kennt…“ spielte er außerdem bei „Sodom“, „U.D.O.“, „House of Spirits“ und anderen, ging auf Tournee, wirkte bei Studioaufnahmen mit und wohnte zeitweise im Ruhrgebiet.

1997 gelingt Uwe Baltrusch mit den „Wise Guys“ der Durchbruch

Rock war sein Stil, bevorzugt in besonderer künstlerischer Mischung mit klassischer Musik. „Unsere Version von Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung„ wurde sogar im Musikunterricht an Schulen besprochen“, erzählt der 52-Jährige.

Uwe Baltrusch Musikproduzent

Uwe Baltrusch in seinem Musikstudio, in dem er viele Hits produziert hat.

Als Zivildienstleistender in einem Jugendzentrum durfte er ein kleines Tonstudio einrichten, so reifte 1992 der Entschluss, die Seiten zu wechseln – vom Bühnenmusiker zum Musikproduzenten. Der Durchbruch gelang 1997 mit dem dritten Album „Alles im grünen Bereich“ der „Wise Guys“. Fünf goldene Schallplatten und den Oscar der Musikbranche, den Echo, heimste er mit den „Schlaumeiern“ zwischen 1997 und 2013 ein. „Ich führte sie von einer konventionellen A-cappella-Formation zu einer erfolgreichen Popband. Die Wise Guys waren mein Baby, einen Großteil meines musikalischen Lebens habe ich mit ihnen verbracht“, erklärt Baltrusch.

Vielleicht kommt bald aus Pulheim der nächste Musikstar

Noch heute blickt er stolz zurück auf gemeinsame Erfolgsjahre. Jüngst hat der Wahl-Brühler erneut Gespür für kommende Musikstile bewiesen. Er war schon dabei, Songs von Marco Sicilia zu produzieren, als „Måneskin“ den Eurovision Song Contest gewann. Dass der melodische italienische Rock offenbar angesagt ist, freut Baltrusch. Sicilias Familie betreibt ein Eiscafé in Pulheim-Sinnersdorf, von dort kommt bald vielleicht ein neuer Musikstar. Den Trend zum Streaming beobachtet Baltrusch, der auch Titel von kölschen Bands wie Bläck Fööss, Höhner, Paveier, Räuber, Brings produziert hat, sorgenvoll.

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„Das Gesamtkunstwerk, zu dem die Gestaltung des Covers gehört, geht dabei verloren“, befürchtet er. Zwischen Skepsis und Hoffen schwankt der Musikproduzent zudem, ob die Leute nach den Pandemie-Beschränkungen schnell und zahlreich wieder Lust bekommen, in engen Clubs wie früher Live-Konzerte zu erleben. Denn Baltrusch weiß: „Musik ist untrennbar mit sozialer Interaktion verbunden. Die Emotionen eines Live-Erlebnisses kann auch ich nicht ganz original auf einen Tonträger bannen.“

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