„Er hatte nichts mehr zu verlieren“Elsdorfer spricht vor Gericht über versuchten Mord

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Der 19-jährige Angeklagte (r.) meldete sich einen Tag nach der Tat bei der Polizei. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Der 19-jährige Angeklagte (r.) meldete sich einen Tag nach der Tat bei der Polizei. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Köln/Elsdorf – Als Folter beschreibt der Angeklagte die Zeit, in der er bis zu dem lebensgefährlichen Angriff auf seinen Mitbewohner in der Obdachlosenunterkunft in Elsdorf gelebt hat. „Monatelang wurde ich von ihm beschimpft und bedroht, ohne Grund. Ich kannte diesen Mann nicht mal“, so der 19-Jährige vor Gericht. Nachts habe der Mitbewohner an seinem Fenster so laut geschrien, dass er bis zum Morgengrauen nicht habe schlafen können. An einem anderen Tag habe er mit einem Schraubenzieher an seinem Bett gestanden und gedroht, ihn „abzustechen“.

„Der Mann war wie ich. Er hat Drogen konsumiert und viel Alkohol getrunken, und er war aggressiv. Der Unterschied zwischen uns war nur, dass er nichts mehr zu verlieren hatte“, so der Angeklagte über den Geschädigten, der im Mai, als es zu dem Angriff kam, 41 Jahre alt war.

Angeklagter aus Elsdorf: „Ich wollte ihn nicht umbringen“

Weil er gewusst habe, wozu der Geschädigte in der Lage sei und er einfach wollte, „dass das ein Ende hat“, habe er am Tattag nach einem Streit im Flur der Unterkunft ein Küchenmesser aus seinem Zimmer geholt und von hinten auf den Mann eingestochen. „Ich kann Ihnen nicht erklären, wie ich mich in dem Moment gefühlt habe“, sagte der Angeklagte. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich in der Lage bin, jemanden so zu verletzen. Aber ich wollte ihn nicht umbringen“, so der 19-Jährige, der sich einen Tag nach der Tat der Polizei stellte und seitdem in Untersuchungshaft sitzt. Dort sei ihm klar geworden, dass es Tausend andere Wege gegeben habe, um das Problem zu lösen.

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Nach der Tat selbst sei ihm übel geworden, er habe ein Gefühl in sich gehabt, das er noch nie zuvor gespürt habe. Deshalb sei er nach der Attacke zunächst weggerannt, dann aber aus Angst um seinen Vater zurückgekehrt. „Ich hab gedacht, er wäre noch kampffähig“, so der Beschuldigte über sein Opfer. Tatsächlich schwebte es laut Staatsanwaltschaft in Lebensgefahr.

Elsdorf: Vater geht bei der Tat dazwischen

Der Vater hatte seinen Sohn nach den ersten Stichen zurückhalten können. Er war zu Besuch in der Unterkunft und hatte versucht, den Geschädigten auf das Verhältnis zu seinem Sohn anzusprechen. Daraufhin habe dieser nur patzig geantwortet, wodurch es zu dem Streit der Mitbewohner gekommen sei.

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Seine eigene Wohnung in Elsdorf, wo er die letzten Jahre gelebt hatte, habe er verloren, nachdem er in einer Entzugsklinik gewesen sei, so der Angeklagte. Er konsumierte über Jahre beinahe täglich Alkohol und Cannabis. Noch nie sei er so lange clean gewesen wie durch die U-Haft. Bis zur angestrebten Langzeittherapie habe er in der Obdachlosenunterkunft wohnen müssen, da seine Eltern keinen Platz mehr gehabt hätten. „Ich war eigentlich auf dem Weg in ein besseres Leben“, so der 19-Jährige. Angeklagt ist es wegen versuchten Mordes, Körperverletzung und Sachbeschädigung.

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