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Immer in Sorge um die Freunde in der HeimatOleksandra B. gehört zu den Gründern des Blau-Gelben Kreuzes Erftstadt

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Die Erftstädter Gruppe des Blau-Gelben Kreuzes.

Oleksandra B. (2.v.l) hat mit anderen Helfern die Erftstädter Gruppe des Blau-Gelben Kreuzes gegründet.

Oleksandra B. lebt seit April 2022 in Erfstadt. Nun hat sie mit anderen Helfern die Erfstädter Gruppe des Blau-Gelbes Kreuzes gegründet.

Es sind schwere Tage für Oleksandra B. Wie viele Ukrainer fürchtet sie, dass Wladimir Putin den Jahrestag des Kriegsbeginns zum Anlass für neue, schweren Angriffe auf ihre Heimat nimmt. Seit April des vergangenen Jahres lebt die 23-Jährige in Erftstadt. „Als ich den ersten Schuss gehört habe, wusste ich, dass ich Kiew verlassen musste“, erzählt sie. „Aber ich habe nicht geglaubt, dass ich auch aus der Ukraine fliehen muss.“

Ein paar Tage habe sie noch bei Freunden in der Nähe der ukrainischen Hauptstadt im Keller Schutz gesucht: „Doch die Russen kamen jeden Tag näher.“ Der Weg zur polnischen Grenze war abenteuerlich: die Tankstellen zertrümmert, die Geschäfte geschlossen, die Infrastruktur zerstört, russische Panzer auf den Straßen. Doch die Hilfsbereitschaft sei enorm gewesen. „Die ganze Ukraine ist wie eine Familie.“

Oleksandra hat ihr Studium wieder aufgenommen - online

Oleksandras Flucht endete zunächst in Lechenich, dort zog sie bei einer Familie ein. Sie seien Freunde geworden, berichtet die junge Frau dankbar. Denn deutsche Freunde brauchte sie, um sich in dem fremden Land zurechtzufinden, unter Menschen, deren Sprache sie nicht spricht. Dass sie mit ihren elektronischen Dokumenten hier nicht weit kam, überraschte sie.

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Mittlerweile hat sie eine eigene kleine Wohnung bezogen und ihr Masterstudium in Politikwissenschaften wieder aufgenommen, zumindest online. Auch ihre Mutter lebt in Erftstadt. Die musste ihre beiden Schäferhunde zurücklassen. Auf ihrem Smartphone verfolgt Oleksandra die Nachrichten aus der Ukraine, hält Kontakt mit der Heimat. Freunde von ihr seien in Kriegsgefangenschaft: „Wir wissen nicht, ob sie überleben.“ Viele ihre Freunde und auch ihr Bruder seien im Kriegsgebiet.

Sie habe überlegt, zurückzugehen in ihre Heimat und zu kämpfen, doch ihre Gesundheit lasse das nicht zu. Nichts zu tun, kommt für sie aber auch nicht in Frage. Deshalb hilft sie ihren Landsleuten von hier aus. Erst hat sie mit angepackt, als im Lechenicher Baustoffspendenlager Hilfsgüter für die Ukraine gesammelt wurden.

Dann hat sie mit Heike Brandt, die im Wirtschaftspark ihr Yoga-Studio Power House betreibt, eine Aktion ins Leben gerufen, bei der Taschenlampen und Powerbanks gesammelt werden. Und jetzt hat sie mit dem Blau-Gelben Kreuz Köln den deutsch-ukrainischen Verein Blau-Gelbes Kreuz Erftstadt gegründet und eine Sammelstelle in Liblar eingerichtet.

Besuch in der Heimat hat Oleksandra schwer getroffen

Zum einen geht es weiter darum, Licht und Wärme zu spenden, also Stirnlampen, Batterien oder Heizlüfter für die Menschen, die nur wenige Stunden am Tag Strom haben. Gesammelt wird auch Futter für die Haustiere, die zurückgelassen werden mussten. Und es geht darum, gezielt Menschen zu unterstützen, die an der Frontlinie leben, in Familien, aber auch in Kinderheimen.

Einmal war Oleksandra B. noch in ihrer Heimat, hat Butscha und Irpin besucht – die Bilder der zerstörten Häuser, der zerschossenen Autos verfolgen sie bis heute. Und die Erzählungen der Menschen von vergewaltigten Kindern, erschossenen Schülern. „Ich weiß nicht, ob ich vergeben kann“, sagt die 23-Jährige.

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