Nur 200 Exemplare weltweitErftstädter hat seinen Oldtimer in der Flut verloren

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Der Käfer war das erste Auto seiner Frau. Harald Reichel will ihn wieder herrichten. Vorrang hat aber zunächst das Wohnhaus.

Der Käfer war das erste Auto seiner Frau. Harald Reichel will ihn wieder herrichten. Vorrang hat aber zunächst das Wohnhaus.

Erftstadt-Bliesheim – Das Wasser ist längst abgelaufen. Geblieben ist der getrocknet Schlick – das Schlamm-Ölgemisch. In der Fahrzeughalle von Harald Reichel (63) sind die Spuren der großen Flut vom 15. Juli noch in aller Deutlichkeit zu sehen. Bis weit über die Wagendächer hinaus haben seine acht Oldtimer und Youngtimer dort im Wasser gestanden. Bedeckt mit der harten und krustigen Schicht der getrockneten Matsche erinnert ihr Anblick nun eher an die gruselige Kulisse eines amerikanischen Katastrophenfilms.

„Die Oldtimer waren das Hobby meines Lebens“, erzählt der 63-Jährige. Seit 35 Jahren habe er die zumeist amerikanischen Modelle gesammelt. Alle Fahrzeuge habe er in gutem Zustand peu á peu gekauft und dann selber hergerichtet und in Schuss gehalten.

Nur 200 Exemplare gebaut

„Sie waren alle fahrbereit“, erzählt er und deutet auf eines der schmutzigen Fahrzeuge. „Das ist ein Jeep-Truck J 20 ex. Swedish Airforce, mit 5,9 Liter Motor, Baujahr 1981“, sagt er. Von ihm seien nur 200 Stück gebaut worden. „Er hat einen feuerverzinkten Rahmen, eine Motorvorwärmung und eine Pickup-Kabine, die auf Wunsch der Airforce ein schwedischer Schreiner maßgefertigt hat“, erklärt er. Noch weiß er zwar nicht wann, doch wolle er den Wagen auf jeden Fall wieder instandsetzen.

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Auch der VW Käfer Baujahr 1970 soll irgendwann wieder fahren. „Das Auto gehört meiner Frau. Es war ihr erstes Auto, das sie als junge Frau nach der Führerscheinprüfung von ihrem Vater übernommen hat.“

„Sie haben alle eine Vergangenheit“, erklärt er und deutet auf den 1982er Chevrolet Caprice Classic Station, mit 5,7 Liter Motor. „Ihn habe ich mir wegen der großen Ladefläche vor 35 Jahren mit einer regulären Straßenzulassung gekauft“, sagt Reichel. Als Berufsmusiker sei er mit ihm gerne zu den Terminen gefahren. „Da passt echt was rein.“

Raritäten verkauft

Zwei seiner Oldtimer, einen 1982er Jeep Truck J10 und seinen 1990er Mercury Grand Marquis Colony Park, habe er inzwischen über die Restwertbörsenvermittlung verkauft. Dabei seien sie wirkliche Raritäten gewesen. „Vom Mercury Grand Marquis Colony Park gab es nur 4500 Modelle“, erklärt er. Schrott – kaputt und irreparabel sei auch der Youngtimer, der 1997er Volvo V70 Executive mit 2,5 Liter Dieselmotor. „Er ist schon 685 000 Kilometer gelaufen, hatte keinen Rost und immer noch den ersten Auspuff“, berichtet er. Ohne Mängel habe er ihn 2021 für die Saisonzulassung noch durch den Tüv bekommen. „Ihn habe ich 1998 als Jahreswagen mit 80.000 Kilometer auf dem Tacho gekauft.“

Inzwischen steht für ihn fest, dass er lediglich drei seiner einst acht Oldtimer behalten möchte. Aber es wird Jahre dauern, bis sie wieder fahrtüchtig sein werden. „Ich muss sie zum Reinigen ja komplett auseinandernehmen.“

Wasser flutete das Haus

Reichel schüttelt den Kopf, als wolle er sich für das Chaos in der Fahrzeughalle und der Scheune entschuldigen. „Ich hatte bisher einfach noch keine Zeit hier aufzuräumen“, sagt er. Das Hochwasser habe ja nicht nur die Fahrzeughalle und seine Scheune geflutet, sondern auch den Keller sowie das Erdgeschoss seines Wohnhauses und sein Instrumentendepot. Dort lagerten all seine Instrumente und Musiknoten, die er als Musiker über Jahrzehnte hinweg gesammelt hatte. „Es war ganz schrecklich“, beschreibt er die Szenen, als er mit seiner Frau und einem Freund in der Nacht zum 15. Juli um vier Uhr morgens noch versucht hatte, mit Pumpen das Wasser wenigstens aus dem Wohnhaus zu halten. Die eigentliche Flutwelle stand ihnen zu diesem Zeitpunkt noch bevor.

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„In der Fahrzeughalle stand das Wasser am Ende gut 2,30 Meter hoch“, erklärt er. Die Strömung habe sogar die alten Balken seiner Scheune, die neben der Fahrzeughalle stand, umgerissen und so das Dach zum Einsturz gebracht.

Doch auch diese Reparatur müsse warten. „Das Wohnhaus hat Vorrang.“ Doch noch trocknen die vom Putz freigeschlagenen Wände im Keller und Erdgeschoss. Auch die Fußböden mussten raus. Über dem Kellergewölbe habe er unter Holzdielen die gesamte Bodenfüllung rausschlagen müssen. „Bis hier wieder alles in Ordnung ist, das dauert“, sagt Reichel.

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