Angst um WeidetiereLandwirte in Rhein-Sieg fordern Bejagung des Wolfs

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Hunderzüchter Frederic Jüdes, Dietmar Tüschenbönner von der Kreisbauernschaft und Schafhalter Franz-Josef Biergans (v.l.) sind nach dem Nachweis eines kleinen Wolfsrudels in Eitorf ebenso besorgt wie der Landwirtschaftsverband.

  • Im Eitorfer Wald wurde ein Wolfsrudel gesichtet.
  • Das besorgt den Rheinische Landwirtschaftsverband (RLV) und die Bauern aus der Region.
  • Über Herdenschutzmaßnahmen, wolfssichere Zäune und die Folgen der Zuwanderung von Wölfen in der Region.

Rhein-Sieg-Kreis – Nach der offiziell bestätigten Sichtung eines kleinen Wolfsrudels im Eitorfer Wald zeigen sich der Rheinische Landwirtschaftsverband (RLV) und Bauern aus der Region besorgt über die Ausbreitung des Raubtieres. „Der Wolf ist kein Kuscheltier“, warnt RLV-Präsident Bernhard Conzen, für den sich aus der Sicht der Tierhalter nun zahlreiche Fragen stellen, etwa, ob ein ausgewachsenes Rudel anders jage als ein Einzeltier, ob Wölfe voneinander lernen, wie sie Zäune überspringen können und Wölfe nach Jungtieren bald auch größere Tiere reißen.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz hatte bestätigt, dass in den Wäldern rund um Eitorf ein kleines Wolfsrudel lebt – eine Fehe mit einer noch unbekannten Zahl von Jungtieren. Bei einer Filmaufnahme der Tiere von Mitte Juni handelt sich um den ersten Nachweis einer Wolfsfamilie in NRW seit Beginn der Sichtungen vor einigen Jahren. Conzen betont, dass es nicht darum gehe, „dass wir Landwirte etwas gegen den Wolf haben“. Doch es sei „schwer zu ertragen, dass das Wohl eines einzelnen Tieres über das vieler Weidetiere gestellt wird“.

Nicht nur Herdenschutzmaßnahmen

Bei der Diskussion über die Folgen der Zuwanderung von Wölfen auf die Viehwirtschaft sei es nicht mit dem Hinweis auf Herdenschutzmaßnahmen getan. „Herdenschutz ist eine Sache, ein Rüstungswettlauf mit immer höheren Zäunen kann aber nicht die Lösung sein. Zumal wir damit auch die Landschaft für Rehe und andere Wildtiere durchschneiden“, so Conzen, der mit Hinweis auf Erfahrungen in Niedersachsen dafür plädiert, „dass Problemwölfe konsequent entnommen werden müssen“. Dass nicht nur ein einzelner Wolf in den Eitorfer Wäldern unterwegs ist, sondern ein kleines Rudel bereitet auch den Landwirten in der Region Sorge.

„Mit dem Nachwuchs wächst das Risiko“, sind Dietmar Tüschenbönner, Vizevorsitzender der Kreisbauernschaft, Rinderzüchter Frederic Jüdes und Schafhalter Franz Josef Biergans überzeugt. Sie bezweifeln, dass sich das Wolfsproblem mit dem Bau immer neuer Zäune lösen lässt. An vielen Stellen in der Region lasse dies die Topographie gar nicht oder nur mit hohem Aufwand zu, etwa weil viele Weiden hügelig und von kleinen Bächen durchzogen seien.

Zäune sind keine Lösung

Zudem sei der Bau von wolfssicheren Zäunen auch an Rinderweiden Jägern und der Bevölkerung kaum zu vermitteln. „Wir wollen die Landschaft nicht mit Zäunen verbarrikadieren, durch die weder Reh noch Hase kommen“, sagt Tüschenbönner.

Für Frederic Jüdes, der in Eitorf Limousin-Rinder züchtet, spricht auch die Bevölkerungsdichte in der Region dagegen, die Ansiedlung des Wolfs zu dulden. „Um 1900 haben auf dem Gebiet des heutigen Landkreises 120 000 Menschen gelebt. Bei der letzten Zählung im Jahr 2019 waren es fast 600 000“, argumentiert er. Der Raum, auf dem sich Wolf und Mensch begegneten, sei dadurch faktisch kleiner geworden. Damit steige das Risiko von „Begegnungen mit Folgen“.

Anschaffung eines Schutzhundes

Schafhalter Franz-Josef Biergans aus Eitorf-Obenroth erwägt jetzt die Anschaffung eines Herdenschutzhundes. Er fordert, bei der Tierwohldiskussion auch an Nutztiere zu denken, die von Wölfen gerissen werden. „Ich habe noch von keinem Tierschützer gehört, der Bilder gerissener Schafe gezeigt oder sich über deren Leid beklagt hat.“

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Nötig ist nach Auffassung des RLV nun eine „aktive Regulierung des Wolfsbestandes“ – sprich die Bejagung. Diese sei auch für den Erhalt „einer einzigartigen Kulturlandschaft wie etwa der Eifel oder dem Bergischen Land “ unverzichtbar, so Contzen. Auch Rinderzüchter Jüdes spricht sich für eine „Entnahme“ von Wölfen aus – allerdings nur, wenn es darüber einen breiten gesellschaftlichen Konsens gebe. „Alle müssten dahinterstehen.“

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