Cannabis im BlutWindecker Handwerker kämpft um seine Existenz

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Steffen Hollatz-Peth versteht nicht, warum ihm der Rhein-Sieg-Kreis den Führerschein verweigert.

Windeck – Als Droge habe er Cannabis nie konsumiert, versichert der Windecker Schreiner und Zimmermann Steffen Hollatz-Peth immer wieder. Dass der Rhein-Sieg-Kreis ihm die Rückgabe des Führerscheins verweigert, kann er nicht verstehen. Er hat sich an den Petitionsausschuss des Landtags gewandt, der ihn für den heutigen Donnerstag zu einer Anhörung nach Düsseldorf eingeladen hat.

Im Zuge von Polizeikontrollen war bei Hollatz-Peth wiederholt der Cannabis-Wirkstoff THC im Blut gefunden worden. Bis zu der erlaubten Grenze von 1,0 Nanogramm pro Milliliter Blut, das bestätigt auch seine Anwältin Ulrike Dronkovic.

Hanföl getrunken

Der selbstständige Handwerker erklärt das mit dem regelmäßigen Verzehr von Hanfölen, um beruflich bedingte Schmerzen zu lindern. Diese Öle seien frei im Handel verkäuflich. Ein Urteil des für Windeck zuständigen Waldbröler Amtsgerichts wegen Fahrens unter Drogen wurde vom Landgericht Köln kassiert. Ein Gutachter hatte schon bei der Verhandlung in Waldbröl nicht ausschließen können, dass der gemessene THC-Wert tatsächlich von Lebensmitteln herrühren könnte.

Dass der Rhein-Sieg-Kreis trotz des Gerichtsentscheids, immerhin ein Freispruch, bei seiner Haltung bleibt, erklärt Dronkovic mit den Unterschieden zwischen Straf- und Verwaltungsrecht. Der Kreis sei ans Strafrecht nicht gebunden. Durch die Instanzen der Verwaltungsgerichte zu ziehen aber, könne Jahre dauern.

Existenz bedroht

„Für mich geht es um die Existenz“, erklärt Hollatz-Peth. Ohne Auto sei er auf dem Dorf in Windeck aufgeschmissen, könne nur schwer seinen Beruf ausüben. Zudem belaste die Situation, die sich bereits seit Jahren hinzieht, seine Familie.

Verfolgt fühlt sich Hollatz-Peth von der Polizei. Die habe ihn immer wieder angehalten – ohne strafrechtliches Ergebnis. Auch bei einer Durchsuchung seines Hauses seien keine Drogen gefunden worden. Dennoch fühle er sich weiter unter verschärfter Beobachtung. Der Windecker vermutet falsche Beschuldigungen von Nachbarn als Hintergrund. Daniela Lesmeister, von Oktober 2017 bis zur neuen Regierungsbildung im Juni 2022 Chefin der 57 000 Beschäftigen der NRW-Polizei hatte ihm zugesagt, die Vorwürfe zu prüfen. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

Zwei positive Befunde liegen dem Kreis vor

Dem Rhein-Sieg-Kreis liegen nach eigenen Angaben in der Tat zwei positive Befunde von Blutproben vor. Sie sind die Grundlage für dessen weiteres Vorgehen. Ende August 2019 wurde deshalb die Vorlage eines Gutachtens, eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), angeordnet, wie Kreispressesprecherin Rita Lorenz auf Anfrage bestätigte.

Dabei sollte die Frage geklärt werden, ob Hollatz-Peth gelegentlichen Cannabis-Konsum vom Führen eines Kraftfahrzeuges trennen könne. Das Gutachten, so Lorenz, brachte das Ergebnis, dass der Mann eben das nicht könne und deshalb ungeeignet zum Führen eines Kfz sei.

„Gefahrenabwehr"

„Aufgrund dieses Ergebnisses musste ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden – ein Ermessen lag hier nicht vor“, erklärt der Kreis. Andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sollten geschützt werden. Dabei spiele das Strafverfahren, das die Vergangenheit beleuchte, eben keine Rolle. Im Verwaltungsverfahren liege der Fokus auf der Gefahrenabwehr mit Blick auf die Zukunft, es gehe nicht um Ahndung. Deshalb habe ein Freispruch in einem Strafverfahren keine direkten Auswirkungen auf das Verwaltungsverfahren, zumal der Grenzwert von 1,0 Nanogramm in einem Fall erreicht war.

Bislang haben die Gerichte das Vorgehen der Behörde bestätigt. Die Bezirksregierung hat auch kein Fehlverhalten der Polizei feststellen können. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts legte Hollatz-Peth Berufung ein, jetzt liegt der Fall beim Oberverwaltungsgericht. Weil es ein Eilverfahren ist, könne der Kreis derzeit auch gar nichts tun, sagte der Leiter der Straßenverkehrsbehörde, Harald Pütz.

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An diesem Donnerstag gibt es die Anhörung im Petitionsausschuss des Landtags, bei der alle Seiten erneut gehört werden. Eine Entscheidung kann dieses Gremium nicht fällen, es spricht nur Empfehlungen aus. Der Kreis erklärt, dass bei einer ärztlichen Anordnung für Cannabis-Gebrauch, ein Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis möglich sei. Dann werde sicher ärztlich getestet, möglicherweise auch eine MPU notwendig sein. Die Frage bleibe dabei dieselbe: Ist der Proband geeignet, ein Kraftfahrzeug zu führen?

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