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Entscheidung im RatEitorf kauft das Krewel-Areal zunächst nicht – Stattdessen tagt Arbeitsgruppe

Lesezeit 4 Minuten
Der Rat der Gemeinde Eitorf ist dem Beschlussvorschlag von Bürgermeister Rainer Viehof nicht gefolgt, das Krewel-Areal zu kaufen.

Der Rat der Gemeinde Eitorf ist dem Beschlussvorschlag von Bürgermeister Rainer Viehof nicht gefolgt, das Krewel-Areal zu kaufen.

Bei der Ratssitzung entschieden sich die Politiker, dem Beschlussvorschlag des Bürgermeisters nicht zu folgen. Es gab hitzige Diskussionen.

Der Gemeinderat ist der Idee von Bürgermeister Rainer Viehof und der Verwaltung, Gebäude und Grundstück des Unternehmens Krewel-Meuselbach sofort zu erwerben, nicht gefolgt. Nach einer rund zweistündigen, teils hitzig geführten Diskussion zog der Verwaltungschef seinen Beschlussvorschlag zurück. Aus der Mitte des Plenums kam ein anderslautender Antrag: Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Fraktionen, der Verwaltung und externer Experten soll schnell zusammentreten.

Dieses Gremium soll zügig und ergebnisoffen mögliche Nutzungsszenarien erarbeiten. „Der Rat der Gemeinde Eitorf sieht deutliche Chancen im Erwerb des Krewel-Areals für unsere Kommune“, heißt es im Antragstext, den der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Markus Reisbitzen, entwickelt hat. Er war von CDU, FDP, SPD und Grünen eingebracht worden. CDU-Grande Toni Strausfeld betonte, dass es nicht nur seine Fraktion sei, die ihn zur Abstimmung gebracht habe.

Der Rat der Gemeinde Eitorf sieht deutliche Chancen im Erwerb des Krewel-Areals für unsere Kommune.
Antrag zur Gründung einer Arbeitsgruppe, die Nutzungsszenarien prüfen soll

Damit ist die Option vom Tisch, die der Sachwalter der Insolvenz in Eigenverantwortung für Krewel-Meuselbach, Dr. Martin Kaltwasser, der Gemeinde eingeräumt hatte: Bis zur Ratssitzung am 5. Mai geht das Objekt nicht auf den Immobilienmarkt, es gab zudem einen Sonderpreis „im mittleren einstelligen Millionenbereich“, wie Viehof später mitteilte.

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Dieses Angebot hatte Kaltwasser mit dem Gläubigerausschuss, seinem Kontrollorgan, abgestimmt. Ab sofort geht er mit dem Krewel-Areal in die offensive Eigentumsverwertung. Denn zum 30. Juni ist die Ausproduktion des pharmazeutischen Betriebs beendet, danach liegt das Grundstück brach. 

Die Gebäude des pharmazeutischen Betriebs stehen ebenso zum Verkauf an wie das Grundstück, am 30. Juni endet die Produktion.

Die Gebäude des pharmazeutischen Betriebs stehen ebenso zum Verkauf an wie das Grundstück, am 30. Juni endet die Produktion.

Schon zu Beginn der Debatte wehte Viehof ein scharfer Wind entgegen. Der Beschluss zur Heranziehung an den Rat wurde heftig diskutiert. SPD-Sprecherin Sara Zorlu wollte es zunächst in den Fachausschüssen prüfen lassen. „Es ist eine teuersten Entscheidungen in der Geschichte der Gemeinde“, sagte sie. Der Gang in die Haushaltssicherung sei „keine Nebensache“. Sie nannte das Vorhaben nicht alternativlos, die Finanzplanung sei unstrukturiert, die Vorlage widersprüchlich. Vor allem kritisierte sie den Zeitdruck, das mache ihre Fraktion nicht mit.

Dem setzte der Bürgermeister entgegen, dass der Zeitplan seit dem 16. Dezember 2024 festgestanden habe. „Das liegt im Insolvenzverfahren.“ Der Preis enthalte eine sozial-wirtschaftliche Komponente und werde nur der Gemeinde angeboten. Strausfeld hielt dem entgegen: „Viele Dinge müssen noch auf den Tisch, bevor eine Entscheidung möglich ist.“ Immer und immer wieder werde Druck gemacht: „Lassen Sie uns vernünftig damit umgehen.“

Viehof prognostizierte, dass die Gemeinde ohnehin in die Haushaltssicherung gehen werde, er das sogar begrüße, weil es dann etwa beim Breitbandausbau höhere Zuschüsse gebe. SPD-Mann Dietmar Tendler folgte Strausfelds Argumentation. Der Beschluss habe weitreichende Folgen: „Billigen Sie uns zumindest Wochen zu.“ Am Ende gab es dann doch den einstimmigen Entscheid, dass der Rat an sich zieht.

Im nächsten Schritt ging es um den Verkauf. Kaltwasser skizzierte die Geschichte vom Scheitern der Übernahme durch einen Investor, die Nachricht kam kurz vor Weihnachten. Dem Gläubigerausschuss habe er mitgeteilt, dass die Gemeinde Zeit zur Prüfung in Baurecht und Bauordnungsrecht benötige. Die räumte den 5. Mai als Zeitpunkt ein. Ab dann müsse er den Interessentenkreis erweitern, das Objekt gehe in das Bieterverfahren.

Sanierungskosten von 20 bis 30 Millionen Euro stehen im Raum

Um die von Viehof vorgelegten Kostenschätzungen rankten sich die Diskussionen ebenso wie um den Schulentwicklungsplan, das pädagogische Konzept einer Schule in einem Industriegebäude, um Bücherei und Gebäude der Deutschen Bahn, in dem die Biologische Station untergebracht ist. Die Sanierungskosten von 20 bis 30 Millionen Euro hielt SPD-Mann Bernd Thienel für kaum realistisch. 

Sascha Liene von der FDP gab der Idee, das Krewelgelände zu kaufen, eine glatte 1, der Umsetzung aber eine 6. Zunehmend emotionaler wurde die Diskussion. Der überfraktionelle Antrag deutete sich an. Doch Viehof wollte sein Projekt noch nicht aufgegeben. In einer Präsentation stellte er den geplanten Kosten für einen Schulneubau, ein neues Rathauses, eine Feuerwache in Höhe von fast 100 Millionen Euro einen Kostenrahmen von eben jenen 20 bis 30 Millionen Euro gegenüber. Dazu käme allerdings noch der Innenausbau, dessen Kosten durch Verkäufe und Vermietungen noch abgefedert werden könnten.

Krewel-Meuselbach in Eitorf wird schließen, noch arbeiten die Menschen dort.

Krewel-Meuselbach in Eitorf wird schließen, noch arbeiten die Menschen dort.

Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken stellte er dar, erklärte, dass der Erwerb die Umsetzung vieler notwendiger Projekte schneller möglich mache. Den Vorschlag eines Investors, die Gebäude zu übernehmen und ein energetisch nicht saniertes Rathaus an die Gemeinde zu vermieten, wollte er nicht annehmen. Zorlu und Tendler schossen den Bürgermeister scharf an, forderten eine Sachdiskussion oder gar die Abgabe der Sitzungsleitung.

Fehlende Transparenz, keine offene Kommunikation, keine Zusammenarbeit mit den Fraktionen, das alles wurde ihm in der emotionalisierten Debatte vorgeworfen. Der überfraktionelle Antrag schließlich fand breite Zustimmung, Reisbitzen prognostizierte eine Zeitschiene von neun bis zwölf Monaten. Dr. Rüdiger Storch (FDP), Viehofs Amtsvorgänger, zeigte sich entspannt, wenn eine anderer Investor käme, der habe ja schließlich etwas vor. Ansonsten könne die Gemeinde im Rennen bleiben.

Schließlich folgte ein einstimmiges Votum, Verhandlungen zum Kauf des Garagentrakts für die Feuerwache West wurden explizit beauftragt. Feuerwehrchef Jürgen Bensberg äußerte sich positiv dazu. Ingo Windscheif, der die Eventhalle an der Brückenstraße ins Spiel gebracht hat, will übrigens bei seinem Vorhaben bleiben.