Das pralle Leben in MiniaturHennefer baut Domstadt im Modellbaumaßstab

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Heinz_Lingen

Heinz Lingen hat im Keller seines Hauses eine Kölner Stadtlandschaft aufgebaut, an der er seit 50 Jahren arbeitet.

  • Heinz Lingen hat ein besonderes Hobby.
  • Der Hennefer baut in seinem Haus in Happerschoß an einem Mini-Köln in Modellbaumaßstab.
  • Wie er vor 50 Jahren mit diesem Projekt anfing und wie viel Liebe zum Detail darin steckt.

Hennef – Der Blick reicht nicht ganz bis in die Domstadt, die Hügel der Wahner Heide und des Siegburger Stadtwalds stehen im Weg. Dafür hat sich Heinz Lingen den Dom und die Altstadt ins eigene Haus nach Happerschoß geholt, allerdings stark verkleinert – im Maßstab 1:160.

Das entspricht der Spur N. Tatsächlich stehen viele Modelleisenbahnmodelle in der beeindruckenden Stadtlandschaft. Sie sind aber die einzigen Stücke, die der 84-Jährige zugekauft hat. Alles andere hat er in filigraner Handarbeit selbst hergestellt, auch die Straßenbahnen. Allein an der Kathedrale hat er vier Jahre gearbeitet.

Das passende Haus zum Hobby

„Köln ist etwas gestaucht“, gibt Lingen unumwunden zu. Vor rund 50 Jahren hat er in einer Mietwohnung mit dem erfüllenden Projekt begonnen. Kleine Module schuf er, die im Keller Platz fanden. Schon damals hegte er die Hoffnung, das mal in einem Haus unterzubringen. Als es ihn nach Happerschoß verschlug, war dann der Raum im Untergeschoß, den heute Heumarkt und Alter Markt zieren, das erste Planungselement.

Der Rest der Lingenschen Heimstatt musste sich drumherum gruppieren. Letztlich war die Eisenbahn der Ursprung für den Hausbau. Die Gegend gefiel ihm, sein Vater wohnte in Lichtenberg. Als Kind und Jugendlicher war er mit den Pfadfindern hier. Und als der Vater ihm eine Anzeige präsentierte, schlug er zu. Dabei gab es noch einen Wink des Schicksals. In dem Haus, in dem seine Familie in Klettenberg wohnte, lebte eine Familie namens Happerschoß. Der Umzug hatte weitreichende Folgen: Der gelernte Grafiker und Journalist gründete an der Wehrstraße die Rhein-Sieg-Kunst-Akademie, später das Kunstkolleg, dessen Leiter heute sein Sohn Tobias ist.

Heinz-Lingens-Dom

Der Kölner Dom mit Vorplatz aus der Hand des Hennefers Heinz Lingen

Dabei wollte er eigentlich Revierförster werden. „In den 50er Jahren aber gab es viele Förster.“ Über einen Nebenjob rutschte er in die Grafikabteilung von Kaufhof, begegnete dort einer Vielzahl von Künstlern. „Da lernen zu dürfen, das war ein besonderes Privileg.“

Wettbewerb von Kaufhof

In den 50er Jahren beteiligte sich das Kaufhaus an einem Wettbewerb unter dem Titel „Blickfänge“. In den Schaufenstern entstanden Stadtviertel und Straßenzüge aus dem alten Köln. „Da haben wir selber Figuren aus der Kaiserzeit erschaffen, plastische Bilder in Perspektive gebaut.“ Und das mit Erfolg: Kaufhof gewann den ersten Preis bei dem weltweiten Spektakel. So ist denn auch das Happerschosser Köln ein Panorama, das den Zeitraum von der Kaiser-Wilhelm-Zeit bis 1945 umfasst.

Nach den Bombenangriffen zog es die Familie nach Thüringen, der Vater in Gefangenschaft, die Mutter mit drei kleinen Kindern auf der Flucht. Von Erfurt startete der Rückweg: „Ich bin zo Foß noh Kölle.“ Das hat Lingen geprägt, seine Erinnerungen an die zerbombte Metropole sind lebendig. „Daraus entstand meine Heimatliebe.“

Die Liebe liegt im Detail

Und die zeigt sich im Übermaß in den Details seiner Modellstadt. Er schuf Formen für die Domfassade, die er mit Porzellin ausgoss. Die kleinen Fensteröffnungen bohrte er einzeln aus. Die Nieten auf der alten Hohenzollernbrücke hat er mit einer Schreibmaschine produziert. Aus einer speziellen Folie, die er sich in Bayern besorgte, drückte er einen Punkt nach dem anderen heraus, immerhin 88 800. Es sieht originalgetreu aus.

Heinz-Lingens-Jan

Die Statue des Jan van Werth auf dem Alter Markt

Auf der Altstadt-Seite hat Lingen die alte Jugendherberge gebaut, die im Brückenkopf untergebracht war. Jan von Werth steht auf dem Alter Markt auf dem Brunnen, eine eigens handmodellierte Figur. Zu den herausragenden Objekten gehört sicherlich der Bahnhof der Bergisch-Märkischen Eisenbahn auf dem Deutzer Ufer, den kaum jemand kennt.

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Heraus sticht auch der Hauptbahnhof in seiner Vorkriegsgestalt. Pferdedroschken ziehen am Dom und der Domhütte vorbei, am Heumarkt erheben sich noch die Markthallen. Ein besonderer Anblick ist die Stadtlandschaft im Dunkeln, die Häuser sind erleuchtet, der Dom scheint aus sich heraus zu strahlen. Und sogar in den Hinterhöfen tobt das pralle Leben.

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