IHK schlägt AlarmWirtschaftslage im Rhein-Sieg-Kreis ist „brutal eingebrochen“

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Symbolbild: Der Personalmangel belastet viele Betriebe in der Region schwer.

Rhein-Sieg-Kreis – Stefan Hagen ist ein Mann, der seine Worte sorgfältig abwägt. Aber mit Blick auf das aktuelle Konjunkturbarometer für die Region findet der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg eine drastische Formulierung: „Die Wirtschaftslage ist brutal eingebrochen.“

Der jüngste IHK-Konjunkturklimaindex ist im Herbst gegenüber dem Frühsommer um mehr als 20 auf 80 Punkte abgestürzt. Das hat eine am Dienstag bekanntgewordene Umfrage der Kammer im September/Oktober unter 1400 Unternehmen ergeben, von denen 320 den Fragebogen beantwortet haben (siehe „Mittelwert“).

IHK-Präsident: Für einige Firmen geht es jetzt schon um die Existenz

Steigende Energiepreise, die Ungewissheit über die Versorgungssicherheit, die hohe Inflation und der Fachkräftemangel treiben die Firmen um. Hagen: „Für einige geht es jetzt schon um die Existenz.“ Firmenleiter bewerteten die Geschäftslage zwar noch leicht positiv, bei der Frage nach den Erwartungen zeige der Daumen aber nach unten.

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77 Prozent sähen eine große Gefahr in der Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise, 54 Prozent versuchten, die gestiegenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, 31 Prozent wollten in Energieeffizienz investieren. Das klappe aber nicht in jeder Werkstatt. Hagen: „Wer ein Auto lackiert, braucht eine Arbeitstemperatur von 80 Grad, bei 70 Grad geht es schon nicht mehr.“ Aufgeteilt nach Branchen sieht es so aus:

Industrie: Hier verschärft sich laut IHK die Krise. Der Geschäftsklimaindex liegt bei 82 Punkten und war nur auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 mit 67,6 Punkten niedriger. IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille berichtet von Auftragseinbrüchen und sinkenden Exporten, 56 Prozent der Unternehmen meldeten ihm, dass sie bei einem Ausfall der Gaslieferung die Produktion einstellen müssten.

Dienstleistungen: Die Region ist vor allem ein Dienstleistungsstandort, doch die Stabilisierung, die sich im Frühsommer gezeigt hatte, ist vorbei. Der Index zeigt 88 Punkte (vorher 109), weil die Firmen pessimistische Erwartungen haben. Die Umsätze sind bei einem Viertel gesunken, entsprechend wollen sich die Verantwortlichen mit Investitionen zurückhalten.

40 Prozent der Betriebe im Gastgewerbe kündigen Personaleinsparungen an

Einzelhandel: Bei den Kaufleuten zeigt die Indexkurve steil nach unten, von 124,8 Punkten vor einem Jahr auf nun 61,1. Hille: „Das ist der schlechteste Wert in allen Branchen.“ Warum? „Die Konsumlaune ist dahin.“ Die Zurückhaltung der Kunden wirke sich auch aufs Eigenkapital aus, 30 Prozent der Einzelhändler sprächen von Liquiditätsengpässen.

Gastgewerbe: Nur 2,5 Prozent der Hoteliers und Gastwirte sieht die Lage rosig, alle anderen ziehen die Mundwinkel nach unten. Die erhöhten Kosten etwa für Energie oder den Einkauf wollen 76 Prozent auf ihre Gäste abwälzen, 40 Prozent kündigen Personaleinsparungen an. Folge: Das Schnitzel wird teurer, und es dauert länger, bis es auf den Tisch kommt.

Verkehr: Auch hier sind die Aussichten trübe, unter anderem weil Lkw- oder Busfahrer fehlen. Der Index ist von 97 auf 78 Punkte gefallen.

IHK Rhein-Sieg fordert entschlossene Hilfen der Politik

Information und Kommunikation: Im Vergleich zu den anderen Branchen fällt der Rückgang des Konjunkturklimaindex auf 94 Punkte moderat aus, doch der Blick der Unternehmer in die kommenden Monate ist von Pessimismus geprägt. Vom Auslandsgeschäft werden keine Impulse erwartet.

Wer soll den Karren aus dem Dreck ziehen? Da sehen Hagen und Hille die Politik gefordert: Sie müsse „sehr entschlossen“ handeln und die Unsicherheit aus den Märkten nehmen.

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