Neun-Euro-TicketIn Troisdorf normaler Verkehr, in Windeck drängeln sich Bahnfahrer

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Neun-Euro-Ticket

Kaum mehr Betrieb als an anderen Tagen gab es im morgendlichen Pendlerverkehr am Bahnhof in Troisdorf. 

Troisdorf/Windeck – Der erste Tag des Neun-Euro-Tickets hat bereits erste Fahrgäste zum Umstieg bewegt – doch der große Ansturm blieb aus. Ein Überblick.

Mehr Aufkommen an der Oberen Sieg

Die S-Bahnen besetzt wie an jedem Wochentag, aber wesentlich mehr Fahrgäste im Regionalexpress. So stellt sich die Situation an der Oberen Sieg am Vormittag dar. „Fast jeder zweite Fahrgast hat ein Neun-Euro-Ticket“, berichtet der Kontrolleur der Deutschen Bahn, der eigentlich gar nicht mit der Presse sprechen darf.

Schüler füllen die Waggons. Erzieherinnen mit ihrer Kindergartengruppe suchen erfolglos Plätze, die möglichst nahe beieinander liegen. „Es ist wesentlich mehr los als sonst um diese Zeit“, unterstreicht der Mann von der Bahn.

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Wie schon in den vergangenen Tagen nutzen auch zahlreiche Senioren das schöne Wetter zu einem Ausflug. Dass sie dabei auch auf das preiswerte Ticket setzen, ist selbstverständlich. Einzelne sind allerdings auch mit dem Aktiv-60-Ticket des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg unterwegs. Das gibt es zurzeit auch für neun Euro, inklusive der üblichen Vorteile, wie freier Mitfahrt einer zweiten Person ab 19 Uhr und am Wochenende.

Stark belegte Züge auf der Siegtalstrecke konnte die Pressestelle der Deutschen Bahn am Mittwoch nicht bestätigen. Verspätungen einiger Züge am Mittwochvormittag erklärte sie mit einer Signalstörung bei Siegen.

Start 9-Euro-Ticket: Wenige zusätzliche Passagiere

„Kaum wahrzunehmen“ waren die zusätzlichen Fahrgäste in Bussen und Bahnen der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) und der Stadtwerke Bonn (SWB). Eine Zunahme der Zahlen war am Mittwoch „eher nicht spürbar“, berichtet Melanie Matyschok von der RSVG nach Rücksprache mit ihren Kollegen.

„Wir hatten heute normales Fahrgastaufkommen auf allen Linien. Es ließ sich nicht feststellen, dass Fahrzeuge zu bestimmten Zeiten stärker als sonst an einem Wochentag besetzt waren“, ergänzt Stefanie Zießnitz, von der SWB-Pressestelle.

Die Stadtwerke Bonn haben mehr als 140.000 Abonnentinnen und Abonnenten, die durch Jobticket oder andere Monatskarten automatisch von den Vorzügen des Neun-Euro-Tickets profitieren. „Bis gestern haben wir 35.000 Neun-Euro-Tickets verkauft. Da sind die Zahlen externer Verkaufsstellen noch nicht enthalten, die werden gerade ermittelt“, erklärt Zießnitz die Relationen.

Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hatte in dieser Woche schon angekündigt, zusätzliche Waggons für das Wochenende bei seinen Auftragnehmern zu bestellen. Auf der Siegtalstrecke betreibt die DB Regio neben dem Regionalexpress 9 die S-Bahnlinien 12 und 19.

Kein Chaos trotz Bahnausfalls in Troisdorf

Ruhig ging es am Mittwochmorgen am Troisdorfer Bahnhof zu. Am Tag der Einführung des Neun-Euro-Tickets gab es kaum mehr Bahnkunden im morgendlichen Pendlerverkehr. „Man merkt es nur ein bisschen“, ruft eine Lokführerin des Regionalexpress 9 aus der Lokführerkabine. Dabei fiel die S12, die um 7.23 Uhr hätte fahren sollen, auch noch aus. „Wegen kurzfristiger Erkrankung des Personals“, begründete die Ansagerstimme auf dem Bahnsteig.

Seit sieben Jahren ohne Auto

Auf dem Weg zur Arbeit will sich Andrea Rothkranz zügig mit der Buchhaltung in Verbindung setzen. „Ich gehe aber mal davon aus, dass das bei uns automatisch umgestellt wird“, so die Mitarbeiterin der Firma Cejn Product in Troisdorf-Spich. 80 Euro koste das Monatsticket für sie, wovon der Arbeitgeber immerhin 50 Euro beisteuere. Aber neun Euro seien ja immer noch deutlich günstiger als 30 Euro.

„Bahn fahren ist eine coole Sache“, ergänzt die Kölnerin, die unweit des Kölner Hauptbahnhofs wohnt und vor sieben Jahren ihr Auto abgeschafft hat. „Seitdem läuft alles viel entspannter“, fügt sie an. Ein bisschen voller empfindet auch sie das Verkehrsaufkommen im Zug an diesem 1. Juni.

Erfolgreiche Premiere mit dem 9-Euro-Ticket

„Das war für mich sehr angenehm“, fasst Claudia Gabriel ihre Erfahrungen mit dem Neun-Euro-Ticket zusammen. „Ich wohn’ ja auf dem Dorf“ – und doch wird sie in Zukunft öfter mal das Auto stehen lassen, wenn nicht dienstliche Belange wie Außentermine dagegen sprechen.

„Gewundert“ habe sie sich fast am Mittwochmorgen, dass von ihrem Wohnort Lohmar-Breidt stündlich ein Bus nach Siegburg fährt, „damit kann man was anfangen“. Und musste sie früher noch in Lohmar umsteigen, um zu ihrem Arbeitsplatz im Caritas-Haus an der Siegburger Wilhelmstraße zu gelangen, so kann sie heute eine Direktverbindung nutzen.

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Eine Viertelstunde länger als mit dem Auto ist die Koordinatorin für die rechtsrheinische Gemeindecaritas unterwegs gewesen, 30 statt 15 Minuten. Aber: „Da kann ich schon mal Zeitung lesen.“ Und am Abend habe sie Zeit „zum Runterkommen“.

Grundsätzlich finde sie das Neun-Euro-Ticket sinnvoller als einen Tankrabatt. „Das ist der falsche Ansatz.“ Gleichwohl gibt sie zu, dass ohne das Sonderangebot für den ÖPNV das Umweltargument auch für sie „nicht so gezogen“ hätte. Immerhin 3,90 Euro kostet sonst die einfache Fahrt, „und wenn man dann das Auto in der Garage stehen hat... “ So aber will sie vielleicht auch nach dem Auslaufen des Neun-Euro-Tickets öfter auf das Auto verzichten. „Wenn die Monatskarte nicht 60 Euro kostet und ich weiß, dass ich sie nur zwei Mal in der Woche nutzen kann.“

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