StraßentheaterGajes unterhielt vor der Troisdorfer Stadthalle

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Die Helden des Stücks schipperten über den Platz vor der Stadthalle.

Troisdorf – „Sterben ist eine Kleinigkeit. Die eigentliche Herausforderung liegt im Wiedergeboren werden“, gab Hades, Herrscher über die Unterwelt, dem schwer angeschlagenen Helden Odysseus mit auf dem Weg. Zuvor war eine erschreckend gut gelaunte Truppe aus dem Totenreich durch die etwa 400 Zuschauer auf dem Platz vor der Stadthalle gezogen. Dort hatte das Straßentheater Gajes aus den Niederlanden Homers Sage um den legendären antiken Krieger in nur einer Stunde radikal neu erzählt.

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Polyphem (vorne) führt nichts Gutes im Schilde.

Die Geschichte setzt ein, nachdem Troja endlich erobert ist. Odysseus, Herr der tausend Tricks, will nun schleunigst heim zu seiner schönen Frau Penelope, nicht ahnend, dass diese Reise zehn Jahre dauern wird. Der Held hat zwar die Kriegsgöttin Athene an seiner Seite, aber den Meeresgott Poseidon gegen sich. Und dass Odysseus Poseidons Sohn, den ebenso dümmlichen wie geldgierigen Kyklopen Polyphem blendet, ist wenig geeignet, den Zorn des Meeresgotts zu mildern.

Schiff auf Rädern

„Wenig Text, starke Bilder und klar definierte Emotionen“, hatten die Künstlerische Leiterin Maartje Keijzer und Regisseur Jeroen Kriek ihrem Ensemble mit auf den Weg gegeben. Eine konventionelle Bühne gab es dafür nicht, stattdessen wurde der ganze Platz bespielt. Dort schipperten Odysseus und seine Gefährten auf einem schrottreifen Schiff auf Rädern in Lebensgröße. Auch die anderen Mimen und Musiker wurden auf groteske Fahrzeuge platziert, die aus dem dystopischen Kultfilm „Mad Max“ stammen könnten und von dem Ensemble selbst zusammengebaut wurden.

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Ungewöhnliche Fahrzeuge waren Teile der Inszenierung.

Dies verlangte äußerste Aufmerksamkeit vom Publikum, denn die Kulissen waren ständig in Bewegung, geführt von ehrenamtlichen Helfern. Dies galt auch für die Mimen, die auf Stelzen durch die Menge wuselten und dabei auch besser keinen Augenblick aus den Augen gelassen werden sollten. Ein Konzept, das aufging, da es die Schlüsselstellen der Illias mit großen Gefühlen und teilweise spektakulären Effekten auflud.

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Bekanntes Gesicht bei Via Theatro: Herr Kammann führte das Publikum vor der Johanneskirche durch das Programm.

Vieles ereignete sich deutlich über dem Boden, so dass die Darsteller auch akrobatisch voll gefordert waren. Eine wichtige Rolle übernahm die live gespielte Musik zwischen Klassik und Tango, die die Atmosphäre prägte. Wie gut dieser Ansatz funktionierte, zeigte sich, als der von jahrelanger Enthaltsamkeit geplagte Odysseus an die verführerische Zauberin Kirke geriet.

Auftakt an der Johanneskirche

Bereits am Freitagabend hatte das Festival in der Innenstadt begonnen: Unter den mächtigen Bäumen und auf der abgesperrten Viktoriastraße verfolgten die vielen Zuschauer die ersten Auftritte. Mit dem „Tod des Empedokles“ forderte Peter Trabner das Publikum, tobte mit Verve seine Zivilisationskritik aus. Mikroplastik und halluzinogene Pilze waren ebenso Thema dieser Tour de force wie der Schweinebraten vom Discounter, das Online-Auktionsportal Ebay oder das Kind, das mit nur drei Jahren an Blutkrebs stirbt. Danach war der Auftritt der Sassy Jassy Sisters aus Berlin und Amsterdam willkommene Entspannung: Hoch über dem Boden entführte das Duo mit seiner Artistik an Tüchern in die Welt des Zirkus vergangener Tage. Für frischen Humor sorgte die Wiederbegegnung mit einem „alten Bekannten“: Herr Kammann moderierte mit Wortwitz und Geschick auf dem Hochrad und warb nicht zuletzt für großzügige Gaben in den Hut: Wie immer war der Eintritt frei, Spenden aber hochwillkommen. (dk)

So verwandelte sich der Platz in eine Mischung aus Tabledance-Bar und abgewanzter Großraum-Disco, sehr zur Freude des Dreizack-schwingenden Poseidons. Dabei schien es fast so, als ob Quentin Tarantino hier Hand angelegt hätte. Am Ende kommt Odysseus heim zu seine Penelope, deutlich weniger glanzvoll jedoch als erhofft und erwartet.

Es gab langanhaltenden und kräftigen Applaus für einen ungewöhnlichen Theaterabend, bei dem auch das Kabarett K. und der Artist Noah auf dem Programm standen.

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