Projekt „Singpause Köln“2.500 Pänz rocken die Philharmonie

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Fast alle Reihen der Kölner Philharmonie sind mit 1.300 Grundschülern besetzt, die von einer Band begleitet ein Konzert geben.

Singpause-Konzert in der Kölner Philharmonie. Mehr als 1.300 Kölner Grundschüler*innen singen gemeinsam nach der Ward-Methode.

In seinem fünften Jahr bietet das integrative Bildungsprojekt „Singpause Köln“ gleich zwei Konzerte mit Grundschulkindern aus 14 Schulen. 

Wenn zirka 1.300 Kölner Grundschulkinder aus voller Kehle „Ene Besuch im Zoo“ anstimmen, dann dürfen einem schon mal die Tränen kommen. Vor Rührung. Und aus Respekt. Vor der Leistung der Pänz, dem Organisationstalent aller Beteiligten des Projekts „Singpause Köln“ und der Bereitschaft der Philharmonie-Verantwortlichen, ihr renommiertes Konzerthaus bereits zum dritten Mal für das Abschlusskonzert dieses besonderen Musikprojekts zu öffnen.

Am Montag fanden gleich zwei Konzerte mit insgesamt rund 2.500 Kölner Grundschulkindern statt – was den rasanten Erfolg des sozial integrativen Bildungsangebots dokumentiert, das vor fünf Jahren mit vier Grundschulen und 300 Schülerinnen und Schülern an den Start ging, zu Beginn des nächsten Schuljahres werden es 19 Schulen und 4000 junge Sängerinnen und Sänger sein. Damit kommt der Trägerverein „Singpause Köln e.V.“ seiner Vision, das musikalische Bildungsprojekt an alle Kölner Grundschulen zu bringen, mit Siebenmeilenstiefeln näher.

Musikalische Bildung in Gefahr

Und das ist bitternötig: In deutschen Grundschulen fehlen mehr als 20.000 Musiklehrerinnen und Lehrer, was auch bedeutet, dass gerade sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler kaum Chancen haben, mit Musik in Kontakt zu kommen. Denn auch jenseits der Schulmauern ist es schlecht bestellt um die musikalische Bildung von Kindern: In den Familien wird kaum noch miteinander gesungen, die Chöre vergreisen.

Dabei ist längst bekannt, dass Musik einer der wichtigsten Säulen unserer Bildung ist und wissenschaftlich sogar erwiesen, dass das gemeinsame Singen die Gemeinschaft und das Glücksgefühl stärkt, das Selbstbewusstsein und die Motivation.

Internationales Liedgut und kölsche Songs

Einen sehr eindrücklichen und ergreifenden Beweis für diese integrative und persönlichkeitsbildende Wirkung boten die jungen 1.300 Sängerinnen und Sänger des ersten Konzerts, die sichtbar begeistert, beglückt, bewegt und beschwingt zwölf Lieder über kleine und große Tiere zum Besten gaben — auf Deutsch, Türkisch, Französisch, Englisch und selbstverständlich Kölsch. Darunter auch der Song von der dressierten Mücke, dem Kamel, das gerne Cha-Cha-Cha tanzt und einem Bären, der in einer Tüte lebt.

Schülerinnen und Schüler sitzen und stehen beim Singpause-Konzert in den Publikumsreihen der Kölner Philharmonie und singen, klatschen, schunkeln.

Beim „Singpause“-Konzert platzt die Kölner Philharmonie aus allen Nähten.

„Sie singen nicht nur gemeinsam, sie leben die Musik und die Erfahrung, gemeinsam einen Erfolg zu feiern, mit Begeisterung“, brachte der „Singpausen“-Vorsitzende Manfred Kraus das Erfolgsrezept des Projekts auf den Punkt. Es sieht vor, dass vom Verein ausgebildete Singleiterinnen und Singleiter zweimal pro Woche für je 20 Minuten während des Unterrichts in die Schulklassen kommen und mit den Kindern musikalische Grundkenntnisse sowie ein breites internationales Lied-Repertoire erarbeiten.

Die beteiligten Kölner Grundschulkinder singen nicht nur gemeinsam, sie leben die Musik und den gemeinsamen Erfolg mit Begeisterung
Manfred Kraus, Vorsitzender Singpause Köln e.V.

Der Ablauf folgt einem immer gleichen Muster: Die Übungseinheiten in puncto Rhythmik, Stimm- und Gehörbildung bauen aufeinander auf und das musikalische Wissen wird in kleinen Schritten vermittelt. Das gibt den Kindern Sicherheit und garantiert gemeinsame Erfolgserlebnisse. Die Schülerinnen und Schüler lernen, sich in der gleichen Selbstverständlichkeit auszudrücken wie in ihrer Muttersprache.

Musikalische Alphabetisierung, oder: Musik für alle!

Diese sogenannte Ward-Methode geht zurück auf die amerikanische Musikpädagogin Justine Bayard Ward, die in den 1920er-Jahren die Vision hatte, möglichst allen Kindern – und nicht nur einer kleinen Gruppe etablierter Jungen und Mädchen – eine solide musikalische Bildung zu vermitteln, sie musikalisch zu alphabetisieren. Kostenlos, versteht sich, damit auch alle Kinder, egal welcher Herkunft, welchen sozialen oder finanziellen Hintergrunds, teilnehmen können.

In Köln ist das nur möglich dank eines Netzwerks von Sponsoren – auch „wir helfen“ unterstützt das Projekt von der ersten Stunde an. Denn Singleiter müssen bezahlt, Materialien angeschafft und Konzerte finanziert werden. Weitere Unterstützer und Sponsorinnen sind gefragt, wenn es darum geht, die Vision des Vereins Wirklichkeit werden zu lassen: Dass die Singpause allen Kölner Grundschulkindern eine starke, selbstbewusste und solidarische Lebensperspektive eröffnet.